Wenn’s Werkzeug nicht passt, geh’ ich da nicht dran

21. Juli 2020 von Laborjournal

Wann bringt Forschung den größten Ertrag? Wenn man mit seinem Projekt auf einem breiten, gut gesicherten Pfad wandelt? Oder wenn man auf einem riskanten und herausfordernden Trip neue Schneisen in ein dunkles und unwegsames Dickicht schlägt?

Die Antwort ist klar und bis heute immer wieder neu belegt: Die leckersten Früchte pflückt man nicht aus sicherem Bodenstand vom Baum, da muss man schon eine aufwendigere Kletterpartie riskieren.

Warum macht es die große Mehrheit der Forscherinnen und Forscher dennoch anders? Warum bleiben sie auf ausgetretenen Pfaden und pflücken mickrige Früchte in Kopfhöhe?

Vor einigen Jahren rechneten kanadische Biochemiker vor, dass drei Viertel der Paper über menschliche Proteinkinasen nur rund fünfzig der über fünfhundert bekannten Kinasen abdeckten — und dass sich in diesem Zehntel immer noch fast ausschließlich diejenigen „alten Bekannten“ tummelten, die schon seit Jahrzehnten auf zahlreichen Labortischen schwimmen. Doch damit nicht genug: Auch bei den pharmakologisch ebenso spannenden Proteinfamilien der Ionenkanäle und Nukleären Hormonrezeptoren waren die Verhältnisse ähnlich „konservativ“, wie die Kanadier weiter fanden.    

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Warum nicht einfach verdünnen?

29. November 2016 von Laborjournal

Gerade entwickelte sich hier in der Redaktion eine ganz nette Diskussion…

Gestern hatte unsere Mitarbeiterin Juliet Merz auf Laborjournal online über den enorm hohen Salzgehalt im Blut der ach so flinken Galápagos-Meeresechsen aus der Art Amblyrhynchus cristatus berichtet. Darin schrieb sie unter anderem:

Die Autoren schätzen den Natriumgehalt im Blut der Reptilien sogar noch höher ein: Denn das verwendete Messgerät konnte nur eine maximale Konzentration von 180 mmol/L ermitteln — und bei 15 Tieren schlug die Messung an dieser Grenze an.

Daraufhin meinte Kollege Köppelle heute:

Äh… woher wissen die Forscher das denn? Der Wert dieser 15 Tiere könnte jeweils exakt 180 mmol/L betragen haben, oder 180,1 mmol/L, oder auch mal 180 und mal 190 und mal 500 oder auch dreitausend mmol/L … Letzteres natürlich eher nicht — aber wo man nichts messen kann, kann man auch nichts aussagen.

dilutionNa ja, das ist vielleicht etwas zu hart. Denn dass man den Natriumgehalt im Blut daher wohl tatsächlich noch etwas höher ansetzen muss, ist ja schon sehr plausibel. Niedriger jedenfalls ganz gewiss nicht.

Ich hatte in dieser Sache jedoch einen anderen Einwand:

Warum haben die nicht einfach verdünnt und das Ergebnis mit dem Verdünnungsfaktor wieder hochgerechnet? Lernt man doch im ersten Laborpraktikum, dass man Proben so verdünnen muss, dass die Konzentration des gewünschten Parameters in den Messbereich des Gerätes fällt…

Daraufhin Kollege Köppelle:

Stimmt, hätte man auch machen können. Jedenfalls ein Grund, nochmal nachzurecherchieren und den Artikel nachzubessern.

Gesagt, getan. Und tatsächlich steht bereits im Abstract des zitierten Original-Papers:

A notable finding was the unusually high blood sodium level; the mean value of 178 mg/dl is among the highest known for any reptile. This value is likely to be a conservative estimate because some samples exceeded the maximal value the iSTAT can detect.

Und in „Material und Methoden“ wird das Ganze folgendermaßen erklärt:

Bildschirmfoto 2016-11-29 um 13.14.59

Worauf Kollege Köppelle meinte:

Ah, das ist offenbar irgendsoein Cartridges-benutzendes Dingens:

https://www.abbottpointofcare.com/products-services/istat-handheld

Aber man muss zuvor per Hand das Blut in die Cartridge füllen.

