Editorial

Nürnberger Nanotropfen-Fabrik

(13.04.2023) Bei Droptical werden kameraüberwacht Minitropfen abgeschossen. Das System eignet sich für Zahnimplantate, Wirkstoffe und Joghurtbecher.
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Mitgründer Jonas Heelein und der Microjet-Dispenser fürs Mikrodosieren

Wer mit Flüssigkeiten hantiert, nutzt dafür Dispenser. Die erzeugen automatisiert Tropfen definierten Volumens. Vermutlich. Besser ist es, exakt zu wissen, wie groß die erzeugten Volumina sind. Das Nürnberger Start-up Droptical entwickelt neben einem genauen und günstigen Dispenser gleich noch eine Stroboskop-Kamera zur Prozess­verfolgung dazu. Gegründet wurde Droptical von Jonas Heelein (im Bild), Matthias Leininger und dem etwas später hinzu­gestoßenen Daniel Foeste, die zu dritt die Geschäfte des Start-ups leiten. Elektro­techniker Heelein kümmert sich um Management, Marketing und Lizenzen.

Herr Heelein, sprechen wir mal über den Namen Ihrer Firma. Die Vermutung liegt nahe, dass Droptical sich aus den englischen Worten für Tropfen und optisch zusammensetzt. War das ein Geistesblitz oder Strategie?
Jonas Heelein: Wir hatten bereits vor Gründung von Droptical für eine andere Firma eine Kamera entwickelt. Diese Kamera sollte zur Qualitäts­sicherung Tropfen fotografieren. Irgendwann wurde uns klar: In Kombination mit einem Dispenser, der diese Tropfen produziert, wäre eine solche Kamera Gold wert. Denn das ist eine Art Feedback-Loop aus Tropfen­erzeugung und optischer Messeinheit, welche direkt zurückmeldet: „Passt das Volumen oder nicht?“. Ein System, welches sich selbst regelt. Anfangs hießen wir SUCCE3D, das war auch der Name für unseren EXIST-Antrag. Aber den Namen gibt es schon viele Male. Also haben wir ein Whiteboard vollgeschrieben mit Alternativen.

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Und Droptical ist es dann geworden?
Heelein: Genau. Wir fanden, dass das gut klingt und vor dem Hintergrund der Technologie auch Sinn ergibt. Blöd ist allerdings, dass die com-Domain schon vergeben war. Wobei wir schon lachen mussten, denn Besitzer war ein Optiker, der Doctor Optical hieß. Na ja, jetzt heißt die Domain Droptical-systems.com.

Dropticals Produkt besteht also, Sie sagten es bereits, aus einer Kamera und einem Dispenser. Was genau macht der Microjet-Dispenser?
Heelein: Der erzeugt sehr kleine Tropfen, im Bereich von 0,2 bis 25 Nanoliter, und das macht er berührungslos. Die Tropfen werden quasi abgeschossen, nicht mit einer Spitze abgesetzt.

Wofür benötigt man so etwas zum Beispiel?
Heelein: Eine unserer ersten Kameras haben wir für einen Hersteller von Zahn­implantaten gebaut, der mithilfe eines Microjet-Dispensers die Implantate einfärbt. Die werden also mit feinsten Tröpfchen von Farbe beschossen, bis die Färbung der Implantate möglichst mit den Zähnen des Patienten übereinstimmt. Aber generell braucht man solche Dispenser überall, wo kleinste Mengen von Flüssigkeit mit höchster Genauigkeit und ohne Gefahr auf Quer­kontamination dosiert werden müssen, ob das nun Chemikalien für Leiterplatten, Wirkstoffe für Medikamente oder Aufdrucke des Mindesthalt­barkeits­datums auf Joghurtbechern und Glasflaschen sind.

Dispenser gibt es ja nun aber schon. Was macht Ihrer besser?
Heelein: Er ist deutlich günstiger. Der Dispenser schafft Tropfen in einem Volumenbereich, in den sonst nur Systeme hinkommen, die mindestens das Fünffache kosten. Er ist zudem nur wenige Zentimeter groß und modular aufgebaut. Wir haben die fixe Einheit, den Aktor, und das austauschbare Flüssigkeits­reservoir mit Düse. Um beim Beispiel mit den Zahn­implantaten zu bleiben: Der Hersteller kauft sich einen Aktor, den er fest in seine Maschine integriert, und für jede Farbe – in diesem Fall zwölf – ein Flüssigkeits­reservoir. Das sind einfache Spritz­gussteile, die dadurch sehr günstig sind. Wir benötigen auch keine weiteren Anschlüsse wie etwa für Druckluft. Insbesondere für mobile Anwendungen ist das ideal.

Wie variiert das System die Größe der Tropfen?
Heelein: Das Tropfenvolumen wird durch die Düse am Flüssigkeits­reservoir vorgegeben. Wenn ich also ein größeres Volumen benötige, bringe ich mehrere Tropfen auf eine Stelle auf. Oder ich wechsele die Düse zu einer, die für größere Volumina ausgelegt ist. Man kann sie schnell und simpel austauschen.

Mithilfe der Kamera Ultistrobe prüfen Sie, ob die Tropfen tatsächlich die Größe haben, die sie haben sollten?
Heelein: Genau. Im Laborbereich gibt es zwar teure und sehr genaue Dispenser, aber nahezu keine Prozess­überwachung. Wenn also ein Vorgang nicht so funktioniert, wie erwartet, ist die große Frage: Woran liegt das? Wir bieten nicht nur den günstigen und trotzdem genauen Dispenser an, sondern gleichzeitig die Technologie, mit der wir nachweisen: Exakt so viel Volumen wurde abgegeben.

Wie misst die Kamera das vorbeiflitzende Tropfenvolumen?
Heelein: Das ist eine Stroboskop-Kamera. Bei einer normalen Kamera wird das Licht von dem Objekt reflektiert, das ich fotografiere. Bei uns sitzt die Beleuchtung hinter dem Tropfen. Wir fotografieren also den Schatten, den der Tropfen erzeugt. Wir können extrem kurz belichten und erreichen damit sehr scharfe Bilder der schnell bewegten Tropfen. Aktuell mit 60 Bildern pro Sekunde, geplant sind 120.

Die Kamera ist ja schon recht klein, etwa so groß wie eine Handfläche. Jetzt gibt es auch noch die NanoCAM. Was macht die?
Heelein: Die lässt sich unter unseren Dispenser klicken, beziehungsweise unter so gut wie jeden Dispenser. Und das ist ein großer Vorteil, denn fertige Systeme lassen sich nicht immer mit einer verhältnismäßig großen Kamera nachrüsten, dafür ist einfach kein Platz. Die Messeinheit der NanoCAM hingegen bringt nur drei Millimeter Aufbauhöhe mit. Außerdem fotografiert sie aus zwei Richtungen, was die Volumen­bestimmung noch genauer macht.

Die Fragen stellte Sigrid März

Steckbrief Droptical
Gründung: 2022
Sitz: Nürnberg
Mitarbeiter: 3 Gründer und 3 Teilzeitangestellte
Produkt: Preisgünstiges System aus modularem Tropfenerzeuger (Dispenser) samt Stroboskop-Nano-Kamera zur Qualitätssicherung

Bild: Droptical (2)


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Letzte Änderungen: 12.04.2023