Betrugsware Co-Autorschaft

28. Juni 2023 von Laborjournal

Mehrfach haben wir schon darüber berichtet, auf welch dreiste Weise das System wissenschaftlichen Publizierens für betrügerische Aktivitäten missbraucht wird – zuletzt etwa hier, hier und hier. Und anscheinend lassen windige Witzfiguren tatsächlich rein gar nichts unversucht, um gerade den besonders Bedürftigen und/oder Leichtgläubigen aus der Forscherzunft ordentlich Geld für Nix aus der Tasche zu ziehen.

Waren es vor etwa einem Jahr noch Zitierungen, die eine Agentur systematisch an Forscher verkaufte (siehe hier), so werden inzwischen auch Co-Autorschaften auf angeblich bereits akzeptierten Papern gegen Geld feilgeboten. Am 19. Juli twitterte jedenfalls die allseits bekannte Fälschungs- und Missbrauchs-Detektivin Elisabeth Bik (sinngemäß übersetzt):

Wow, das ist ziemlich krass. Der Verfasser präsentiert hier einen Acceptance Letter für sein Manuskript von der Zeitschrift „Molecular Biology and Evolution“ – und verkauft jetzt auf Facebook Autorpositionen darauf für 5.000 oder mehr.

… Und zeigte einen Screenshot des betreffenden Facebook-Posts: 

 

 

Und tatsächlich: Geht man auf die Facebook-Seite dieses „Ismail Shah“, der den Artikel anbietet, findet man noch ein weiteres Paper mit dem Titel „Prevalence of antibiotic resistance among clinical isolates of Klebstelle pneumonia isolated from a PIMS hospital Islamabad“, das angeblich bereits von Trends in Microbiology akzeptiert wurde – und für das er seit Dezember 2022 für teures Geld Co-Autorschaften zu verkaufen versucht.

Man sollte meinen, dass da doch garantiert niemand darauf reinfallen würde. Zumal die mutmaßlichen Acceptance Letters peinliche Fehler enthalten – etwa „Evalution“ statt „Evolution“. Und wie sollte das überhaupt gehen, einfach so und ohne Weiteres neue Co-Autoren auf ein Paper mit draufzunehmen?

Doch tatsächlich meldeten einige Wenige auf Facebook Interesse an einer derart erkauften Co-Autorschaft an. Einer fragte dort gar nach weiteren Details – und bekam von Ismail Shah die Antwort:

Kontakt bitte über die angegebene WhatsApp-Nummer.

Also wer es bis dahin immer noch nicht kapiert hat, …

Nur um das längst Offensichtliche offiziell zu bestätigen, fragte Elisabeth Bik direkt bei den Zeitschriften nach, die Shah’s angebotene Manuskripte angeblich bewilligt hätten. Tatsächlich wurde keines davon jemals bei einem der Journale gesehen. Eindringlich schrieb sie daher als Kommentar unter einen von Shah’s Facebook-Posts (wiederum übersetzt):

Der Verlag hat auf Twitter bestätigt, dass dieser Acceptance Letter eine Fälschung ist. Folglich verkauft der Poster hier Autorenpositionen für ein nicht existierendes Produkt. Bitte beachtet, dass dies Betrug ist. Kauft keine Autorpositionen! Bitte schreibt eure eigenen Arbeiten! Ihr seid keine Wissenschaftler, wenn ihr Positionen auf einer Arbeit kauft, die ihr nicht geschrieben habt.

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass man auch dies wiederum umgekehrt als verheerendes Zeichen werten kann, wie groß vielfach der Publikationsdruck für Forschende ist. Groß genug zumindest, dass einige tatsächlich in Gefahr geraten, allzu leichtgläubig auf solchen Bauernfänger-Mist hereinzufallen. Und dass sie potenziell sogar bereit sind, dafür nicht gerade kleine Beträge zu zahlen.

Ralf Neumann

(Illustration kreiert mit Dall-E2)

 

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