Editorial

Mehr als nur eine günstige Alternative - Do-it-yourself-Laborgeräte

Mario Rembold


(21.03.2024) Die Idee, Apparaturen für Experimente selbst herzustellen, ist so alt wie die Wissenschaft. 3D-Drucker, frei zugängliche Software, Mini Computer und präzise Bauanleitungen haben ihr aber neues Leben eingehaucht. Noch nie war es für Forschende so einfach, einen großen Teil ihres Laborequipments in Eigenregie zu fertigen.

MacGyver ist in einem Keller voller Gerümpel eingesperrt und braucht dringend ein Mikroskop. „Schauen wir mal, was herumliegt: Ein altes Smartphone? Perfekt! Was haben wir denn da – einen CD-Player? Großartig!“ Okay, das mit dem Smartphone ist unrealistisch für einen Serienhelden aus den Achtzigerjahren, und auch CD-Player verstaubten in dieser Zeit sicher nicht in Kartons für den Sperrmüll, sondern standen wohlbehütet im damals modernen Hi-Fi-Wohnzimmer.

Springen wir also lieber ins Jahr 2024 zu Benedict Diederich. Auch er weiß, wie man aus Alltagsgegenständen Mikroskope baut. „Ein CD-Player ist schon mal ein guter Start“, bestätigt der Optiktüftler, der am Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT) in Jena bei Rainer Heintzmann promoviert hat und jetzt die Open Instrumentation Group am IPHT leitet. „Wir sollten auf einer Konferenz einmal das billigste Mikroskop aus Gegenständen bauen, die gerade verfügbar waren“, schildert er eines seiner vielen ganz persönlichen „MacGyver“-Erlebnisse. „Da kann man sehr kreativ werden mit Folien, die herumliegen, und CD-Player sind ja ebenfalls günstig zu bekommen.“ Gleiches gilt inzwischen für Blu-Ray-Player. Diederich hat es bei diesen insbesondere auf die Linse des Lasers abgesehen. „Weil diese Linsen eine kurze Brennweite haben und man sie direkt vor dem Handy anbringen kann“, begründet er. Dann sei man im Grunde genommen schon fertig. Netto komme man auf eine Auflösung von ein bis zwei Mikrometer.

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Open-Source-Geräte, wo man hinschaut – und das Labor selbst kommt in Zukunft vermutlich auch noch aus dem 3D-Drucker. Foto: Tobias Wenzel

Ab zehn Euro

Ein einfaches selbst gebasteltes Mikroskop kostet etwa zehn Euro, erklärt Diederich. Dem stehen Instrumente kommerzieller Anbieter gegenüber, die mehrere hunderttausend Euro kosten und zum Beispiel für modernste fluoreszenzbasierte Einzelmolekül-Lokalisierungs (SMLM)-Techniken ausgelegt sind. Natürlich kommt man an die Qualität dieser Mikroskope mit ein paar Fundstücken aus dem Keller nicht heran. Mit etwas Kreativität können Forschende dennoch kostengünstige Geräte selbst konstruieren und herstellen, die auch für anspruchsvolle Projekte geeignet sind. Für Diederich ist das kein Entweder-oder, sondern eher ein ideologiefreier pragmatischer Weg, mit dem sich eigene Ideen verwirklichen lassen. „Im besten Fall findet man einen Kompromiss zwischen kommerziellen Sachen, die gut funktionieren, und Dingen, die man selber bauen kann. Am Ende will man ja ein Ergebnis auf dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft haben.“

Die Grundidee der Do-it-yourself-Szene ist, den Zugang zu Technologien und Fertigungsverfahren zu demokratisieren. Dazu teilt man das Wissen mit anderen, programmiert quelloffene freie Software, die gemeinsam weiterentwickelt wird, und stellt sich Entwürfe, etwa für den 3D-Druck, gegenseitig zur Verfügung. Auf dieser Grundlage können Forschende nicht nur teure kommerzielle Instrumente an individuelle Wünsche anpassen, sondern auch ihre eigenen Entwürfe von Grund auf neu am Reißbrett, oder in der Sprache der Szene, „from scratch“ entwickeln und umsetzen.

