Nasskleber

29. April 2014 von Laborjournal

Manchmal kommt es anders, als man denkt. Dieser so banal klingende Alltags-Spruch bekommt in der Forschung öfter ein ganz eigenes Gewicht. So auch bei einer Studie aus dem letzten Jahr, ob Geckos auch an Teflon kleben können (PNAS 110(16):6340-5).

Dass selbst die Weltmeister des Deckenlaufens an Antihaft-Beschichtungen aus Polytetrafluorethylen immer wieder abrutschen, war bereits getestet und bekannt. Geckos halten sich an glatten Flächen nicht durch Haftreibung, sondern durch Van-der-Waals-Kräfte, die zwischen den Härchen an den Unterseiten ihrer Zehen und der Oberfläche wirken. Diese Kräfte sind bei Teflon jedoch so gering, dass der Gecko herunterfällt.

Und wenn das schon an der Luft der Fall ist, dann sollte es den Kletterakrobaten mit Wasser-beschichtetem oder gar gänzlich untergetauchtem Teflon noch schlechter ergehen. Dies schien allen so selbstverständlich, dass es auch niemand explizit testete. Bis es der Biologie-Student Nicholas Wucinich von der University of Akron/Ohio zusammen mit der Doktorandin Alyssa Stark doch einfach tat. Und siehe da — war die Teflonschicht mit einem Wasserfilm überzogen, hafteten die Geckofüße plötzlich viel besser als ohne.

Eine Erklärung dafür präsentierten die Beiden bisher noch nicht. Zumindest eine Moral aus der Geschichte hat Alyssa Stark aber schon gezogen: „Hört ruhig auf Eure Studenten!“

Die zwei Welten der Genetik und der Biochemie

25. April 2014 von Laborjournal

Es soll ja vorkommen, dass hin und wieder ein eingefleischter Biochemiker im Vortrag eines dezidierten Genetikers sitzt. Oft genug sitzt er dann da, hört zu, denkt mit — und wartet vergeblich auf den Clou.

So trug etwa kürzlich ein Genetiker vor, wie er in Fliegen mit auffälligen Verhaltensstörungen eine Chromosomenregion kartiert hatte, in dem offenbar ein Gen liegt, dessen Ausfall den Defekt direkt mitverantwortet. Fünfzehn Vortragsminuten später hatte er das Gen identifiziert, fünf Minuten darauf hatte er es sequenziert — und in den restlichen zehn Minuten beschrieb er, wie er durch gezielte Mutationen in eben jenem Gen verschieden starke Ausprägungen der Verhaltensstörung induzieren konnte — und wie er die „schlimmsten“ Verhaltensmutanten durch Einbringen des „gesunden“ Gens retten konnte. Klar, dass am Ende des Vortrags der Genetiker sein Publikum glücklich und zufrieden ob dieser runden Story anstrahlte.

Dann meldete sich der Biochemiker und fragte: „Okay, Sie wissen jetzt, dass das Gen für das gesunde Verhalten notwendig ist. Aber wie steuert nun das Genprodukt das Verhalten? Was tut es in der Zelle? Wo und wie entfaltet es welche Funktion? Welcher Mechanismus steckt dahinter?“ Der Genetiker hob die Schultern, raunte leise, dass er dazu keine Hinweise habe — und grinste nunmehr leicht blöde weiter ins Publikum.

Da waren sie also wieder mal aufeinander geprallt — die beiden Welten der Genetik und der Biochemie. Und der konzeptionelle Kernunterschied zwischen beiden wurde erneut mehr als deutlich: Der grundlegende Ansatz des Genetikers ist zu studieren, wie ein System variiert oder ausfällt, wenn einzelne Komponenten gestört oder defekt sind — um dann daraus zu schließen, welche Komponenten bei welchen Prozessen mitspielen. Im Gegensatz dazu versucht der Biochemiker zu entschlüsseln, wie die Komponenten eines Systems zusammengehören und wie die daraus resultierenden Interaktionen die Funktion des Systems bewerkstelligen.

Beides komplementäre experimentelle Ansätze, um komplexe Systeme zu entschlüsseln. Und natürlich umso effektiver, je besser man sich versteht.

(Foto: pholidito / Fotolia)

 

 

Kooperationen klappen — oder nicht!

23. April 2014 von Laborjournal

Folgende Anekdote gestern am Telefon gehört [Namen geändert!]:

Forscher Müller hat eine Kooperation mit Meier. Eines Tages erhält Müller überraschend ein Manuskript von Meier. Er finde, dass die gemeinsamen Daten inzwischen für eine „nette, kleine Publikation“ reichen, schreibt Meier dazu. Müller findet das nicht. Er schreibt zurück, dass er lieber noch die ein oder andere Testreihe durchziehen wolle, um der „Story“ mehr Substanz zu verleihen. Meier entgegnet, dass dies seiner Meinung nach unnötig sei — die Geschichte wäre auch so schon klar. Und überhaupt habe dessen Gruppe ja nur etwa zwanzig Prozent zum aktuellen Manuskript beigetragen. Wenn er die jetzt wieder rausnehme und ein paar kleine Experimente selber mache, könne er das Paper auch gut ohne ihn veröffentlichen. „Tu, was Du nicht lassen kannst“, schreibt Müller sinngemäß zurück — und schmeißt das Manuskript in den Müll.

