Der arme Brian

12. Oktober 2022 von Laborjournal

 

(Vor kurzem veröffentlichten wir an dieser Stelle unter dem Titel „Helicopter pylori“ einen Post über mehr oder weniger lustige „Verschreiber“ in Originalartikeln. Dazu erreichte uns folgende Zuschrift von Stefan Reuss, emeritierter Professor an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Universität Mainz: …)

Liebe Redaktion,

ich habe mich sehr über Ihre Zusammenstellung der lustigen Druckfehler („Helicopter pylori“) amüsiert. Dabei sind mir noch drei Dinge eingefallen, für die ich aber die entsprechenden Sonderdrucke nicht auf Anhieb gefunden habe (weggeworfen habe ich sowas aber nicht).

Vor vielen Jahren, als Print-Sonderdrucke noch die Regel waren und niemand wusste, was PDFs sind, bekam ich einen solchen mit der fettgedruckten Überschrift „…. in the Mouse Brian“. Wir haben jahrelang den Running Gag „Brian, the Mouse“ benutzt. Gefunden habe ich das in PubMed nicht, eventuell ist der Titel später noch korrigiert worden. Bei der PubMed-Suche sind mir aber zwei ähnliche Dinge untergekommen:

# Harper MM et al., Blast Preconditioning Protects Retinal Ganglion Cells and Reveals Targets for Prevention of Neurodegeneration Following Blast-Mediated Traumatic Brian Injury (Invest. Ophthalmol. Vis. Sci. 60(13):4159-70)

# Agassandian C. et al., „Ciliary Defects in a Mouse Model of Bardet-Biedl Syndrome are Selectively Pronounced in Brian Regions Involved in Cardiovascular Regulation (Ross. Fiziol. Zh. Im. I. M. Sechenova. 102(8):904-20)

Der arme Brian …

Und noch was Schönes, das damals aber nicht über das Stadium der Druckfahne hinauskam: Ein Artikel meines leider früh verstorbenen Frankfurter Kollegen Peter Semm kam als Druckfahne mit Autor(en) und Adresse folgendermaßen an: „Peter Semm und Johann Wolfgang v. Goethe, Universität Frankfurt“. Was ein verrutschtes Komma bei einem unaufmerksamen Korrektor ausmachen kann! Ich war total stolz, mit jemandem publiziert zu haben, der mit Goethe zusammen publiziert, und habe – allerdings vergeblich – versucht, Peter Semm dazu zu überreden, den Fehler einfach nicht zu bemerken und die Druckfreigabe zu erteilen.

Wir haben uns daraufhin selbst nochmal bei PubMed schlau gemacht – und tatsächlich noch mehr „Hirnfehler“ gefunden. Hier also die Liste der weiteren Skurrilitäten, die die Autoren dem „armen Brian“ angetan haben:

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Die Theorie der fakultären Hintern-Kopf-Balance

7. November 2012 von Laborjournal

Deftige PubMed-Parodie vom Blog Neurotic Physiology:

(DRAUFKLICKEN VERGRÖßERT!)

Ein ernster Hintergrund scheint durchaus wahrscheinlich. Doch wie übersetzt man am besten „Fuckwittery“?

Schlecht gepflegt und dann noch frech

21. Juli 2011 von Laborjournal

Jede Datenbank ist nur so gut, wie man sie pflegt. Ein Satz, den Thomson Reuters Publikations- und Zitationsdatenbank Web of Science offenbar ernster nehmen sollte. Jedenfalls  bemängelt dieser Kommentar bei Retraction Watch, dass Web of Science zurückgezogene Artikel nicht als solche kennzeichnet — und damit den Eindruck erweckt, sie würden noch ‚gelten‘. Der Autor habe dies zumindest bei einigen der zurückgezogenen Artikel von Sylvia Bulfone-Paus feststellen müssen.

Wir machten ebenfalls die Probe auf’s Exempel — und prüften den Artikel „Regression of human metastatic renal cell carcinoma after vaccination with tumor cell-dendritic cell hybrids“ von Alexander Kugler, Gernot Stuhler, einer Reihe weiterer Autoren, sowie Gerhard A. Müller und Rolf-Hermann Ringert am Ende der Autorenliste. Dieser Artikel erschien im Juni 2000 in Nature Medicine 6: 332-36; die Retraktion wegen nachgewiesener Datenfälschung erfolgte im September 2003 (Nature Medicine 9: 1221). Und tatsächlich: Ruft man diesen Artikel in Web of Science auf, erscheint dieser ohne jeglichen Hinweis darauf, dass er durch die Retraktion eigentlich schon längst als aus dem ‚Scientific Record‘ gelöscht gilt. Für Web of Science existiert dieser Artikel also noch — für die ‚Scientific Community‘ dagegen nicht, sofern sie über andere Kanäle überhaupt von der Retraktion erfährt. Diesen Beitrag weiterlesen »

50 Millionen Artikel

20. Juli 2010 von Laborjournal

Duncan Hall vom EMBL-European Bioinformatics Institute (EBI) in Cambridge hat sich in seinem Blog O’Really? Gedanken gemacht, wieviele Artikel in den letzten 350 Jahren in wissenschaftlichen Journalen erschienen sind.

PubMed listet inzwischen beispielsweise 19 Millionen Artikel. Allein in 2009 kamen 679,858 Artikel hinzu — was im Schnitt 1,29 Paper pro Minute machte.

Am Ende teilt Hall das Ergebnis eines kürzlich erschienenen Artikels in Learned Publishing, in dem Autor Arif E. Jinha aus Ottawa auf die Summe von 50 Millionen Artikel seit Gründung der Philosophical Transactions of the Royal Society im Jahr 1665 kommt (Artikel im Volltext vom Autor).

Und dann kommen Hall samt Kommentatoren mit ein paar Vergleichen. 50 Millionen Paper sind:

  • ein Paper pro Basenpaar auf dem Y-Chromosom;
  • ein Paper pro Jahr, seitdem die sogenannten modernen Säugetiere auf Erden wandeln;
  • ein Paper pro Twitter-Tweet an einem Durchnitts-Tag im Jahr 2010;
  • ein Paper pro zehn Facebook-User.

Ehrlich gesagt, sind es damit eigentlich die Twitter- und Facebook-Zahlen, die mehr verblüffen.

PubMed bizarre

17. September 2009 von Laborjournal

fart

Manchmal kommt ernst gemeinte Forschung ziemlich komisch daher. Zum Beispiel wenn es um die schädlichen Folgen des Kaugummi-Verschluckens für den Magen-Darmtrakt geht. Oder eine Fallstudie, in der die Autoren mit Mikroskopie und Färbetechnologie frische von kurz getragener Unterwäsche unterscheiden — um potenzielle Kaufhausdiebe zu überführen. Oder wenn US-Forscher über die Wirksamkeit von Aktivkohle-haltigen Unterhosen oder Einlagen berichten, mit denen Probleme minimiert werden sollen, die durch unangenehme Rektaldüfte entstehen.

Dies alles und noch viel mehr fördern seit einiger Zeit zwei Berkeley Studenten aus den Tiefen des PubMed zu Tage — und präsentieren täglich ein Fundstück in ihrem Blog NCBI ROFL. Untertitel: „Real Articles. Funny Subjects“.