Diederichs Gruppe konstruiert unter anderem Mikroskope, die auf einem modularen System identischer würfelförmiger Elemente basieren (Open-Source-Gerät b7 in der Abb. auf Seite 62) . In einem der Würfel könnte zum Beispiel eine Linse installiert sein, in einem anderen ein Laser zum Anregen von Fluorophoren oder ein Spiegel, um die Lichtstrahlen umzulenken. Die Würfel steckt man neben- und übereinander zusammen, um eine Optikstrecke inklusive Kamera zu erhalten, sie können aber auch zu mehreren Ebenen arrangiert werden. Das System von Diederich und Co. nennt sich UC2 und wurde bereits in einem Artikel auf der LJ-Website vorgestellt („Vielseitiges ‚Fachwerk‘-Mikroskop“, LJ online, 24.06.2023 - Link).

Während die Do-it-yourself (DIY)-Community meist auf den 3D-Druck setzt, stellt Diederich die Würfel im Spritzguss-Verfahren her. Dazu nutzt sein Team vorgefertigte Formen, in die der Kunststoff gegossen wird, um anschließend darin auszuhärten. „Damit erreichen wir eine viel höhere Reproduzierbarkeit und können mehr Würfel in viel kürzerer Zeit fertigen“, erläutert er und ergänzt: „So kann man Aufbauten ganz schnell im wahrsten Sinne des Wortes zusammenwürfeln.“

Im Gegensatz zum 3D-Druck, der sehr gut geeignet ist, um komplexere Formen herzustellen und Baupläne digital zu teilen, erhält man mit dem Spritzdruck stabilere Strukturen. Das macht sich insbesondere bei den Komponenten eines Mikroskops bezahlt, die das Optiksystem stützen sollen und deshalb robuster sein müssen. „Der 3D-Druck erzeugt mehrere Lagen übereinander“, erläutert Diederich und führt weiter aus: „Solche Grenzschichten, die auch mal auseinanderbrechen können, gibt es beim Spritzdruck nicht.“ Der eigentliche Kunststoff sei der gleiche: „ABS [Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer], wie bei Legosteinen. Für den Spritzdruck steckt außerdem noch ein bisschen Glas drin, damit das Material härter wird.“

Eine Bauanleitung für ein Totalreflexionsfluoreszenz-Mikroskop zur SMLM stellt das Team von Jonas Ries am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg gegenwärtig auf bioRxiv zur Diskussion (doi.org/k6jg, siehe dazu auch den „Neulich-an-der-Bench“-Artikel in Laborjournal 12/2023 auf den Seiten 50 bis 51 - Link). Das Gerät scheint nicht nur mit kommerziellen Mikroskopen auf Augenhöhe zu sein. Das Team hat auch besonderen Wert auf ein stabiles Mikroskop-Stativ gelegt, das bei handelsüblichen Modellen oft eine Schwachstelle ist. Allerdings dauert die Schrauberei an dem Mikroskop drei bis sechs Monate, und die 70.000 bis 150.000 Euro für die Einzelkomponenten kann auch nicht jede Arbeitsgruppe einfach so aus dem Ärmel schütteln – wobei man damit immer noch deutlich günstiger wegkommt als mit einem vergleichbaren Mikroskop von der Stange.

Nanoskopie-Würfel

Lässt sich mit dem UC2-Baukasten für weniger Geld ein forschungstaugliches und für die SMLM geeignetes Mikroskop „zusammenwürfeln“? „Ich denke, mit 3.000 bis 5.000 Euro bekommt man damit ein Mikroskop hin, das eine gute Qualität liefert“, schätzt Diederich. Er nennt ein brandneues eLife-Preprint als Beispiel, in dem Forschende der Freien Universität (FU) Berlin die Konstruktion eines UC2-Mikroskops beschreiben, das unter anderem auch für die SMLM geeignet ist (doi.org/mj7v). „Das hat Helge Ewers Gruppe an der FU zusammen mit uns gemacht“, erläutert Diederich. Die Autoren betonen in ihrem Manuskript, dass ein hochwertiges Objektiv für eine brauchbare Qualität des Mikroskops essenziell ist. Sie integrierten daher ein nicht gerade billiges kommerzielles Hochleistungsobjektiv in das UC2-Mikroskop.

