Gestatten, Dr. Hartzvier!

27. Januar 2016 von Laborjournal

Zitat aus einer E-Mail an unsere Redaktion:

Meine Drittmittelstelle lief im letzten Jahr aus, noch dazu ging mein Professor in Rente. Die Gruppe hat sich fast aufgelöst, ich bin noch übrig. Nun habe ich […] einen DFG-Antrag geschrieben, bin aber ziemlich skeptisch, was die Begutachtung angeht.

Seither bin ich arbeitslos, suche natürlich auch anderswo einen Job, doch wenn der DFG-Antrag nicht durchkommt, kann ich mich wohl mit Hartz 4 beschäftigen…

Da ich auch etwas älter bin (>40) sind Stellen besonders in der Industrie utopisch. Tatsächlich habe ich in einem Jahr Suche nur ein Bewerbungsgespräch bei einer Firma gehabt.

Vor ein paar Jahren war ich ebenfalls kurz arbeitslos und habe mich auf etliche Jobs beworben. Damals hatte ich in fünf Monaten 6 Gespräche — und da hatte ich weniger Erfahrung und weniger Kenntnisse als heute.

Und dann geht’s weiter:

Die unfassbare Altersdiskriminierung der Firmen ist einfach traurig. Ich gebe mein Geburtsdatum in meinem Lebenslauf schon gar nicht mehr an. Doch die Situation ist nicht nur für Ältere dramatisch. […] Die befristeten Stellen in der Forschung sind völlig demotivierend und dienen nur dazu, sich aus einer vorübergehend sicheren Position woanders zu bewerben.

Ich weiß jedoch, dass auf manche Stellen 150-200 Bewerber kommen. Einige Ex-Kollegen beziehen schon Hartz 4 oder machen diverse Umschulungen — ich wohl auch bald. Von den promovierten Taxifahrern, Beiköchen, Postboten und Supermarkteinräumern will ich gar nicht erst anfangen. Volkswirtschaftlich ist das eine Katastrophe: ein teures Studium mit Promotion, vom Steuerzahler gefördert — nur um dann dort zu landen…

Werden promovierte Biowissenschaftler bezüglich ihrer Karriereperspektiven tatsächlich derart „verbraten“? Und zwar in Massen? Wir sammeln gerne weitere Erfahrungsberichte und Meinungen. Entweder direkt unten als Kommentar zu diesem Blog-Beitrag, oder auch per E-Mail an redaktion@laborjournal.de.

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Kleine Lügen und echte Schweinereien

23. Januar 2016 von Laborjournal

(Cartoon via www.vadlo.com)

Vor knapp zwei Wochen schrieb Hans Zauner auf Laborjournal online über die Zwickmühlen, in denen viele stecken, wenn sie für ihre akademische Stellenbewerbungen „Letters of Recommendation“ brauchen. Wobei er gleich zu Beginn an deren Bedeutung keinen Zweifel aufkommen ließ:

Ohne Referenzen geht bei der Jagd nach Forscherjobs nichts. Die vertraulichen Briefe können über Karrieren entscheiden.

Wir wollen hier jetzt aber nicht den ganzen Artikel nacherzählen, sondern vielmehr einen ganz besonderen Aspekt dieses Themas nochmals aufgreifen — nämlich die weit verbreitete Praxis, den Bewerber das Empfehlungsschreiben selbst schreiben zu lassen. Zauner schreibt dazu:

Manche Seniorforscher schlagen den Ball ins Feld des Bewerbers zurück: „Gerne mach‘ ich das. Aber schreib‘ den Letter doch bitte gleich selbst, du weißt doch, ich hab keine Zeit für sowas, ich unterschreibe ihn dann.“

Und er fragt gleich hinterher:

Aber ist es fair, wenn sich manche Bewerber ihre Empfehlungen selber schreiben dürfen, während andere voll und ganz den anonymen Beurteilungen ausgesetzt sind?

Eine Meinung präsentiert er auch — nämlich diejenige des Biostatistikers Roger Day von der Universität Pittsburgh, der diese Praxis in Science gerade als klar unsauber verurteilt hat (Vol. 351: 198). Zauner referiert ihn zusammengefasst folgendermaßen:

Den Nachwuchsforschern werde damit beigebracht, dass „kleine Unehrlichkeiten“ in der Wissenschaft nicht nur toleriert, sondern sogar erwartet werden. Und auch dies lernt der Bewerber: „Groß wird man in diesem System offenbar dadurch, dass man Arbeit an weniger Mächtige abwälzt“, schreibt Day. Von da sei es nur noch ein kleiner Schritt zu eindeutig unethischen „Ehrenautorenschaften“ für einflussreiche VIPs, die zu einem Paper nichts beigetragen haben, aber der Studie zu mehr Glanz verhelfen.

Sicher, ist diese Praxis nicht wirklich schön. Aber ob Day mit seinen verallgemeinernden Extrapolationen nicht ein wenig über das Ziel hinausschießt? Klar, ist es eine „kleine Unehrlichkeit“, wenn der Prof den Schützling sein eigenes Empfehlungsschreiben verfassen lässt. Aber ob das tatsächlich gleich eine Keimzelle für generell unethisches Verhalten im akademischen Forschungsbetrieb darstellt? Da muss dann wohl doch noch einiges mehr dazukommen.

