Undurchsichtige Stiftung?

4. Juli 2014 von Kommentar per Email

Kürzlich erhielt die Laborjournal-Redaktion eine E-Mail, in der der Verfasser die Begutachtungspolitik der Else Kröner-Fresenius-Stiftung folgendermaßen kritisiert:

Ich habe mit dem Begutachtungsverfahren der Else Kröner-Fresenius-Stiftung äußerst negative Erfahrungen gemacht.

Zwei meiner im Abstand von etwa 12 Monaten eingereichten Anträge zu unterschiedlichen wissenschaftlichen Fragestellungen wurden bereits nach jeweils 2-monatiger Bearbeitungszeit abgelehnt. In der schriftlichen Mitteilung wurde mir empfohlen, die Ablehnungsgründe telefonisch abzufragen, was ich auch tat. Die Antworten waren aber nichtssagend: Es wurden formale Gründe genannt (der Antrag sei zu lang; der Antrag sei teilweise zu deskriptiv). Als wesentlicher Grund wurde jedoch auf eine zu niedrige Priorität in einem wie auch immer gearteten Vorbegutachtungsverfahren hingewiesen.

Ich möchte erwähnen, dass die Stiftung äußerst detaillierte Projektbeschreibungen einfordert. Es müssen beispielsweise ein bewilligter Tierversuchsantrag oder ein von der Ethikkommission genehmigter Antrag vorliegen. Die Vorbereitung solcher Anträge ist zeitraubend und relativ teuer.

Es wäre interessant zu erfahren, wie das Begutachtungsverfahren bei der Stiftung strukturiert ist. Bei der DFG ist dies mittlerweile absolut transparent und nachvollziehbar. Es werden ausführliche schriftliche Gutachten verschickt, die die Empfehlungen des zuständigen Panels (deren Mitglieder demokratisch gewählt werden und namentlich auf der Homepage erscheinen) beinhalten.

Es wäre schade, falls die Else Kröner-Fresenius-Stiftung ihre Mittel unabhängig von den üblichen Vorgaben der Peer-Review-Praxis verteilen würde und stattdessen einem nicht definierten „Bauchgefühl“ anonymer Gutachter folgt. In Zeiten knapper Ressourcen sollte dies bei einer finanzstarken Stiftung vermieden werden.

Ich würde mich sehr freuen, falls Sie dieser Frage nachgehen könnten und dadurch weiteren Antragstellern ähnlicher Ärger eventuell erspart werden könnte.

Möchte dazu jemand weitere Erfahrungen mitteilen? Entweder direkt im Kommentarfenster unten oder direkt an redaktion@laborjournal.de.

Einstein und der Peer Review

24. Juni 2014 von Laborjournal

Auch Einstein hielt anfangs nicht viel von Peer Review. Aus seiner „deutschen Zeit“ kannte er dieses System, etwa von seinen fünf berühmten 1905er-Artikeln in den Annalen der Physik, überhaupt nicht. Erst nachdem er in die USA ausgewandert war, sah er sich plötzlich damit konfrontiert, dass seine Manuskripte bisweilen zunächst irgendwelchen Kollegen zur Begutachtung vorgelegt wurden.

Das Online-Organ The Conversation hat dazu gerade eine nette Anekdote wieder ausgegraben, die Physics Today bereits 2005 veröffentlicht hatte. Demnach schickte Einstein zusammen mit seinem Kollegen Nathan Rosen 1936 ein Manuskript über Gravitationswellen an Physical Review. Dessen damaliger Chief Editor John Tate fand das Manuskript aber offenbar derart kontrovers, spekulativ, ja geradezu „phantastisch“, dass er es Einsteins Princeton-Nachbarn Howard Percey Robertson zum Begutachten schickte. Immerhin stellten Einstein und Rosen darin gar die Wellennatur der Gravitation überhaupt in Frage.

Robertson schrieb einen zehnseitigen Kommentar mit jeder Menge gravierender „Entschärfungssvorschlägen“, den Tate umgehend an Einstein weiterleitete. Dieser schrieb Tate schnöde zurück:

We (Mr. Rosen and I) had sent you our manuscript for publication and had not authorised you to show it to specialists before it is printed. I see no reason to address the — in any case erroneous — comments of your anonymous expert. On the basis of this incident I prefer to publish the paper elsewhere.

Einstein publizierte das Manuskript letztlich in dem deutlich „bescheideneren“ Journal of the Franklin Institute. Dies allerdings erst nach einiger Zeit — und mit einem Großteil der Änderungen, die Robertson vorgeschlagen hatte. Es sollte sich herausstellen, dass die Beiden in der Zwischenzeit ausführlich in Princeton über die Befunde des Manuskripts diskutiert hatten — wobei Einstein am Ende offenbar doch einräumen musste, dass dessen schlussfolgernde Behauptungen etwas zu hoch gegriffen waren.

Womöglich bewahrte dieser indirekte Peer Review Einstein also vor einer gehörigen öffentlichen Blamage. In einem reinen Post-Publication-Peer-Review-System, wie es viele heute fordern, hätte er sich sehr wahrscheinlich mit einem voreiligen Schnellschuss ziemlich in die Nesseln gesetzt.

Kooperationen klappen — oder nicht!

23. April 2014 von Laborjournal

Folgende Anekdote gestern am Telefon gehört [Namen geändert!]:

Forscher Müller hat eine Kooperation mit Meier. Eines Tages erhält Müller überraschend ein Manuskript von Meier. Er finde, dass die gemeinsamen Daten inzwischen für eine „nette, kleine Publikation“ reichen, schreibt Meier dazu. Müller findet das nicht. Er schreibt zurück, dass er lieber noch die ein oder andere Testreihe durchziehen wolle, um der „Story“ mehr Substanz zu verleihen. Meier entgegnet, dass dies seiner Meinung nach unnötig sei — die Geschichte wäre auch so schon klar. Und überhaupt habe dessen Gruppe ja nur etwa zwanzig Prozent zum aktuellen Manuskript beigetragen. Wenn er die jetzt wieder rausnehme und ein paar kleine Experimente selber mache, könne er das Paper auch gut ohne ihn veröffentlichen. „Tu, was Du nicht lassen kannst“, schreibt Müller sinngemäß zurück — und schmeißt das Manuskript in den Müll.

Einige Wochen später erhält Müller Post vom Journal of Any Results. Darin ein Manuskript samt einem Brief mit der Bitte, es für eine mögliche Publikation zu begutachten. Korrespondierender Autor des Manuskripts:… Meier.

Wie er jetzt mit dem Manuskript verfahren werde, wisse er noch nicht, erzählte uns Müller. Wahrscheinlich werde er es aber zurückschicken — mit dem Hinweis, dass er es wegen Befangenheit nicht begutachten kann.

Und die Moral von der Geschicht‘: Kooperationen klappen — oder nicht!

(Illustration: graphicgeoff / Fotolia.com)