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René Lachmann und Benedict Diederich konstruierten am Leibniz-Institut für Photonische Technologien (IPHT) das würfelförmige Baukasten-Mikroskop UC2. Foto: IPHT

Das Objektiv ist mit Abstand die teuerste Komponente des Instruments. Wer keine Kompromisse bei der Optik machen will, landet auch hier schnell bei einem fünfstelligen Eurobetrag. „Das Objektiv dürfte um die 15.000 Euro kosten“, schätzt Diederich. „Man kann also auch in einem ansonsten günstigen System hochwertige teure Komponenten verbauen, das beißt sich nicht.“

Diederich weist bei der optischen Auflösung auf das sogenannte Pareto-Optimum hin, das Forschende bei der Abwägung zwischen Kosten und Nutzen für die eigenen Fragestellungen berücksichtigen sollten. „Oft lassen sich achtzig Prozent des bestmöglichen Ergebnisses schon mit zwanzigprozentigem Einsatz finanzieller Mittel erreichen. Man erhält also ein hochwertiges Mikroskop bereits zu einem deutlich günstigeren Preis und kann es zum Beispiel für den Einstieg in die Forschung oder für Bildungszwecke einsetzen.“

Der Optikspezialist vergleicht das UC2-Prinzip mit einem Skelett, das sich flexibel auskleiden lässt. „Überall, wo Präzision gebraucht wird, kann man Komponenten dazukaufen“, erklärt er. Als Beispiel nennt Diederich präzise Mikrometerschrauben, die nötig sind, um die Probe hin und her zu bewegen. Weniger kritische Bauteile kann man hingegen auch mit dem 3D-Drucker herstellen.

Ewers Team war es zum Beispiel wichtig, dass es das Instrument für die Lebendmikroskopie über längere Zeit in einem Inkubator aufstellen kann. Das UC2-Mikroskop musste deshalb möglichst klein sein und sollte sich automatisieren lassen. Auch auf eine einfach zu bedienende grafische Nutzeroberfläche legte seine Mannschaft besonderen Wert. Die Gruppe zeigt in ihrem Manuskript unter anderem Aufnahmen des UC2-Mikroskops mit einer geschätzten Auflösung von unter 100 Nanometern, die die Forschenden mit der Stochastischen Optischen Rekonstruktions-Mikroskopie (STORM) erzielten.

„Derzeit versuchen wir, UC2 verstärkt für die Hochdurchsatz-Mikroskopie zu etablieren“, sagt Diederich. Die Idee dahinter: Das Mikroskop rastert die einzelnen Näpfchen einer 24-Well-Platte entweder nacheinander ab, oder ein System aus 24 Kameras nimmt parallel in den Wells Bilder auf. „Wir möchten einen automatisierten Workflow für das Labor integrieren. Dazu zählt auch ein Pipettier-Roboter, der die Proben vorbereitet, sowie ein Roboterarm, der die Proben von A nach B bewegt. Im besten Fall können wir so automatisierte Workflows schaffen, die an mehreren Orten zu den gleichen Ergebnissen führen.“

Das von Diederich und seinem Mitstreiter René Lachmann gegründete Start-up openUC2 vertreibt inzwischen die UC2-Würfel (openuc2.com). Die Entwicklungen sollen dennoch weiterhin „Open Source“ bleiben und nicht an Patente und klassische Lizenzbedingungen geknüpft sein. Als alternative Lizenzmodelle nennt Diederich die CERN Open Hardware Licence, die MIT-Lizenz oder CC-BY aus den Creative Commons. Wer nicht selbst herumschrauben möchte, kann auf diesem Weg fertige Module für das eigene Labor bestellen.

Außerdem entwickelt Diederich zusammen mit Kollegen aus Schweden gerade die Mikroskop-Steuersoftware ImSwitch, die mit ChatGPT gekoppelt wird (JOSS 6(64): 3394). „Man hat dann einen Prompt, um Fragen zu stellen, die das Mikroskop lösen soll“, so Diederich. Das kann zum Beispiel die Aufgabe sein, eine bestimmte Art von Zellen in der Probe zu finden.

Diederichs Entwicklungen gehen also weit über ein improvisiertes, aus Dachbodenfundstücken zusammengeschustertes Mikroskop hinaus. Ein Blick auf sehr einfache Lösungen kann sich aber dennoch lohnen. Zum einen mag spielerischer Ehrgeiz Grund genug sein, die eine oder andere Idee nachzubauen, ohne viel Geld auszugeben. Mikroskope, die nicht viel kosten, können aber auch einen großen praktischen Nutzen haben – etwa in der Malaria-Diagnostik, für die kein Superresolution-Mikroskop nötig ist. „Da kann man mit relativ einfachen optischen Mitteln viel erreichen, ohne dass es teuer wird“, weiß Diederich. Gleichzeitig mahnt er aber, dass die Qualität dennoch stimmen muss – schließlich könne die Entscheidung, ein Medikament zu verabreichen oder nicht, über Leben und Tod entscheiden. Diederich hat Projekte zur Malaria-Diagnostik mit dem Mikroskop in Nigeria begleitet und räumt nebenbei mit einem europäischen Vorurteil auf: „Ich habe gelernt, dass der Gesundheitsstandard in Nigeria der gleiche ist wie hier in Deutschland.“

