Vorstellungsgespräche

Erlebnisse einer TA (46)

Annette Tietz


Editorial

Die TA

Wie haben Sie Ihre Vorstellungsgespräche in Erinnerung? Man versucht immer, sich möglichst gut auf die potenzielle Stelle vorzubereiten, weiß, womit sich die neue Gruppe beschäftigt, wie die zu besetzende Stelle beschrieben ist und worauf man sich da einlässt. Die eigenen Fähigkeiten dürfen natürlich nicht zu kurz kommen. Man zählt alle Methoden zusammen, die man so drauf hat und geht noch mal alles durch, was man sich in den letzten Jahren an Laborpraxis angeeignet hat.

Ein bisschen Nervosität darf natürlich nicht fehlen und dann kommt die große Unbekannte: der potenziell neue Chef. Natürlich hat man ihn schon zur Genüge gegoogelt und sich auf der Abteilungshomepage angeschaut, aber in Natura sehen die doch alle anders aus, oder? Zumindest fragt dieser dann so ziemlich alles, was ihn interessiert, und man selbst antwortet brav nach bestem Wissen und Gewissen.

Editorial
Den Spieß umdrehen

Aber wie sähe das denn anders herum aus? Was wäre, wenn sich die TA ihren Chef aussuchen könnte?

Zum Beispiel: Suche zum nächstmöglichen Zeitpunkt neuen Vorgesetzen. Die angebotene Stelle umfasst sowohl labortypische als auch administrative Aufgaben. Der Kandidat sollte Spaß an Personalmanagement und Kommunikation mit den Angestellten haben. Vorkenntnisse sind von Vorteil, aber nicht Voraussetzung. Die Bezahlung erfolgt nach Tarif, eine Weiterbeschäftigung nach Ablauf des Vertrages ist angestrebt. Bewerbungen richten Sie bitte mit den üblichen Unterlagen an...

Ja, und dann käme das Vorstellungsgespräch. Welche Fragen würden diesem Bewerber wohl durch den Kopf schießen? Ich hab mir da mal ein paar Gedanken gemacht:

Zunächst müsste man natürlich die ganzen theoretischen Dinge abklären: Welcher Themenbereich soll behandelt werden, wie gestalten sich die Projekte, wer arbeitet mit wem und wie steht der neue Chef zum Stellenwert seiner TA? Wie selbstständig darf die TA arbeiten, darf sie auch an Seminaren teilnehmen und wie wichtig wird ihre Arbeit eingestuft?

Aber neben diesen wissenschaftlichen Dingen gibt es ja noch eine Reihe wichtiger Nebensächlichkeiten:

Wie steht der neue Chef zu Kaffeepausen, flexiblen Arbeitszeiten und vor allem Überstunden? Und was ist mit freier Verfügbarkeit über die Urlaubstage?

Welchen Stellenwert hat der Sozialraum und was passiert, wenn ein Fußball-WM-Spiel während der Arbeitszeit läuft?

Gibt es eine Klimaanlage im Labor und was für eine Kaffeemaschine steht im Sozialraum? Hat die TA Mitspracherecht bei der Neueinstellung von Mitarbeitern? Wie oft werden Studentenkurse angeboten und wie häufig hüpfen Praktikanten durchs Labor?

Ja, es gäbe eine Reihe wichtiger Punkte zu klären.

Interessant wären auch die Fragen, die man selbst als TA immer gestellt bekommt: Also, wo genau liegen denn nun Ihre Stärken? Welche Schwächen haben Sie? Was erscheint Ihnen wichtiger: ein gutes Verhältnis zu Ihren Doktoranden oder ein gutes Verhältnis zu Ihrer TA? (Achtung, Fangfrage!)

Haben Sie auch ein Arbeitszeugnis dabei, das von Ihrer letzten TA geschrieben wurde? (Diesen Punkt finde ich besonders spannend.)

Oder: Ihre TA setzt einen Versuch völlig in den Sand. Wie reagieren Sie? Wie würden Sie sich selbst beschreiben? Achtung liebe Chefs: hier wären Wörter wie spontan, lustig, kommunikativ, tolerant, gelassen und vor allem nicht nachtragend sehr von Vorteil!

Ach ja, und ganz toll wäre auch, wenn Sie von Zeit zu Zeit Ihre Schäfchen einladen würden zum gemütlichen Beisammensein. Geburtstage werden bei Ihnen natürlich sehr geschätzt und gerne gefeiert. Vor allem der Geburtstag Ihrer TA steht ganz dick im Kalender, um noch rechtzeitig die nächsten Versuche umzuplanen.

So, lieber Bewerber, wenn das alles noch nicht hilft und Sie das Gefühl haben, das Vorstellungsgespräch läuft nicht ganz so, wie Sie es sich vorgestellt haben: Winken Sie doch beim Abschied kurz mit einem Päckchen meines Lieblingkaffees! Damit sammeln Sie auf jeden Fall Pluspunkte!



Letzte Änderungen: 01.08.2018