Das schmackhafte Brot der Forschung

28. Februar 2024 von Laborjournal

 

Veröffentlichungen sind das Brot des Wissenschaftlers. Doch trocken schmeckt es ihm nicht. Erst wenn ordentlich Butter und Belag in Form von Zitierungen draufgeschmiert werden, wird es ihm zum wirklichen Genuss. Und zwar je dicker, umso mehr – seit der Einfluss von Impact-Punkten und Zitierzahlen bei der Bewertung von Forschungsqualität fast schon ins Absurde gewachsen ist.

Seit Langem haben wir in mehreren Beiträgen versucht klarzumachen, dass die reine Zahl der Zitate den echten Einfluss der zitierten Arbeit auf nachfolgende Forschung nur sehr unzureichend widerspiegelt – und damit letztlich auch nicht ihre tatsächliche Qualität (siehe etwa „Wachsweiche Zitierzahlen“, „Zitierungen — Kein Maß für Qualität oder Einfluss“ oder „Mehr Zitate durch Open Data“).

Stimmt aber womöglich wenigstens der Umkehrschluss, dass Publikationen, die nicht zitiert werden, gar keinen Wert für nachfolgende Forschung haben? Dazu ein Zitat von Dag W. Aksnes, Professor am Nordic Institute for Studies in Innovation, Research and Education in Oslo:

So einfach ist es nicht, dass Artikel ohne Zitate wenig Wert haben. Sie können dennoch wichtig sein, um die Forschung voranzubringen. Sie können zum Beispiel die Ergebnisse früherer Studien bestätigen oder zeigen, dass zwei Dinge nicht miteinander verbunden sind.

Rein konfirmatorische Studien und negative Ergebnisse also. Genau das, was die Zeitschriften gerne ablehnen, da es den Zitatefluss für ihren Journal-Impact-Faktor zum Stottern bringt. Und was die Autorinnen und Autoren daher nicht nur den Belag, sondern oft genug gleich das ganze Brot kostet.

Dabei ist der wahre Wert konfirmatorischer Studien und negativer Ergebnisse für den wissenschaftlichen Fortschritt längst gezeigt (siehe etwa „Vom Triangulieren beim Experimentieren“, „Warum so negativ?“ oder „Negativ hilft“). So wäre beispielsweise die aktuelle Repliktionskrise sicherlich deutlich kleiner, würden mehr davon durchgeführt, publiziert – und auch trotz vergleichsweise magerer Zitierraten entsprechend honoriert.

Manche Scheibe Brot kann schlichtweg auch ohne fetten Belag ziemlich schmackhaft sein.

Ralf Neumann

(Illustration kreiert via Dall-E2)