Autoren am Rande des Nervenzusammenbruchs (22)

17. Januar 2014 von Laborjournal

Kurz nach Neujahr veröffentlichte Dorothy Bishop, Professorin für Entwicklungsneuropsychologie an der Universität Oxford, in ihrem immer lesenswerten BishopBlog einen ganz besonderen „Neujahrsbrief“ an alle Wissenschaftsverlage („A New Year’s letter to academic publishers“). Sie beginnt mit der Klarstellung:

My relationships with journals are rather like a bad marriage: a mixture of dependency and hatred.

Um bald darauf festzustellen:

In the past, the top journals had no incentive to be accommodating to authors. There were too many of us chasing scarce page space. But there are now some new boys on the open access block, and some of them have recognised that if they want to attract people to publish with them, they should listen to what authors want. And if they want academics to continue to referee papers for no reward, then they had better treat them well too.

Sie fordert also ein, dass die Verlage netter werden sollen zu den Autoren (und übrigens auch zu den Reviewern). Diesen Beitrag weiterlesen »

Wie Kooperationen entzweien können

19. November 2013 von Laborjournal

Gestern hatte ein nicht ganz unbekannter Forscher in der Redaktion angerufen — nennen wir ihn „Schmidt“. Eigentlich hatte Schmidt nur ein relativ kleines Anliegen, aber wie solche Gespräche manchmal laufen — man geriet ein wenig ins Plaudern.

Im Rahmen dieser Plauderei erzählte uns Forscher Schmidt schließlich von einem Manuskript, das er fertig im Rechner habe — aber nicht abschicken könne, weil Kooperationspartner „Schneider“ plötzlich quergetrieben habe. Dieser sei mit der Darstellung, vor allem aber mit Schmidts Interpretation der Daten samt Schlussfolgerung nicht einverstanden. Schneiders Interpretation und Schlussfolgerung konnte sich hingegen wiederum Schmidt nicht anschließen. So standen sich Schmidt und Schneider unversöhnlich gegenüber und es kam zum Streit. Diesen Beitrag weiterlesen »

Autoren am Rande des Nervenzusammenbruchs (21)

21. Oktober 2013 von Laborjournal

Mick Watson, Genomforscher am Roslin Insitute der Universität Edinburgh, schrieb kürzlich in seinem Blog opiniomics über seine Tätigkeit als Editor mehrerer Open Access-Journale (sinngemäß übersetzt):

Als Editor bei Frontiers und BMC (früher auch bei PLoS ONE) habe ich es als wirklich schwierig erlebt, Reviewer für die Manuskripte zu finden. Schätzungsweise werden etwa 50% der Einladungen zum Peer Review einfach ignoriert — also weder angenommen noch abgelehnt, sondern schlichtweg im Sande verlaufen lassen. Ich bin nicht sicher, auf welchem ​​Planeten dies eine akzeptable „Antwort“ auf solch eine Einladung ist — sicher jedoch nicht auf meinem Planeten. Wenn jemand den Peer Review-Job gerade nicht übernehmen kann, warum nicht einfach gleich „Decline to Review“ klicken? Das hilft vor allem insofern, als dass der Editor umgehend jemand anderen einladen kann. Ignorieren ist dagegen schlichtweg unanständig. Übrigens: Ich führe eine Liste darüber — und es wäre besser für jeden, nicht auf dieser Liste aufzutauchen ;-).

Dass Manuskripte öfter ärgerlich lange brauchen, bis sie letztlich veröffentlicht werden, scheint demnach manchmal auch ein Kommunikationsproblem zu sein.

 

„Lieber keine Eier als faule Eier“

16. Oktober 2013 von Laborjournal

Aus der Reihe „Spontane Interviews, die es nie gab — die aber genau so hätten stattfinden können”. Heute: Prof. E. Isern, Striktologisches Institut Universität Hochlattburg.

LJ: Hallo Herr Isern, so tiefe Falten zwischen den Augenbrauen. Warum?

Isern: Ach, ich habe mich mal wieder über einen Kollegen geärgert, dessen Manuskript ich begutachten musste.

LJ: War es so schlecht?

