Spielend zur Proteinstruktur

20. September 2011 von Laborjournal

Angeblich knabberten Wissenschaftler 15 Jahre vergeblich an der Kristallstruktur der Retroviralen Protease aus dem HIV-ähnlichen Mason-Pfizer Affenvirus. Ein Netzwerk aus „fachfremden“ Computerspielern brauchte dazu gerade mal drei Wochen.

 

Foldit-Screenshot

Zuvor hatten Biochemiker um David Baker aus Seattle zusammen mit Computerwissenschaftlern ihrer Universität die Software Foldit entwickelt, mit der auch Laien spielerisch an den Strukturen „echter“ Proteine herumpuzzeln können. Firas Khatib aus Baker’s Labor forderte schließlich „Computer Gamers“ aus aller Welt zum gemeinsamen Modellbasteln. „Wir wollten sehen, ob die menschliche Intuition Erfolg haben kann, wo automatisierte Methoden versagt hatten“, erklärte er in Science Daily. Und sie hatte, wie sich im Abstract des frisch erschienenen Papers in Nature Structural & Molecular Biology ablesen lässt:

Following the failure of a wide range of attempts to solve the crystal structure of M-PMV retroviral protease by molecular replacement, we challenged players of the protein folding game Foldit to produce accurate models of the protein. Remarkably, Foldit players were able to generate models of sufficient quality for successful molecular replacement and subsequent structure determination. The refined structure provides new insights for the design of antiretroviral drugs.

Die „Gamer“ hatten sich vor allem in den Teams Foldit Contenders Group und Foldit Void Crushers Group organisiert, die beide nun genau so die Plätze drei und vier der Autorenliste zieren. Mit Befehlen wie ‘tweak’, ‘freeze’, ‘wiggle’ und ‘shake’ schufen Foldit-Spieler wie ’spvincent‘, ‚grabhorn‘ und ‚mimi‘ in kurzer Zeit ein ausreichend gutes Modell, das Khatib und Co. anschließend wissenschaftlich akkurat vollenden konnten.

Angeblich ist dies das erste Mal, dass fachfremde „Gamer“ ein lange Zeit offenes wissenschaftliches Problem lösen konnten. Weshalb sich auch der Ko-Autor und Foldit-Entwickler Seth Cooper bestätigt fühlt. Jedenfalls berichtete er Science Daily:

People have spatial reasoning skills, something computers are not yet good at. Games provide a framework for bringing together the strengths of computers and humans. The results in this week’s paper show that gaming, science and computation can be combined to make advances that were not possible before.

Und die „Gamer“? Die betonten kurz, wie toll es war im virtuellen Team ein wissenschaftliches Problem mit zu lösen — und widmeten sich dem nächsten, wahrscheinlich vollkommen unwissenschaftlichen Spiel.

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3 Gedanken zu „Spielend zur Proteinstruktur“

  1. Pingback: WeiterGen
  2. Ralf Neumann sagt:

    @WeiterGen: Kommentar irgendwie unvollständig. Schade!

  3. Ralf Neumann sagt:

    Ah, jetzt hab‘ ich’s kapiert: Der „Proteopedia“-Text von WeiterGen geht auf dessen eigenem Blog weiter. Und zwar hier.

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