Hallo, Servus, Moin Moin oder Tach
Erlebnisse einer TA (166)
Ute Ipe
Immer wenn ich morgens so durchs Institut schlendere, schlägt meine gute Erziehung durch. Meist flöte ich ein freundliches „Hallo“ durch die Räumlichkeiten, und im Regelfall flattert ein ebenso freundliches „Mogään“ zu mir zurück. Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es eben auch heraus.
Allerdings scheint es auch Wälder ohne Rückschall beziehungsweise mit abgewandeltem Rückschall zu geben. Das trifft insbesondere auf Forscher und Forscherinnen zu. Die folgenden fünf Typen habe ich in den Jahren meiner Arbeit zu unterscheiden gelernt:
1) Der Hey-grüßende Wissenschaftler
Dieser lässt es sich nicht nehmen, bei jeder Begegnung mit einem Labormenschen ein „Hey“ von sich zu geben. Prinzipiell eine schöne Sache – wenn das pro Person nur einmal am Tag vorkommt und nicht bei wirklich jeder einzelnen Begegnung. Ich werte das einfach mal als übermotivierte Höflichkeit. Oder hat es womöglich was mit Vergesslichkeit oder gar Zerstreutheit zu tun?
2) Der langatmig grüßende Wissenschaftler
Dieser ist besonders wortgewandt und verweilt gerne auf ein längeres Pläuschchen. Dabei wird er nicht müde zu erwähnen, dass er total viel zu tun hat und unter immensem Zeitdruck steht. Also dann: Hopp, hopp – und wieder ran an die Pipette!
3) Die nuschelnd grüßende Wissenschaftlerin
Diese ist besonders leise und unscheinbar auf den Laborfluren unterwegs und man kann ein zartes „Hallo“ allenfalls erahnen. Ich vermute, dass ihre Stimme am Morgen noch nicht ganz wach und das Nuscheln demnach alles ist, was ihre Stimmbänder gerade hergeben.
4) Die kryptisch grüßende Wissenschaftlerin
Diese scheint mit dem Hier und Jetzt etwas überfordert (Hat sie etwa immer allzu diffizile Experimente am Laufen?). Deshalb schafft sie es irgendwie nicht, die Buchstaben so aneinanderzureihen, dass sie ein ordentliches Wort ergeben. Das Resultat sind irgendwelche rauen und unverständlichen Laute. Na ja, wenigstens etwas.
5) Der stumm grüßende Wissenschaftler
Dieser ist nur in der Lage, eine dezente Kopfbewegung in meine Richtung auszuführen. Mit viel Fantasie lässt sich das als Kopfnicken interpretieren. Da fehlen dann auch mir meist die Worte.
Und last but not least läuft eigentlich noch außer Konkurrenz:
6) Der überhaupt nicht grüßende Wissenschaftler
Das ist mein absoluter Liebling. Wenn es gut läuft, erwidert er mein Grüßen mit einem leeren oder einem starren, mich durchbohrenden Blick. Läuft es dagegen schlecht, wird mir nicht einmal diese eher zweifelhafte Ehre zuteil. Würde ich Böses denken, läge die Vermutung nahe, dass dieser Typus einfach unhöflich ist. Da ich aber nie etwas Böses denken würde, ist meine Theorie, dass das Hirn dieses Typus so mit Nobelpreis-verdächtiger Wissenschaft beschäftigt ist, dass Zeit und Raum vollständig an Bedeutung verloren haben. Es herrscht Ausnahmezustand! Mein freundliches „Hallo“ wirkt da wahrscheinlich wie nicht von dieser Welt.
Das war er nunmehr, mein kleiner Ausflug in die Welt der grüßenden (und nicht grüßenden) Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. In diesem Sinne dann: Tschüss, macht‘s gut und auf Wiedersehen!
Letzte Änderungen: 08.09.2023