Einige Wochen später erhält Müller Post vom Journal of Any Results. Darin ein Manuskript samt einem Brief mit der Bitte, es für eine mögliche Publikation zu begutachten. Korrespondierender Autor des Manuskripts:… Meier.

Wie er jetzt mit dem Manuskript verfahren werde, wisse er noch nicht, erzählte uns Müller. Wahrscheinlich werde er es aber zurückschicken — mit dem Hinweis, dass er es wegen Befangenheit nicht begutachten kann.

Und die Moral von der Geschicht‘: Kooperationen klappen — oder nicht!

(Illustration: graphicgeoff / Fotolia.com)

 

Rap Your Thesis

15. April 2014 von Laborjournal

Und wieder mal ein Labor-Musikvideo: Der australische Doktorand Nathanial Harris erklärt sein Krebsforschungsprojekt via HipHop:

(Von hier)

Könnte er auch bei seinem Rigorosum aufführen…

Vogelperspektiven

11. April 2014 von Laborjournal

Biologen, bitte kurz mal den Blick weg von Eppi, PCR und Annotations-Software auf diesen Vogel richten:

Ein Riesenibis (Thaumatibis gigantea) — nach EDGE (steht für: Evolutionarily Distinct and Globally Endangered) die Nummer 1 unter den akut vom Aussterben bedrohten Vogelarten. Bilder von den folgenden Nummern 2 bis 100 gibt’s hier. Wenn Bench oder Rechner Euch Zeit lassen, ruhig mal reinschauen.

Best of Science Cartoons (25)

8. April 2014 von Laborjournal

(Autor: Tom Cheney, Cartoon von hier.)

Analytica Tagebuch 2014 (Teil 1 bis 3)

2. April 2014 von Laborjournal

Diese Woche läuft noch bis freitag zum 24. Mal die Analytica in München — laut Eigenbeschreibung die „Internationale Leitmesse für Labortechnik, Analytik und Biotechnologie“. Und wir von Laborjournal/Lab Times sind natürlich mittendrin, statt nur dabei (siehe links). Unser Redakteur Winni Köppelle schildert hier im „Analytica-Tagebuch“ seine Erlebnisse:

Analytica-Tagebuch (Teil 1)

Schräg gegenüber unserem Stand: „Hefemanagement“ eines Geräteherstellers aus Königswinter. Gleich hinter uns teure Luxusuhren (für den Laborleiter? Als Geschenk fürs 25-jährige Jubiläum der Chef-TA?). Ebenfalls gegenüber: Vakuum-Spezialisten und Reinstwasser-Techniker.

Das Laborjournal-Team weilt mal wieder auf der Analytica-Fachmesse in München und staunt, was alles unter dem Siegel „Labortechnik, Analytik und Biotechnologie“ läuft. An unserem Stand (Halle B1, Stand 214), gleich hinter dem Haupteingang,

präsentieren natürlich auch wir unsere neuesten „Produkte“ — die jüngste Laborjournal-Ausgabe 3/2014, die ebenso aktuelle Lab-Times-Ausgabe 2/2014, die entsprechenden E-Paper-Ausgaben (beziehungsweise die Möglichkeit, diese kostenfrei zu abonnieren) sowie (gratis) Schweizer-Schokolade-Give-Aways.

Unterbrochen werden die Gespräche, die Redakteure und Herausgeber mit den Lesern führen, gelegentlich von einem nervtötenden „PIEEEP-PIEEEP“ — jetzt gerade zum 143. Mal. Es ist der Minus-86-Grad-Gefrierschrank der Firma schräg gegenüber, deren Apparillo die ungewohnt hohe Hallentemperatur nicht toleriert. Mittlerweile jedoch sind die anwesenden Laborjournal-/Lab Times-Redakteure wahre Profis im Pieps-Ausschalten und meistens schneller am Aus-Knopf als die verantwortlichen Standbetreiber.

Was gibt es sonst noch Erinnerungswertes zu berichten? Diesen Beitrag weiterlesen »

Der heilige Phoresius, Schutzpatron der Elektrophorese

1. April 2014 von Laborjournal

 

Dass der heilige Albertus Magnus der Schutzheilige der Naturwissenschaftler ist, ist sicherlich einigen bewusst. Weniger bekannt dürfte sein, dass ausgerechnet der heilige Petrus als Schutzheiliger für „Bessessenheit“ fungiert. Genauso wie Johannes der Täufer für „Alkoholismus“, oder Quirinus von Rom für „Eitergeschwüre“.

Dass die Liste der Schutzheiligen durchaus die eine oder andere Skurillität birgt, dürfte damit klar sein. Dennoch wetten wir, dass so gut wie niemand einen der Allerskurillsten unter ihnen kennt — den Heiligen Phoresius, den Schutzpatron der Elektrophorese.

Phoresius war der Sohn eines armen Schwarzwälder Flößers. Bei seiner Geburt sollen Engelein seiner Mutter ein Lied gesungen haben, das mit dem Reim begann „Wander, wander Teilchen du im Feld dem richt’gen Pole zu“. Andere sagen, dies sei Legende — tatsächlich hätten die Englein vielmehr gesungen: „Schwimme, schwimme du Partikel, die Spannung hat dich schon am Wickel“.  Diesen Beitrag weiterlesen »