Fazit: Die waren also bloß zu faul, nochmal ins Feld zu fahren, nochmal Blutproben zu nehmen und dann ohne ihr ach so praktisches MultiAutoTool im Labor die Werte „althergebracht“ zu analysieren!

Mein Einwand wiederum:

Wahrscheinlich hatten sie auf den Inseln nix dabei, um Blutproben einfrieren zu können. Allerdings kommen vier der acht Autoren von der „University San Francisco de Quito, Galápagos Science Center, Puerto Baquerizo Moreno, Galápagos, Ecuador“. Die dürften es also nicht allzu weit ins Labor gehabt haben…

Wie auch immer. Der Eindruck bleibt, dass man diese Messung durchaus genauer hätte machen können — wenn die Autoren nur gewollt hätten. Kollege Köppelle und ich waren uns jedenfalls einig, dass sie froh sein können, uns beide nicht als Gutachter bekommen zu haben … 😉

 

Steckst Du noch oder forschst Du schon?

27. September 2013 von Kommentar per Email

(Zu den lästigsten Dingen des Labor-Handwerks gehört das Pipettenspitzenstecken für den Autoklaven. Stephan Binder schrieb uns nun unten folgende Mail, um Werbung für eine „Kampagne“ zu machen, die demnächst möglichst Vielen die Pipettenspitzen bereits fertig gesteckt auf die Bench kommen lassen soll.)

Sehr geehrte Laborjournal-Redaktion,

ich wende mich mit folgendem Anliegen an Sie. Während meiner gesamten Ausbildungszeit zum promovierten Biologen habe ich viel Spaß gehabt, aber eines stets nicht gerne gemacht: Selber Spitzen stecken!

Ich möchte daher jetzt eine Kampagne initiieren, die genau dieses Problem aufgreift. Und zwar möchte ich einen Großeinkauf von vorgesteckten Pipettenspitzen für viele Institute organisieren. Jeder Teilnehmer erhält somit hohe Rabatte, so dass sich im Prinzip jede Uni gesteckte Spitzen leisten kann.

Es gäbe auf diese Weise also keinen Grund mehr, Pipettenspitzen selber zu stecken.

Um zunächst in Erfahrung zu bringen, an welchen Spitzen die meisten Institute Interesse haben könnten, habe ich eine kurze Umfrage erstellt (siehe unten).

Ich hoffe Ihnen gefällt meine Idee und frage mich, ob Sie mich unterstützen können.

Viele Grüße und herzlichen Dank für Ihre Bemühungen,

Stephan Binder

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Gemeinsam nicht mehr Spitzen stecken!

Das Ziel der Spitzenkampagne ist, bereits gesteckte Pipettenspitzen für jedes Labor erschwinglich zu machen.

Bitte nehmt an unserer sehr kurzen Umfrage teil (nur vier Fragen!) und helft mit, gemeinsam nicht mehr Spitzen stecken zu müssen.

Als Dankeschön verlosen wir zwei Amazon.de Gutscheine im Wert von jeweils 15 €. Vielen Dank für Eure Unterstützung!

www.spitzenkampagne.de

(Foto: © anyaivanova – Fotolia.com)

Der ganz normale Wahnsinn im Labor (3)

16. September 2013 von Laborjournal

„Und, wie war der Urlaub?“

Ja, es ist gerade die Zeit, in der Doktoranden, Postdocs und Co. allzu oft genau diese Frage entgegen geschleudert wird. Und für die Vielen unter ihnen, die darauf nur mit irrem Blick und einem großen Fragezeichen antworten können, sei der folgende Text ausgegraben, den einst eine Doktorandin unter dem Pseudonym „Sirene“ für Laborjournal schrieb (Heft 9/98):

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Morgen frag ich ihn

Sonne, Strand, Meer. Türkisblaue Lagunen und du schnorchelst bis die Haut schrumpelt. Dann kommt da diese Qualle angeschwommen. Du kennst sie, Aequorea, die mit dem Green Fluorescent Protein im Bauch. Das, was dich die letzten Wochen quasi urlaubsreif machte. Nicht mal hier hat man seine Ruhe vor dem Zeug. Die Qualle grinst dich blöde an und sagt: „Hallo“! Du wachst auf und bist schon am frühen Morgen schlecht gelaunt. Was bleibt, ist die Frage, ob du im wirklichen Leben mal die Chance haben wirst, auf Aequorea zu treffen.