Oder?

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Kastrierte Methoden

14. Januar 2016 von Laborjournal

In unserer aktuellen Printausgabe schrieben wir unter „Inkubiert“, welch ärgerlich geringschätzige Politik manche Journals hinsichtlich der Referenzen betreiben. Daneben gibt es aber noch eine — vielleicht sogar noch wichtigere — Rubrik, bei der viele Journals den Anschein erwecken, als würden sie diese am liebsten gar nicht drucken: Material und Methoden.

Sehr schön illustriert diesen Eindruck die folgende Twitter-Diskussion aus dem Jahr 2014:
 


 
Die Symptome dieser Geringschätzung des „Material und Methoden“-Teils sind folglich,

  • ihn auf ein völlig unverständliches Maß zusammenzukürzen;
  • ihn ganz ans Ende des Artikel zu hängen;
  • dazu noch die Schrift auf eine schwer zu lesende Größe zu verkleinern;
  • oder ihn gar nicht zu drucken, sondern nur noch als Online-Supplement anzubieten.

 
Wie „Neuroskeptic“ schreibt: All dies sendet ein fatales Signal — nämlich, dass „Material und Methoden“ ein zu vernachlässigendes Anhängsel eines Forschungsartikels seien. Und dass das „Interessante“ — Entdeckungen und Erkenntnisse — ja sowieso woanders stehe.

Dabei wird doch (hoffentlich) jedem Jungforscher eingetrichtert, dass Forschungsergebnisse erst zählen, wenn sie jederzeit und überall unabhängig reproduziert werden können. Was natürlich nur geht, wenn man die beschriebenen Experimente absolut exakt „nachkochen“ kann. Und was braucht man dazu? Eben — eine bis ins letzte Detail exakte Beschreibung der verwendeten Materialien und eingesetzten Methoden.

Was machen daher also die Journals, wenn sie den vermeintlich ach so langweiligen „Material und Methoden“-Teil der Forschungsartikel immer mehr verstecken und kastrieren? Genau — sie sorgen zunehmend dafür, dass Forschungsergebnisse nicht mehr unabhängig verifiziert werden können.

Und war da nicht gerade was von wegen Reproduzierbarkeitskrise in der Forschung?…
 
 

Es gibt zwei Typen von Forschern auf der Welt…

7. Januar 2016 von Laborjournal

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…:

(Via themetapicture.com)

(… und offenbar müssen beide nicht steril arbeiten…)

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Tja — und dann gibt es noch diejenigen, die ganz offensichtlich an langweiligen Projekten arbeiten:

(Via @LaboratoryEQAS) 

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Die besten Wünsche für das Biowissenschaftler-Jahr 2016

4. Januar 2016 von Laborjournal

In den letzten Tagen haben wir auf unserer Twitter-Seite Neujahrswünsche für die Biowissenschaften und Biowissenschaftler gesammelt — manche mehr, manche weniger ernst gemeint. Hier stellen wir sie nochmals zusammen:

 

>>   Solide Daten und aufregende Erkenntnisse, klar…

>>   … Mehr „Moral“ und Integrität….

>>   … Mehr Transparenz — vor allem bei Förderentscheidungen und Peer Review, aber nicht nur …

>>   … Weniger schlechte Paper… überhaupt weniger Paper, die aber mit mehr Gehalt…

>>   … Kits und Agenzien, die tun, was sie sollen… Zellen, die sind, was sie sein sollen…

>>   … Weniger ungesundes Tempobolzen, mehr „Slow Science“…

>>   … Weniger asthmatische Projekt- und Vertragsperioden…

>>   … Klarere und bessere Karrierepfade…

>>   … Etwas weniger Verbissenheit in der Open Access-Debatte?……

>>   … Weniger Bias, stringentere Kontrollen, solidere Statsitik… bessere Reproduzierbarkeit…

>>   … Weniger Aufregung wegen Datenmanipulationen und anderem Fehlverhalten…

>>   … Keine „zweckdienlichen“ Fehldeutungen der Biologie durch „Genderforscher“ o. ä…

>>   … Kein Missbrauch biologischer Erkenntnisse durch Rassisten von AfD und Co…

>>   … Mehr Lob und Anerkennung von den Chefs,… und vielleicht auch mal etwas Nachsicht…

>>   … Besserer Kaffee in den Laborpausen…

>>   … Mehr Partys,… aber dann keine blöden Party-Smalltalk-Fragen, was man denn genau mache…

 

Und dann schrieb Twitter-User Psiram noch dazu:

Truth! Freedom! Justice! And a hard-boiled egg!

Ja, „weniger Weicheier“ ist auch ein guter Wunsch für die Biowissenschaften 2016.

 

Noch mehr Wünsche? Immer raus damit, in den „Kommentaren“ unten ist jede Menge Platz …

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