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Eine Handvoll Bauteile aus dem 3D-Drucker, zwei oder drei Elektronikkomponenten, eine LED-Lampe und ein paar Schrauben, fertig ist das ESPressoscope. Aus Video: Vittorio Saggiomo

Außerdem engagiert sich Diederich im Aufbau von Schülerforschungszentren und setzt hier ebenfalls auf die UC2-Würfelmikroskope. „Die Heraeus-Stiftung hat uns damals die Formen für den Spritzguss finanziert, als wir das Projekt in Thüringen auf den Weg gebracht haben“, freut er sich über die Unterstützung. Er motiviert auch dazu, den Bau eines eigenen Mikroskops auszuprobieren. Für das sogenannte Matchboxscope findet man zum Beispiel Anleitungen sowie Dateien zum 3D-Drucken frei im Internet (https://matchboxscope.github.io/). Ganz aktuell entstand unter Diederichs Mitwirkung das ESPressoscope, das auf einer kostengünstigen ESP32-Kamera mit Wi-Fi-Anbindung basiert (bioRxiv doi.org/mj5c). „Das war eigentlich ein Spaßprojekt mit Manu Prakashs Gruppe in Stanford. Wir haben uns gefragt: Was ist das billigste digitale Mikroskop, das man bauen kann?“ Auch hier sollte man mit rund zehn Euro hinkommen, meint der Forscher. „Wir haben damit auch schon Workshops veranstaltet, in denen wir zeigen, wie man schnell ein eigenes Mikroskop bauen kann.“

Falls Sie, liebe Leserinnen und Leser, jetzt Lust bekommen haben, Ihr eigenes Mikroskop zu basteln, schicken Sie uns gern ein Foto davon. Diederich jedenfalls zeigt sich dank seiner Erfahrungen zuversichtlich: „Das haben auch schon Schülerinnen und Schüler geschafft“, lacht er.

Aus der Not geboren

Do-it-yourself im Labor ist aber nicht nur für Bastelfreaks interessant – die Fortschritte im 3D-Druck erleichtern es auch nicht so bastelaffinen Forscherinnen und Forschern, kreativ zu werden. Peter Satzer ging es am Austrian Centre of Industrial Biotechnology sowie der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien aber gar nicht um ausgefallene Erfindungen, als er vor wenigen Jahren einen 3D-Drucker in seinem Labor installierte. Er wollte zusammen mit Lena Achleitner einfach nur alltägliche Schüttelkolben damit herstellen (Nature Biotechnol. 69: 55-61).

„Das entstand aus reiner Notwendigkeit“, erinnert sich Satzer an den Beginn der Corona-Pandemie und die damit verbundenen Lieferengpässe. „Da gab es für Plastikprodukte Lieferzeiten von neun Monaten. Deswegen haben wir überhaupt erst angefangen, Schüttelkolben selber zu drucken.“ Das Team des Bioverfahrenstechnikers benötigte diese, um für die geplante Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen Zellen zu kultivieren. Die Druck-Dateien für die Schüttelkolben sollen bald als Open-Source-Quelle verfügbar sein, damit auch andere Forschende sie nutzen können. Achleitner und Satzer verwenden Polymilchsäure (PLA) für den 3D-Druck, laut Satzer liegt der Stückpreis eines fertig gedruckten Kolbens bei etwa 60 Cent. „Ein vorsterilisierter, einzeln verpackter Schüttelkolben vom Hersteller kostet dagegen zehn Euro“, betont er.

Die Gefäße aus eigener Herstellung müssen steril sein, wenn man sie für die Zellkultur verwenden will, PLA ist aber nur bedingt für den Autoklaven geeignet. „Kleine Schüttelkolben halten das aus. Größere Gegenstände fallen jedoch in sich zusammen“, erläutert der Verfahrenstechniker. „Das ist ein Materialproblem. PLA wird ab etwa 50 Grad Celsius weich, wir autoklavieren jedoch bei 120 Grad Celsius.“ Zwar liefert der Hersteller kein steriles PLA, aber, so Satzer: „Es geht ja beim Drucken durch eine 200 Grad Celsius heiße Düse!“ Also muss nur der Drucker ordentlich sterilisiert und dann in einer Sterilwerkbank untergebracht werden.

