As Time Goes By …

6. Dezember 2023 von Laborjournal

Dass externe Reize in die Regulationsschleifen von Zellprozessen mit eingerechnet und oft genug sogar für deren konkrete Ausgestaltung genutzt werden, ist klar. Die prominentesten Beispiele für solche externen Faktoren sind sicherlich Licht und Temperatur; zuletzt traten in mehr und mehr Fällen auch mechanische Gegebenheiten in den Fokus.

Ein wenig stiefmütterlich scheint die Forschungsgemeinde bislang hingegen den Faktor Zeit ins Kal­kül genommen zu haben. Oder genauer gesagt: Wie vor­ge­­gebene Zeitspannen für das Einrichten konkreter Regu­la­tions­­mechanismen genutzt wer­den.

Ein nettes Beispiel, über das wir bereits an anderer Stelle berichtet hatten, dreht sich um die Transkription. Im Reagenzglas hatte man für das Aneinanderreihen der einzelnen Nukleotide zu fertigen mRNA-Strängen eine Geschwindigkeit von 30 bis 60 Nukleotid-Verknüpfungen pro Sekunde ermittelt. Doch damit stand man unverhofft vor einem Rätsel. Dieses wurzelte darin, dass die Exon-Blöcke der meisten eukaryotischen Gene bekanntlich durch nicht-codierende Intron-Abschnitte unterbrochen werden – wodurch sie teilweise weit voneinander getrennt liegen. Die Zelle jedoch muss zunächst ein Primärtranskript des gesamten Gens inklusive aller Introns erstellen, aus dem erst nachfolgend die Exons zur funktionellen mRNA zusammengespleißt werden. Und da die Primärtranskripte aufgrund ihrer Exon-Intron-Strecke – wie gesagt – bisweilen sehr lang sein können, braucht die Zelle für deren Produktion ordentlich Zeit.

Okay, und wo ist das Problem?   Diesen Beitrag weiterlesen »

Zur Psycho-Neuro-Physiobiochemie des Hungers

14. Dezember 2022 von Laborjournal

Fass mich nicht an!“, fauchte ich meine Frau und die Mutter meiner Kinder an. Sie hatte ihre Hand beruhigend auf meine Schulter legen wollen. Doch dafür war es zu spät. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen, meine Nasenlöcher flatterten. Wut flutete meinen ansonsten doch so ausgeglichenen Charakter.

Ein Gremlin hat immer Hunger!

Warum war meine Selbstkontrolle dahin? Verengten damals noch rote Schleier meinen Blick, kenne ich mittlerweile die Antwort: Ich hatte Hunger. Und Hunger macht mich aggressiv.

Tatsächlich ist Hungerwut („Hangriness“) keine Einbildung. Schon 2014 baten Forschende um Brad Bushman von der Ohio State University 107 verheiratete Paare drei Wochen lang um zweierlei (PNAS, doi.org/f5zqxg): Erstens, vor dem Zubettgehen ihre Blutzuckerspiegel zu messen – und zweitens, unbeobachtet von Ehefrau oder Ehemann bis zu 51 Nadeln in eine ihren Partner symbolisierende Voodoo-Puppe zu rammen. Das Studienergebnis war eindeutig: Je geringer der Blutzuckerspiegel, desto mehr Nadeln im Voodoo-Leib. Einen Einfluss demographischer Faktoren, wie etwa die Ehedauer, überprüften sie übrigens nicht.

Das tat 2022 die Arbeitsgruppe um den Psychologen Stefan Stieger an der österreichischen Karl-Landsteiner-Universität. Diesen Beitrag weiterlesen »