Editorial

„Es war ein
turbulenter Weg“

(11.04.2024) Doch inzwischen ist das (noch) Klosterneuburger Start-up Valanx Biotech in ruhigerem Fahrwasser. Mit Millionenförderung und präziser Proteinkonjugation.
editorial_bild

Im Jahr 2017, noch während Ihrer Doktorarbeit, haben Sie zusammen mit Patrik Fladischer ein Start-up aus der Technischen Universität Graz ausgegründet. Valanx Biotech produziert maßgeschneiderte Protein-Wirkstoff-Konjugate. Können Sie uns erzählen, wie diese Idee entstanden ist?
Michael Lukesch: Die Frage ist ziemlich schnell beantwortet: Ich habe während meines Doktorats eine synthetische Aminosäure erfunden, an die sich über Click-Chemie Wirkstoffe koppeln lassen. Basierend auf diesem Patent erfolgte dann die Firmengründung. Unsere Idee war, die künstliche Aminosäure zu nutzen, um eine orts­spezifische Konjugation von Proteinen durchzuführen.

Protein-Wirkstoff-Konjugate werden ja schon länger genutzt, unter anderem, um Zytostatika an Antikörper zu koppeln und damit Krebszellen gezielt zu bekämpfen. Was ist das Neue an Ihrem Ansatz?
Lukesch: Bisherige Konjugationen funktionierten nach dem Zufallsprinzip. Man wusste nie genau, an welchen und an wie vielen Aminosäuren eine Kopplung der Wirkstoffe stattfand. Der Prozess ließ sich schlecht kontrollieren und die Wirksamkeit dieser stochastischen Konjugate ist schwer vorhersagbar. Unsere Methode führt dagegen die Konjugation orts­spezifisch aus, fügt also die ausgewählte chemische Verbindung an genau definierten Stellen ins Protein ein. Diese Orts­spezifität ist möglich, weil der Wirkstoff nur mit der künstlichen Aminosäure reagieren kann, die wir wiederum an ganz bestimmten Stellen ins Zielprotein einbauen. Diese synthetische Aminosäure – inzwischen eine andere als die in meinem Doktorat entwickelte – ist der Kern unserer Intellectual Property. Sie trägt eine S-Tetrazin-Gruppe, mit der wir Click-Chemie der dritten Generation betreiben.

Editorial

Neben Auftragsarbeiten verfolgen Sie mit Valanx Biotech auch eigene Projekte. Zumindest weist Ihr Webauftritt auf zwei Konjugate hin, die gegen Krebs bzw. gegen Autoimmun­erkrankungen zum Einsatz kommen sollen.
Lukesch: Ja, wir haben klinische Produkte in der Pipeline, die wir in die Klinik bekommen und irgendwann vielleicht auch verpartnern wollen.

Offensichtlich läuft es gut für Valanx Biotech. Immerhin haben Sie erst Ende 2023 eine Wachstumsfinanzierung von 2,3 Millionen Euro erhalten. Welche Schritte stehen als Nächstes für die Firma an?
Lukesch: Die Gründung war ein turbulenter Weg. Nachdem mein Kogründer freundschaftlich ausgestiegen war, war ich lange Zeit alleine. Inzwischen ist Georg Altenbacher als Chief Bussiness Officer mit an Bord. Im Moment sind wir im Fundraising und setzen auf Unternehmenswachstum. Weil wir mit unseren derzeit 13 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Kapazität unseres Standorts auf dem ISTA Technologiepark (Anm. d. Red. Institute of Science and Technology Austria) in Klosterneuburg erreicht haben, ziehen wir im Sommer in neue Räumlichkeiten in Wien um. Außerdem wollen wir natürlich unsere Technologie weiterentwickeln und neue Kollaborationspartner gewinnen. Der Fokus liegt dabei auf ADCs beziehungsweise auf ADCs mit mehreren Wirkstoffen am Antikörper („novel formats“). Das ist ein Markt, der momentan sehr stark wächst, und wir wollen dieses Wachstum mitnutzen.

Können Sie uns noch erzählen, wie Sie auf den Namen Valanx Biotech gekommen sind?
Lukesch: Ich wollte mit dem Namen zum Ausdruck bringen, dass unsere Tätigkeit mit Ordnung zu tun hat: Wir machen orts­spezifische Konjugation. Technologien vorher haben diese Ordnung nicht gehabt. Sie waren stochastisch sehr schwer kontrollierbar, also chaotisch. Deshalb habe ich darüber nachgedacht, was in der Geschichte mit Ordnung zu tun hat. Ich bin dann an der Phalanx der griechischen Antike hängengeblieben: Das war die erste geordnete Militärformation der Geschichte. Das Wort hat mir gefallen, aber weil es besser aussieht, habe ich das Ph durch V ersetzt. Die Firma heißt also Valanx Biotech, weil sie Ordnung in das Protein-Konjugations-Chaos bringt.

Das Gespräch führte Larissa Tetsch

Im April-Heft von Laborjournal erklärt Michael Lukesch genauer, wie Valanx’ ortsspezifische Kopplungsstrategie funktioniert.

Bilder(2): Valanx


Weitere Biotech-Firmen im Porträt


- Zu viel ist auch nicht gut

Ein Überschuss an Serotonin macht nicht glücklich, sondern krank. Michael Bader und Trypto Therapeutics suchen erfolgreich nach Inhibitoren der Tryptophanhydroxylase.

- Von Wien in die ganze Welt

Mit einem Waldspaziergang vor zwei Jahren fing alles an. Nun knüpfen die Gen-Schnell-Synthetisierer von nagene bereits Kontakte bis nach Asien.

- Maßgeschneiderte Mini-Magnete

Magnetische Nanopartikel sind in der Biomedizin heiß begehrt. Das Start-up-Projekt BioMagnetix möchte sie in speziellen Bakterien produzieren.





Letzte Änderungen: 05.04.2024