Isern: Die weit verbreitete und scheinbar unausrottbare Schlamperei, dass die Zahl der Proben einfach zu klein war. Die Leute kapieren einfach nicht, dass man auf diese Art keine belastbare Statistik bekommen kann. Und dass die Ergebnisse auf diese Art nur Anekdoten bleiben, die keinerlei allgemein gültige Schlussfolgerungen erlauben.  Diesen Beitrag weiterlesen »

AutorenReviewer am Rande des Nervenzusammenbruchs (20)

6. September 2013 von Laborjournal

Auf „My Chrobial Romance“ fasst der US-Pflanzenforscher und Assistant Professor David Baltrus unter anderem folgende Erfahrung mit dem Peer Review eines eingereichten Manuskripts zusammen:

Baltrus erhielt das Manuskript von einer Zeitschrift, deren weitaus wichtigstes Kriterium zur Annahme die technische Korrektheit und Schlüssigkeit der Studie ist. Womit die besagte Zeitschrift bei weitem nicht alleine steht.

Damit hatte Baltrus überhaupt kein Problem — technisch war das Manuskript völlig okay. Einleitung und Diskussion dagegen stießen ihm ziemlich unangenehm auf. Er fand, dass die Autoren ihre Resultate ziemlich „überverkauften“ und dabei die einzelnen Aspekte der Studie auch noch verzerrt gewichteten. Aus diesem Grund empfahl er schließlich, das Manuskript vorerst abzulehnen. Zugleich schlug er aber den Autoren sehr detailliert vor, auf welche Weise sie ihre Ergebnisse angemessener gewichten und schlüssiger interpretieren könnten — um damit am Ende auch mehr wirklich relevante Leser zu erreichen.

Den Editoren jedoch war’s egal. Immerhin betonte Baltrus in seinem Gutachten ja mehrfach, dass das Manuskript „technically OK“ sei. Und da dies ja erklärtermaßen das Königskriterium des Journals war, wurde das Paper am Ende ohne jegliche Änderungen akzeptiert.

Ein Beispiel, das ganz klar die Nachteile dieser weit verbreiteten „Publish if experiments are technically OK“-Maxime aufzeigt. Und das zugleich illustriert, wie wertvoll offener Post-Publication Review — zumindest als Zusatz-Option — sein kann. Denn da könnte Baltrus jetzt allen seine — wohl berechtigten — Einwände gegen das Paper mitteilen.

Zeigt her Eure negativen Resultate!

12. Juni 2013 von Laborjournal

Sicher eine gute Aktion: Die Open Access-Zeitschrift F1000Research ruft dazu auf, Manuskripte, die negative oder Null-Resultate beschreiben, explizit dort einzureichen. Haben die Editoren sich versichert, dass die jeweiligen „Kein Effekt“-Resultate klaren Fragestellungen und solider experimenteller Arbeit entspringen, veröffentlichen sie die entsprechenden Paper gebührenfrei. Jedenfalls, sofern das Manuskript vor dem 31. August bei F1000Research eingetroffen ist — solange geht vorerst die Aktion.

Warum das eine gute Idee ist, beschreibt F1000Research in seinem Blog selbst sehr gut:

It can be very difficult to get papers presenting negative or null results published.  Many important results from scientific experiments are never published in the traditional peer reviewed literature, but negative and null results present a particular challenge. Despite the fact that many of these experiments are carefully designed and well executed, negative-result papers are regularly turned down by journals simply because they don’t show an exciting new finding.

This is not only a disappointment for the researchers who conducted the work, it’s also damaging to the overall scientific record. Diesen Beitrag weiterlesen »

Autoren am Rande des Nervenzusammenbruchs (19)

12. April 2013 von Laborjournal

Im Kommentar Nr. 8 zu diesem Posting im Blog DrugMonkey tauchte kürzlich sinngemäß folgende interessante Geschichte auf:

Der Autor hatte ein seiner Meinung nach sehr gutes Paper zu einem Top-Journal geschickt. Entsprechend erhielt er auch zwei positive Reviews — ein dritter Reviewer jedoch machte das Paper offenbar ziemlich barsch nieder. Die Veröffentlichung wurde daher abgelehnt. Daraufhin schickte der Autor das Manuskript nacheinander zu zwei weiteren Edelblättern. Beide Male mit wieder demselben Ergebnis: zwei wohlgesinnte Reviews plus eine brüske Ablehnung — und keine Publikation.