Inzwischen seien 3D-Drucker für rund 200 Euro erhältlich, sagt der Forscher und erläutert den Workflow: „Ein Schüttelkolben, wie wir ihn drucken, braucht ungefähr 45 Minuten. Ich kann auf jeden Fall zwei Drucker in einer Sterilwerkbank unterbringen und über Nacht dann zehn Schüttelkolben drucken lassen.“ In einer Woche kommen auf diese Weise 50 Schüttelkolben zusammen. „Bisher hatten wir nie das Problem, dass wir mit den Schüttelkolben nicht ausgekommen wären“, skizziert Satzer den eigenen Bedarf.

Das alles sei keine Raketentechnik, stellt er klar. Anders sieht es natürlich aus, wenn man bei null beginnt und mit einer Software zunächst eine gewünschte Form designt, die später den Weg in die echte dreidimensionale Welt finden soll. Hier muss man sich verständlicherweise erst in die technischen Abläufe einarbeiten. Für Satzer war das kein Problem, denn er hatte schon einen 3D-Drucker zu Hause. „Für mich war das eine Spielerei. Aber dadurch hatte ich bereits ein Skillset und kannte mich mit Modellierungs-Programmen aus.“ Inzwischen stellt der Verfahrenstechniker auch Bioreaktoren selbst her – diese Gefäße sind etwas größer und brauchen dementsprechend mehr Zeit zum Drucken.

Ein paar Tipps hat Satzer für alle, die Labormaterial für den 3D-Druck designen wollen, und nennt einige Einschränkungen. „Man braucht immer eine gewisse Mindestwandstärke, und sehr kleine Teile sind eine Herausforderung. Es kann auch eine Zeit lang dauern, bis die Teile wirklich wasserdicht sind.“ Zudem merkt er an, dass sich keine durchsichtigen Elemente drucken lassen. Bei einigen Verbrauchsmaterialien sollte man kalkulieren, ob sich der 3D-Druck wirklich lohnt. „Pipettenspitzen würde ich nicht drucken, die kommen aus der Fabrik in hoher Stückzahl und sind normalerweise auch von besserer Qualität“, betont er.

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Not macht erfinderisch – Lena Achleitner und Peter Satzer schmissen in der Corona-Zeit am Austrian Centre of Industrial Biotechnology in Wien den 3D-Drucker an, um ihre eigenen Zellkulturflaschen herzustellen. Foto: BOKU

Anfällig für Biofilme

Außerdem weist der Gruppenleiter darauf hin, dass das schichtweise Drucken zu rauen Flächen führt. Auf diesen können sich Biofilme bilden, während Zellen nicht ohne Weiteres an PLA haften bleiben. „Weil PLA ebenso wie die Zellen leicht negativ geladen ist, stoßen sie sich ab. Das ist gut, wenn man Suspensionszellen haben will.“ Andernfalls muss man das Material noch beschichten. Satzer erklärt, dass er immer versucht, Objekte als Ganzes im 3D-Drucker zu erstellen, um sie nicht erst später zusammensetzen zu müssen. Überhängende Strukturen sind nicht realisierbar, wohl aber Kanälchen oder Hohlräume.

Zudem hat PLA in seinen Augen verschiedene Vorteile – nicht nur, weil es leicht zu drucken ist. „Man bekommt es in Food Grade“, erklärt er. Folglich dürfen damit auch Produkte hergestellt werden, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen. „Ich weiß also, dass nichts Toxisches drinnen ist“, schlussfolgert der Forscher im Hinblick auf die Arbeit mit lebenden Zellen. Außerdem ist PLA kompostierbar – zwar nicht im eigenen Garten oder der Biotonne, aber in geeigneten Kompostieranlagen. „PLA wird aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und stammt nicht aus der Petrochemie“, so Satzer: „Auch im Sinne einer Kreislaufwirtschaft sehe ich PLA deshalb als eine gute Wahl.“

Do-it-yourself-Projekte im Labor können sich also finanziell lohnen und Zeit einsparen. Dazu trägt neben dem 3D-Drucker auch eine Programmier-Community bei, die Tools bereitstellt, mit denen sich zum Beispiel Bilder auswerten und Mikroskope steuern lassen. Dank der Open-Source-Szene kann man kreativ werden und eigene Ideen ausprobieren, ohne das Rad komplett neu erfinden zu müssen. Und natürlich sollte man so fair sein und die eigenen Kreationen mit anderen teilen.