Editorial

Tipp 252: 3-in-1-Bead-Homogenisator

(10.11.2023) SGerade mal fünfzig Euro kosten die Bauteile für einen Bead-Homogenisator aus dem 3D-Drucker, der auch noch als Zentrifuge und Mischer funktioniert.

Viele Forschende lysieren die Zellen bei der DNA-Extraktion mit kleinen Glas- oder Zirconium-Kügelchen (Beads). Dazu reicht im simpelsten Fall ein Vortexer aus, auf dem man ein mit der Zellsuspension und den Beads gefülltes Reaktionsgefäß ordentlich durchschüttelt. Die kreisförmig vibrierende Bewegung des Vortexers beschleunigt die Beads so stark, dass sie in dem Röhrchen hin und her schießen und alle Zellen zerfetzen, die ihnen in die Quere kommen.

Bei größeren Ansätzen sind die Kapazitäten des Vortexers aber schnell erschöpft – und wer will die Tubes schon längere Zeit von Hand auf den kleinen Gummi-„Eierbecher” des Wirbelmischers halten und dabei selbst gevortext werden?

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Aus der 3D-gedruckten Zentrifuge wird nach dem Austausch des Rotors gegen ein Planetengetriebe mit Halterungen für vier Reaktionsgefäße (l.u.) ein kraftvoller Bead-Homogenisator. Videoausschnitt: Bhamla Lab

Vom vielen Vortexen vibrierende Hände und Arme lassen sich mit Kugel- beziehungsweise Bead-Homogenisatoren vermeiden, die mit Halterungen für mehrere Tubes ausgestattet sind und meist eine oszillierende Schüttelbewegung ausführen. Voraussetzung ist aber ein ausreichend gefülltes Portemonnaie. Selbst kleine Geräte mit Aufnahmen für zwei oder drei Tubes kosten etwa 700 Euro, für größere mit mehr Probenplätzen sind schnell 2.000 Euro und mehr fällig. Fehlt dafür das nötige Kleingeld, hilft nur noch der Bettelgang ins üppiger ausgestattete Nachbarlabor – oder ein detaillierter Bauplan für einen selbst gebauten Bead-Homogenisator, der nur einen Bruchteil des preises für kommerzieller Instrumente kostet und auch noch als Zentrifuge und Mischer arbeitet. Die exakte Anleitung zur Konstruktion eines solchen Multifunktionstalents präsentiert Saad Bhamlas Team vom Georgia Institute of Technology in Atlanta (USA) in einem bioRxiv-Manuskript (doi.org/gsshbj).

Für den Bau des DIY-Bead-Homogenisators benötigt man nur einige Elektronik-Komponenten (kleine Arduino-Platine, bürstenloser Elektromotor, elektronische Motorregelung, Display, Schaltknöpfe, Potentiometer, Drähte, Gleichstromnetzteil und Hall-Effekt-Sensoren) sowie zwei Kugellager und ein paar Maschinenschrauben, die man für insgesamt weniger als fünfzig Euro im Elektronik-Shop erhält – und natürlich einen 3D-Drucker, mit dem alle weiteren Komponenten hergestellt werden. Bhamlas Mannschaft hat die aus Polylactonsäure (PLA) gedruckten Bauteile auf eine maximale Größe von 200 x 200 x 50 Millimeter beschränkt, damit sie auch mit einem kleinen Nullachtfünfzehn-3D-Drucker hergestellt werden können.

Der von der Gruppe auf den Namen Open Cell getaufte Kugel-Homogenisator ist im Grunde eine kleine, gerade mal 800 Gramm wiegende Tischzentrifuge mit rundem Deckel, die sich durch einen mechanischen Trick in ein Zellaufschlussgerät oder einen Mischer umfunktionieren lässt. Der bürstenlose Elektromotor ist zentral unter dem 3D-gedruckten Rotorgehäuse platziert. Im Zentrifugen-Modus treibt er einen 60-Grad-Festwinkel-Rotor mit sechs Steckplätzen an, der eine relative Zentrifugalbeschleunigung (RZB) von bis zu 3.500 g erreicht und via Schnellverschluss auf die Motor-Achse montiert wird (siehe Abbildung).

