Rasiermesser-Variationen

7. Dezember 2022 von Laborjournal

Wissenschaftler, die in ihrer Forschung noch klassisch von Hypothesen ausgehen, kennen vielleicht den Namen des mittelalterlichen Philosophen Wilhelm von Ockham. Ja, genau – der mit dem „Rasiermesser“! Bis zum heutigen Tage steht „Ockhams Rasiermesser“ als Symbol für ein gewisses Sparsamkeitsprinzip innerhalb der wissenschaftlichen Methodik. Und das geht etwa so:

Man formuliere ein wissenschaftliches Problem. Dann notiere man ungebremst Hypothesen, wie das zugehörige Phänomen zustande kommen könnte. Fällt einem keine mehr ein, dann zücke man in Gedanken „Ockhams Rasiermesser“ und schäle damit aus dem Wust ungehobelter Hypothesen alles vermeintlich Unnötige und Überflüssige sauber weg. Am Ende nehme man die schlankeste aller alternativen Hypothesen und beginne, sie zu testen. Also diejenige, die mit den wenigstmöglichen Grundannahmen auskommt, das Problem aber immer noch hinreichend erklären kann.

So weit, so gut. Doch leider verstehen viele dieses Prinzip nicht ganz richtig: Denn damit ist keineswegs gesagt, dass die einfachste Hypothese immer auch die richtige ist. Vielmehr gibt „Ockhams Rasiermesser“ lediglich vor, welche von mehreren alternativen Hypothesen man im Zweifelsfall zuerst testen sollte – nämlich eben diejenige, die die wenigsten Variablen braucht.

Die Gründe dafür sind rein praktischer Natur: Denn je einfacher eine Hypothese gestrickt ist, desto leichter sollten dazu auch aussagekräftige Experimente zu entwerfen sein. Und umso leichter lässt sie sich daher theoretisch auch falsifizieren.

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