Editorial

Schnitt-Kumpel für
Gewebeproben

(26.04.2023) Die manuelle Herstellung histologischer Proben dauert. Eine einfach zu bauende Gießform aus dem 3D-Drucker kann die Arbeit erheblich beschleunigen.
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Künstliche Intelligenz (KI) lässt selbst erfahrene Pathologen alt aussehen, wenn es um die treffsichere Analyse von Gewebeproben geht (Nat Cancer, 3(9):1026-38). Die KI wird nicht müde, selbst abertausende Gewebepräparate nach Mustern abzutasten und die – hoffentlich richtigen – Schlüsse daraus zu ziehen. Dennoch ist sie nur so gut wie das Material, das ihr zum Lernen und Auswerten bereitgestellt wird – entsprechend groß ist ihr Hunger nach vielen Proben und großen Datenmengen.

Die Herstellung histologischer Proben geschieht aber meist noch in schnöder Handarbeit, indem das Gewebe mit Formalin fixiert (FF) und in Paraffin eingebettet (PE) wird. Die so erhaltenen FFPE-Proben sind über Jahrzehnte haltbar. Zwar existieren Hochdurchsatz-Lösungen zur Anfertigung sogenannter Tissue Microarrays (TMA), die hohen Preise für die Geräte kann sich aber nicht jedes Labor leisten. Zudem legt man sich mit ihnen auf bestimmte Parameter fest und muss bei den Proben strikt definierte Seitenmaße einhalten. Einige Labore haben auch eigene Ansätze entwickelt, um den Durchsatz zu erhöhen, bei Präzision und Reprodu­zierbarkeit muss man dabei aber meist Abstriche machen.

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Wiederverwendbare Komponenten

Ohne diese Nachteile präsentiert sich der TMA-Mate, den Alexandra Kaiser und Nikolaos Pazaitis vom Institut für Pathologie des städtischen Klinikums Dresden konstruierten. Die Basisversion des TMA-Mate kostet nur 15 Euro, er ist einfach nachzubauen und lässt sich leicht an spezielle Proben adaptieren. Gefertigt werden die einzelnen Bauteile mit dem 3D-Drucker. Das Duo aus Sachsen nutzt für die Konstruktion wieder­verwendbare Komponenten. Das einzige Material, das nicht recycelt werden kann, ist das Paraffin des Proben-Empfänger­blocks (Recipient Block). Durch die platzsparende Unterbringung der Probe wird der Verbrauch jedoch minimiert.

In verschiedenen Videos kann man den 3D-Druck der Teile des TMA-Mate und den weiteren Herstellungs­prozess der TMAs Schritt für Schritt verfolgen. Die TMAs werden mit dem TMA-Mate in einem zweistufigen Verfahren hergestellt: Zuerst entsteht in der Gießform des TMA-Mate ein Silikonabdruck. Die Silikonform dient danach als negative Vorlage für die endgültige Form aus Paraffin. Nach einigem Ausprobieren entschieden sich die Dresdner, die Gießform des TMA-Mate aus wenigen Einzelteilen zusammen­zubauen und nicht aus einem Stück zu fertigen. Das Kernelement ist der heraus­nehmbare Arrayer, der aus einer durch­löcherten Platte besteht, die dem Einsatz einer Pipetten­spitzen-Box ähnelt. Die Zahl der Löcher und deren Durchmesser lässt sich mit dem 3D-Druckprogramm flexibel gestalten und hängt von den Proben­dimensionen ab. Möglich sind beispielsweise 15 Proben mit fünf Millimetern Durchmesser oder auch eine „Honigwaben-Variante“ mit wesentlich kleineren und dichter platzierten Löchern.

Exakte Kopie aus Paraffin

Die Gießform des TMA-Mate enthält eine wannen­artige Vertiefung, in die Silikon gegossen wird. In das noch flüssige Silikonbad lässt man den Arrayer absinken und manövriert ihn mit der Pinzette an vier passgenaue Kanten am Boden der Wanne. Nach dem Aushärten des Silikons entnimmt man das gegossene Teil aus der Gießvorlage und erhält eine Art Bürste mit rechteckiger Grundfläche und regelmäßig angeordneten Borsten. Das Silikon-Teil wird in eine passende Wanne gestellt und dient als Gießform für den Empfänger­block. Dazu gießt man die Wanne bis zum oberen Rand mit Paraffin auf. Nach dem Erstarren des Paraffins nimmt man den entstandenen Empfänger­block aus der Form heraus und hat danach eine exakte Kopie des Arrayers in Händen, die jedoch aus Paraffin besteht. Wählt man das Modell mit vielen feinen Kanälen, bietet der Empfänger­block Platz für 523 Proben, bei größeren Loch-Durchmessern passen entsprechend weniger Proben auf den Block.

Für die Entnahme der Proben und deren Platzierung auf dem Empfänger­block entwarfen Pazaitis und Kaiser ein mit dem 3D-Drucker hergestelltes Instrument, das auf den ersten Blick aussieht wie eine elektrische Zahnbürste ohne Aufsatz. Es besteht aus einem Knauf sowie einem senkrecht darin verankerten zylindrischen Griff, der die Biopsie- oder Injektions­nadel festhält. Die Wahl der Nadel richtet sich nach dem gewünschten Proben­durchmesser. Für die Proben­entnahme sticht man sie senkrecht in den Donorblock, der das zu untersuchende, in Paraffin eingebettete Probenmaterial enthält.

Schmelzen verhindert verrutschen

Ähnlich wie bei einem Bohrkern bleibt die Probe im Hohlzylinder stecken. Um sie heraus­zubefördern, sticht man mit einem dünnen runden Metallstab mit passendem Durchmesser von unten durch den Zylinder und schiebt die Probe langsam heraus. Damit die Probe im vorgesehenen Loch des Empfänger­blocks landet, muss man die Injektions­nadel möglichst senkrecht darüber positionieren. Je nach Durchmesser kann es passieren, dass die Probe etwas Bewegungs­spielraum im Loch des Empfänger­blocks hat. Damit sie während des Schnitts mit dem Mikrotom nicht verrutschen kann, erwärmt man das Paraffin auf etwa 55 Grad Celsius, um es leicht anzuschmelzen. Nach dem Erstarren schmiegt sich die Probe nahtlos an das Paraffin an.

Der fertig bestückte Empfänger­block ist noch etwas uneben, da nicht jede Probe genau mit der Oberkante abschließt. Das ändert sich aber nach den ersten Schnitten am Mikrotom, die eine ebene Schnittfläche generieren.

Andrea Pitzschke

Pazaitis, N. & Kaiser A. (2023): TMA-Mate: An open-source modular toolkit for constructing tissue microarrays of arbitrary layouts. Hardware X, 14:e00419

Bild: Pazaitis & Kaiser




Letzte Änderungen: 26.04.2023