Ohne offen über die Hintergründe dieser drei auffällig analogen Ablehnungen zu spekulieren, schreibt der Autor nur lapidar:

Since we were submitting to top tier journals a single bad review is enough to kill your paper.

Das Paper erschien schließlich mit ordentlich Verspätung in einem mittleren „Special Interest“-Journal. Worauf dem Autor — fast schon logisch — folgendes passierte:

To this day people at conferences and scientific meetings still ask us: „How come did you submit it to such a low ranking journal? Your result is better than that“.

Das muss ihm jedes Mal vorkommen wie das sprichwörtliche Messer, das in der Wunde umgedreht wird.

„Journey-to-Publication“ Clubs

30. Januar 2013 von Laborjournal

Aus der Reihe „Spontane Interviews, die es nie gab — die aber genau so hätten stattfinden können”. Heute: Prof. B. E. Wahre, Forschungszentrum Bleibfurt.

LJ: Hallo, Herr Wahre! Sie kommen aus dem Seminarraum — Journal Club gehabt?

Wahre: Genau!

LJ: Worum ging’s?

Wahre: Na ja, genau genommen hatten wir heute einen „Journey-to-Publication“ Club. Das machen wir so etwa sechs- bis achtmal im Jahr.

LJ: „Journey-to-Publication Club“, was ist das denn?

Wahre: Wenn jemand ein Manuskript endgültig akzeptiert bekommen hat, stellt der Autor alle Versionen vom ersten Einreichen bis zum finalen Paper vor. Und zusammen gehen wir dabei durch, welche Änderungen letztlich konkret zum akzeptierten Artikel geführt haben.

LJ: Okay, aber…. Entschuldigen Sie meine Offenheit — bringt das was?

Wahre: Oh ja, wir lernen jedes Mal wirklich viel dabei. Diesen Beitrag weiterlesen »

Schaut doch bitte, bitte mal nach Mikroproteinen!

22. Dezember 2012 von Laborjournal

Okay, Okay — es ist nur Luft. Sieht aber spitze aus, oder?

… und doch noch ein Post vor Weihnachten. Einfach zu schön, wie Stephan Feller von der Universität Oxford im Editorial der jüngsten Ausgabe von Cell Communication and Signaling (vol. 10:42) das zunehmende „Overhyping“ gewisser Forschungsergebnisse auf die Schippe nimmt. Schon das Abstract lässt keinen Raum für Fehldeutungen:

With iPS cells, sncRNAs, chromatin modification regulation and cancer stem cells already cooling off again, i.e. not being guaranteed publications in the ‚ultimate‘ journals anymore, what will be very soon the new red-hot (or super-cool, i.e. anything but lukewarm) ‚kid on the block‘? We would vote for microproteins. In case you do not know what they are, no need to worry: nobody does.

Mikroproteine also. Oder weil bekanntlich knackige Abkürzungen die Musik machen: miPs. Wobei das enorme Potential dieser miPs natürlich klar ist:  Diesen Beitrag weiterlesen »

Gutachterprobleme

12. Oktober 2012 von Laborjournal

Aus der Reihe „Spontane Interviews, die es nie gab — die aber genau so hätten stattfinden können”. Heute: Prof. H.E. Imzahl, Antiologisches Institut Universität Schlechterdingen.

LJ: Hallo, Herr Imzahl, so nachdenklich?

Imzahl: Sieht man mir das an?

LJ: Oh ja. Worum geht’s?

Imzahl: Um ein Paper, das ich gestern begutachtet habe.

LJ: Und?

Imzahl: Na ja, ich fand es nicht schlecht. Nicht genial, nicht umwerfend originell — aber durchaus okay.

LJ: Und das ist ein Problem?

Imzahl: Nein, komisch wurde die Sache erst, als ich herausbekam, wer der andere Gutachter ist und wer aus dem Editorial Board der Zeitschrift für die Begutachtung und die letztliche Entscheidung verantwortlich ist.

LJ: Was wurde dann „komisch“?

Imzahl: Na ja, beide sind Idioten — sowohl fachlich, als auch menschlich. Diesen Beitrag weiterlesen »