Will man die Zentrifuge als Bead-Homogenisator nutzen, baut man den Rotor mit einem schnellen Handgriff aus und ersetzt ihn durch einen symmetrischen Plastikarm. In entsprechenden Aussparungen des Arms sind fünf Zahnräder untergebracht, die zusammen ein Planetengetriebe bilden. Das zentrale Zahnrad oder Sonnenritzel des Getriebes ist direkt mit der Antriebsachse des Motors verbunden. Über kleine Zwischenzahnräder treibt es zwei an den Enden des Arms symmetrisch angeordnete gleich große Planeten-Zahnräder an, die jeweils mit einer eigenen Achse versehen sind. Auf den Achsenden sind Halterungen für die Reaktionsgefäße installiert, die zusammen vier Reaktionsgefäße aufnehmen können.

Antrieb durch Sonnenritzel

Setzt sich das Sonnenritzel in Bewegung, drehen sich sowohl der Plastikarm als auch die Halterungen auf den Planeten-Zahnrädern. Auf die Beads in den Reaktionsgefäßen wirkt hierdurch keine Zentrifugalkraft mehr wie bei einem Rotor, sondern eine lineare Kraft. Diese beschleunigt die Kügelchen an den jeweiligen Umkehrpunkten immer wieder aufs Neue vom Gefäßboden in Richtung des Deckels und umgekehrt.

In einer Videoaufnahme der Gruppe mit einer Hochgeschwindigkeits-Kamera ist zu sehen, wie schwarze Testkugeln in den Tubes hin und her schießen, wenn sich das zentrale Zahnrad dreht (Supplementary Material S1 Video). Rotiert die Aufnahme für die Reaktionsgefäße mit einer Geschwindigkeit von 300 bis 1.200 Umdrehungen pro Minute (RPM), werden die Kügelchen in den Tubes auf maximal 6,5 Meter pro Sekunde beschleunigt und erfahren dabei zwischen zehn und vierzig Zusammenstöße.

Lässt man die Beads weg, wird nur die Flüssigkeit in den Tubes hin und her geschleudert und aus der Kugelmühle wird ein Mixer.

Damit dem Experimentator oder der Experimentatorin der Rotor nicht um die Ohren fliegt, wenn er oder sie vergisst, den Deckel zu schließen, oder das Material versagt, hat das Team verschiedene Sicherheitsfunktionen in Open Cell eingebaut. Dazu gehören auf magnetische Felder reagierende Hall-Effekt-Sensoren, die den Start des Elektromotors blockieren, sobald sich der Rotordeckel öffnet, sowie ein Software-Timer, der den Dauerbetrieb auf zehn Minuten beschränkt, um eine Überhitzung zu verhindern. Sollte im schlimmsten Fall auch noch die Steuersoftware ausfallen, schaltet sich Open Cell automatisch aus.

Test bestanden

Nach einigen Testläufen und Trockenübungen integrierten Bhamla und Co. das 3-in-1-Gerät in den Arbeitsablauf eines kommerziellen, auf Spin-Säulen basierenden DNA-Extraktions-Kits, mit dem sie DNA aus Spinatblättern extrahierten. Die Gruppe setzte Open Cell sowohl als Bead-Homogenisator für die Zelllyse ein als auch als Mischer sowie Zentrifuge in den weiteren Schritten des Protokolls. Die besten Ergebnisse erzielten die Forschenden, wenn sie die Umdrehungszahl des ­Motors während der Zelllyse auf 725 bis 850 RPM beschränkten und die Zentrifugationsschritte mit dem maximal möglichen Wert von 3.500 g durchführten.

Dass Open Cell tatsächlich wesentlich teurere kommerzielle Bead-Homogenisatoren und Tischzentrifugen ersetzen kann, zeigte ein Kontrollversuch der Gruppe, bei dem sie einen Bead-Homogenisator sowie eine Tischzentrifuge für das Extraktions-Protokoll verwendete: Sowohl Ausbeute als auch Reinheit der extrahierten DNA waren mit Open Cell nur minimal schlechter als mit den beiden kommerziellen Geräten – allerdings war die Standardabweichung etwa doppelt so hoch wie bei den Kontrollen, hielt sich mit 17 Prozent aber dennoch in Grenzen.

Bleibt abschließend die Frage, wie lange Open Cells Zahnräder aus PLA im harten Laboralltag durchhalten. Das Team empfiehlt, sie regelmäßig mit Lithium-Fett oder einem ähnlichen PLA-verträglichen Mittel zu schmieren, um die Lebensdauer zu erhöhen. Und falls dennoch ein Zahnrad oder ein anderes bewegliches Teil frühzeitig verschleißt, lässt es sich für wenige Cent durch ein neues aus dem 3D-Drucker ersetzen.

Harald Zähringer