Ist A=B dasselbe wie B=A?

26. Juli 2023 von Laborjournal

Nichts ist in der Forschung eine derart heikle Angelegenheit wie die richtige Reihenfolge der Autorinnen und Autoren auf einem Paper. Wobei die ganze Angelegenheit nochmal eine Spur delikater geworden ist, seitdem sogenannte Co-Erstautorschaften rasant zugenommen haben.

Der Grund für Letzteres ist klar: Immer mehr Paper können nur noch durch die gleichwertige Kooperation mehrerer Gruppen mit jeweils verschiedener Expertise entstehen. Was nicht selten dazu führt, dass am Ende zwei oder mehr Namen auf den ersten Plätzen mit einem hochgestellten Sternchen versehen werden – zu dessen Bedeutung es dann heißt:

* These authors contributed equally to this project and should be considered co-first authors.

Das Dumme dabei ist jedoch, dass ein ­Paper mit den drei Co-Erstautoren „Maier, Müller, Schmidt“ nach liebgewonnener Forschergepflogenheit schnell zu „Maier et al.“ degeneriert. Was natürlich nicht wirklich fair ist. „Müller et al.“ oder „Schmidt et al.“ wären es allerdings genausowenig. Fazit: Co-Erstautoren können zwar formal gleichberechtigt sein – werden aber beileibe nicht gleichbehandelt.

Es ist schon einige Zeit her, dass sich im US-Blog „Funk Doctor X“ eine interessante Diskussion zu dem Thema entwickelte. Ausgangspunkt war, dass ein zweitplatzierter, aber „per Sternchen“ gleichberechtigter Erstautor darüber sinnierte, ob er in seiner Bewerbungs-CV die Reihenfolge der Co-Erstautoren einfach zu seinen Gunsten tauschen könne. Schließlich sei ja „a=b“ dasselbe wie „b=a“.

Natürlich rieten ihm alle Diskutanten davon ab, da er den Gutachtern am Ende als unehrlich erscheinen würde. Einer schrieb etwa:

Nein, tu das nicht! Füge das Sternchen samt Hinweis auf den gleichwertigen Beitrag ein, aber ändere niemals die Autorenliste. Denn was passiert wohl, wenn jemand die Arbeit tatsächlich nachschlägt? Du wirst als unehrlich dastehen, und mit unehrlichen Leuten will man nicht zusammenarbeiten.

Sicher, kann so passieren. Doch was ist mit erstplatzierten Co-Erstautoren? Lassen die bei „Co-First Authorship Papers“ in ihren CVs nicht allzu gerne mal die Sternchen weg – und erwecken damit den Eindruck, sie wären vielmehr alleinige Erstautoren. Eigentlich genauso unehrlich, oder?

Insgesamt also ein schwieriges Problem, das man wohl nur endgültig lösen kann, wenn man generell den Kredit für wissenschaftliche Leistungen stärker von Publikationen und Autorpositionen abkoppeln würde.

Da hilft es auch nicht wirklich, dass sich in der Zwischenzeit die allgemeine strenge Einstellung zur Flexibilität der Co-Erstautorschaft offenbar ein wenig aufzuweichen scheint. Denn so wird man es wohl werten müssen, dass man immer häufiger auf Publikationen stößt wie diese eine in Nucleic Acids Research (Bd. 50(D1): D165-174), in der es explizit – und nicht ohne Augenzwinkern – heißt:

AUTHORS‘ NOTE: […] The order of co-first authors provided here was decided through a mushroom picking competition around the Sognsvann lake, Oslo, Norway. Co-first authors can prioritise their names when adding this paper‘s reference to their résumés.

Oder anderes Beispiel (Front. Immunol., doi.org/kkfh):

AUTHOR CONTRIBUTIONS: […] The co-­first-authorship order was determined via the best of three rounds in Super Smash Bros. ­Both YB an BZ contributed equally and have the right to list their name first in their CV.

Solch augenzwinkernden Umgang mit der Autorenzeile gab es allerdings schon lange, bevor Co-Erstautorschaften überhaupt eingeführt wurden. Bereits 1974 erschien im Journal of Animal Ecology (43(2): 567-94) ein Artikel der britischen Ökologen Michael Hassell und Robert May, in dem sie als Fußnote festhalten:

The order of authorship was determined from a twenty-five-game croquet series held at Imperial College Field Station during summer 1973.

Kürzlich dazu befragt, antwortete Hassell:

Heute gibt es viel mehr Druck hinsichtlich Autorschaft, Zitate und so weiter. Damals sahen wir es einfach als großen Spaß an und freuten uns zusammenzuarbeiten, ohne der Autorschaft allzu großes Gewicht zu geben.

So entspannt darf es gerne wieder werden.

Ralf Neumann

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