Naja, die nächsten Jahre wohl kaum. Bei diesem Chef, der Urlaub für höchst überflüssige Zeitvergeudung hält. Er selbst könnte sein müdes Hirn auch mal wieder mit frischen Winden beleben, weit weg von muffigen Chefsesseln. Aber das muß jeder für sich selbst entscheiden, nur wir brauchen uns über Urlaub nicht den Kopf zu zerbrechen (wann, wohin, mit wem, woher das Geld nehmen — das kostet schließlich unnütz Kraft und Energie). Er regelt das schon für uns. Grund genug gibt’s immer, im Labor zu bleiben. Diesen Beitrag weiterlesen »

Der ganz normale Wahnsinn im Labor… (2)

5. Juli 2013 von Laborjournal

(von Katharina Klein)

(Ohne Worte…)

Der ganz normale Wahnsinn im Labor… (1)

17. Juni 2013 von Laborjournal

Es ist ein Alptraum. Deine Gelkammer ist verschwunden, samt Gel. Trotz unübersehbarer Signierung: „Pfoten weg, sonst Backe.“ Dabei bist Du heute extra früh raus, um Dir einen der heiß begehrten Elektrophoreseplätze zu sichern — und jetzt ist das Gel weg.

Natürlich ist der Übeltäter schnell gefasst: „Ich muss doch dieses Gel noch fertigkriegen für meine Arbeit“, stammelt Pubsi. „Es sind aber noch zwei Slots frei, wenn Du willst?“ Zwei Slots? Ich brauche sieben…

Na super! Und was nun? Paper lesen? Keine Lust. Puffer machen? Zwecklos. Noch ehe Du zwei Leuten „Guten Tag“ gesagt hast, sind die auch wieder leer — natürlich nur „geborgt“, versteht sich. Außerdem hat irgendein Trottel schon wieder meine Pipetten entführt, und ich will nicht jeden Tag aufs neue Ostern  spielen.

Eigentlich müsste ich ja dringend ein paar Kulturen ansetzen. Doch ist der Schüttler genau bis Übermorgen belegt. Hammerversuch von Schmuus — riesige Kolben mit Zeugs, das aussieht wie Urin (und auch so riecht). Diesen Beitrag weiterlesen »

Best of Science Cartoons (14)

14. Juni 2013 von Laborjournal

(Von xkcd)

Selbstorganisation in Petrischalen

10. April 2013 von Kommentar per Email

(Zu unserem Blog-Eintrag „The Dish of the Day“ mit seinen schönen Petrischalen-Malereien erreichte uns kürzlich folgende Mail unseres Lesers Sören Westerholz:)

Der Blog-Eintrag „The Dish of the Day“ (18. März 2013) hat mich daran erinnert, dass ich so etwas Ähnliches während meines Studiums auch mal gemacht habe. Daraufhin habe ich die alten Sachen gleich mal herausgekramt. Passt perfekt zum Thema „Was man mit Petrischalen alles machen kann…“, oder auch „Wenn einem im Labor gerade langweilig ist…“.

Safranin 06

Zur „Versuchsbeschreibung“:

Musterbildung durch Oberflächenspannung — die Theorie

Bei der Oxidation von Farbstoffen in alkoholischer Lösung entstehen netz- und aderartige Muster mit einer hohen Strömungsdynamik.  Diesen Beitrag weiterlesen »

Zitat des Monats (10)

22. März 2013 von Laborjournal

Geoffrey Boulton, Edinburgh University, im Wall Street Journal.

 

The Dish of the Day

18. März 2013 von Laborjournal

Viele unserer Leserinnen und Leser machen allerhand mit Petrischalen. Sie autoklavieren sie, befüllen sie mit Medien, impfen sie an, streichen darauf aus, bebrüten sie, züchten in ihnen, picken Kolonien runter, ernten sie ab, und und und…

Klari Reis tut etwas ganz anderes mit ihnen — sie bemalt sie! Jeden Tag eine, die sie dann auf ihrer Seite The Daily Dish präsentiert.

Am 5. Februar etwa das Werk „Octopus Kisses“…

…, am 19. Februar „Tad Poles“…  Diesen Beitrag weiterlesen »