Editorial

Tipp 254: Erst Checkliste abhaken - Checklisten für Mikroskopie-Bilder

(15.02.2024) Zusammen mit internationalen Imaging-Expertinnen und -Experten erarbeitete Christopher Schmied vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin zwei Checklisten für aussagekräftige Mikroskopiebilder.

Mein Doktoratsprojekt stellte mich vor viele neue Aufgaben. Um diese zu meistern, musste ich neue Methoden in einer für mich damals unbekannten Tiefe lernen und auch anwenden. Eine der Methoden war die Mikroskopie. Ich verbrachte viele Stunden damit, die bestmöglichen Bilder und Videoaufnahmen für meine Forschungsfragen zu erstellen. Mit großer Sorgfalt versuchte ich, jeden Schritt von der Sammlung der Proben bis hin zur Einstellung der Mikroskope zu optimieren. Durch die vertiefte Auseinandersetzung mit der Mikroskopie erschloss sich mir erst die Komplexität dieser Methode und es wurde mir bewusst, wie viel Zeit und Erfahrung in guten wissenschaftlichen Abbildungen stecken.

Ein entscheidender Aspekt wissenschaftlicher Arbeit ist die klare und möglichst eingängige Kommunikation der Ergebnisse. Für mich waren meine Resultate und vor allem die Mikroskopiebilder, die ich aufgenommen hatte, natürlich immer vollkommen eindeutig und klar zu verstehen. Hatte ich doch Stunden damit verbracht, die Daten zu verarbeiten und auszuwerten. Wissenschaft ist aber keine Selbstbeschäftigung, die nur im Labor hinter dem Mikroskop oder dem Analyserechner stattfindet. Austausch und Dialog mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – und oft auch mit einer breiteren Öffentlichkeit – ist ebenfalls ein zentraler Aspekt wissenschaftlicher Arbeit. Dazu gehört auch die Präsentation der Ergebnisse im Rahmen von Labormeetings, Konferenzen, der Doktorarbeit oder einer wissenschaftlichen Publikation mit Peer-Review.

Mikroskopiebilder sind ein wichtiges Mittel, um Ergebnisse darzustellen. Richtig präsentiert können sie zum Beispiel eindrücklich einen biologischen Phänotyp veranschaulichen. Gute Abbildungen können auch helfen, die Bedeutung komplizierter Graphen einer quantitativen Auswertung begreiflich zu machen und zu unterstreichen. Wissenschaftliche Bilder enthalten aber meist auch komplexe Informationen, die oft nicht auf den ersten Blick zu erfassen sind – vor allem ohne Vorwissen oder weiteren Kontext. Schlechte oder gar falsche Darstellungen zeigen das eigentliche Resultat nicht optimal oder nicht effektiv genug (PLoS Biol 19(3): e3001161). Im schlimmsten Fall können schlecht präsentierte Bilder das Ergebnis sogar verfälschen.

Für wissenschaftliche Autorinnen und Autoren ist es daher wichtig, den etablierten Standards für gute wissenschaftliche Arbeit zu folgen und sich mit anderen Forschenden auszutauschen. Ich orientiere mich zum Beispiel bei Bilddarstellungen an vier einfachen Grundprinzipien:

1. Was war die konkrete Fragestellung, und was ist das vom Bild gezeigte Resultat? Das Ergebnis versuche ich in einem Satz zusammenzufassen. Das erleichtert die Kommunikation in einer Präsentation oder im Ergebnisteil einer Publikation.

2. Meist entstehen bei Forschungsarbeiten Datensätze mit vielen Bildern. Aber selbst wenn nur wenige Bilder aufgenommen werden, ist eine faire beziehungsweise repräsentative Auswahl der Bilder hinsichtlich der zugrunde liegenden Biologie wichtig. Bei größeren Datensätzen wähle ich Bilder zum Beispiel gerne per Zufall aus.

3. Was sieht eine Kollegin oder ein Kollege in einem Bild, mit dessen Forschungshintergrund sie oder er nicht vertraut ist? Meist können unvoreingenommene Betrachter sehr aufschlussreiche Beurteilungen zu einer Darstellung abgeben.

4. Welche Standards existieren im jeweiligen Arbeitsgebiet und in der wissenschaftlichen Literatur? Viele Journale stellen Richtlinien für die Publikation wissenschaftlicher Daten zur Verfügung. Auch im Netz findet man hierzu Informationen, zum Beispiel in Foren wie image.sc.

Wissenschaftliche Journale machen für die Publikation von Daten meist viele Vorgaben. Leider sind die Guidelines oft kompliziert formuliert und etwa für Forschende, die am Anfang ihrer Karriere stehen, nicht einfach umzusetzen. Daher hat eine große internationale Gruppe unter Federführung von Helena Jambor (TU Dresden) im letzten Jahr zwei Checklisten (siehe Seite 61) für die Publikation von Bildern sowie Bildanalyse-Workflows erarbeitet (Nat. Methods doi.org/gssfsc). Mit einfachen und klaren Botschaften verdeutlichen die Checklisten die wichtigsten Aspekte der guten Darstellung von Mikroskopiebildern sowie Bildanalysedaten.

Um die Leserinnen und Leser nicht mit zu vielen Vorgaben auf einmal zu überfordern, sind die Checklisten in die drei Levels „Minimal“, „Recommended“ sowie „Ideal“ aufgeteilt. Das minimale Level verdeutlicht die essenziellen Anforderungen für die gute Darstellung von Mikroskopiebildern, die immer erfüllt sein sollten. Wichtige Kriterien für eine möglichst klare Bilddarstellung findet man im Recommended-Level. Das Ideal-Level führt schließlich weitere Möglichkeiten auf, mit denen Forschende die Darstellung von Bildern sowie die Bildanalyse optimieren können.

Die Checklisten können während des gesamten Arbeitsprozesses von der Bilderstellung bis zur Bilddarstellung als Referenz dienen und sollen dazu anspornen, die Qualität von Bilddarstellungen konstant und iterativ zu verbessern. Ihr Inhalt wurde im Verlauf von zwei Jahren von Expertinnen und Experten aus der biologischen Grundlagenforschung, von Mikroskopiefacilitys und auch Vertretern der Industrie erstellt, die sich in der Gemeinschaft für Qualität und Reproduzierbarkeit in der Lichtmikroskopie (Quarep-LiMi) zusammengeschlossen haben. Die daran Beteiligten trugen klare und einfache Anleitungen zusammen, die sehr viele verschiedene Gesichtspunkte der Bilddarstellung abdecken. In Cheat-Sheets dargestellte Beispiele verdeutlichen, wie diese praktisch umgesetzt werden können (F1000Res. 9: 1373).

Link zu den Checklisten (PDF-Dokument).

Christopher Schmied