Editorial

Nippel und Lasche

(07.02.2023) Genau die sucht unsere TA an einer Transport­box für die Laborzentrifuge vergeblich. Dafür gibt es Styropor­zylinder und Matroschka-Kartons.
editorial_bild

„Ich schicke Ihnen eine Transport­kiste für Ihre Tisch­zentrifuge!“

Mit diesem Satz fing alles an. Tags darauf kommt ein riesiger Pappkarton an, der wiederum einen kleineren Karton enthält – und der enthält einen noch kleineren Karton nebst Plastikbeutel. Russische Matroschka sind nichts dagegen.

Nachdem ich das kleinste Paket ausgeleert habe, liegen zwei weitere rätselhafte Gegenstände vor mir: Ein weißer, dicker Styropor­zylinder und eine weiße Styroporleiste mit schwarzer Abschluss­kante.

Mein geschulter Blick erfasst deren Zweck auf Anhieb: Transport­sicherungen! Die kenne ich schon vom PCR-Cycler-Verpacken. Heute allerdings geht es um eine Tischzentrifuge – da betrete ich Neuland. Soll ich die Zentrifuge in den großen und den Rotor in den kleinen Karton packen? Und wo gehört dann der weiße Zylinder hin?

Editorial

Ich probiere ein wenig herum, aber nichts will so recht zusammen­passen.

Packe ich den weißen Zylinder in den Rotor, geht der Deckel nicht zu – und die kleine Kiste passt nicht in die große. Und wo bitteschön soll die Styropor­leiste mit der schwarzen Abschluss­kante hin? Intuitives Einpacken geht anders.

Ob ich den Vertreter anrufen und nach einer Anleitung fragen soll? Wegen einer Transport­sicherung? Der hält mich doch für debil ...

Offenbar muss das Ersinnen von komplexen Verpackungen mittlerweile ein eigener Berufszweig sein. Nicht nur für Geräte, sondern auch für Chemikalien.

Neulich zum Beispiel kam eine altgediente Doktorandin mit der Frage zu mir: „Wie kriege ich denn den neuen Eimer Agar auf?“

Zuerst begriff ich gar nicht, was sie meinte. Konnte es wirklich so schwer sein, einen Eimer zu öffnen? Jedenfalls folgte ich ihr in den Chemikalien­raum.

Der betreffende Eimer war rechteckig. An der Oberkante gab es einen breiten Überhang, den an einer unvermuteten Stelle die Aufschrift „Hier ziehen“ zierte. Damit hatte die Doktorandin auch bereits angefangen, nach wenigen Zentimetern jedoch aufgegeben, unsicher, ob ihr Tun nicht vielleicht doch Unheil anrichten könnte. Da ich diesbezüglich jedoch keinerlei Gefahr erkennen konnte, packte ich die Öse am Anfang des Überhangs und zog beherzt daran – wodurch sich das gesamte untere Drittel der Deckel­unterkante des Eimers wie die Schale einer reifen Frucht löste. Hernach ließ sich der Restdeckel kinderleicht abnehmen und wieder schließen.

... Also fasse ich mir jetzt, wie kürzlich die Doktorandin, ein Herz, und bitte einen technisch versierten Doktoranden, mir beim Einpacken der Tisch­zentrifuge zu helfen. Zuerst begreift er gar nicht, was ich meine. Déjà-vu!

„Kann es wirklich so schwer sein, eine Zentrifuge einzupacken?“, fragt er. Dreißig Sekunden später kennt er die Antwort. Und während wir gemeinsam nach und nach die richtigen Positionen für Kegel und Abschluss­kante finden, singen wir den Mike-Krüger-Evergreen: „Sie müssen nur den Nippel durch die Lasche ziehen…“

Maike Ruprecht


Weitere Erlebnisse unserer TA


- Parkplatz-Pein

In meinem E-Mail-Eingang tummelt sich allerlei wichtige und unwichtige Post. Oft versprechen mir etwa Firmen, mit ihren Neuerungen mein Leben erheblich vereinfachen zu können – mein Laborleben wohl gemerkt.

- Wissenschaftler und die anderen

Sätze wie „Das klingt ja interessant“, oder „Super, da kann ich mich gleich mal mit dem unterhalten“, dringen an mein Ohr. Mit DEM meinen meine Kollegen den Gast, seines Zeichens Wissenschaftler, der heute in unserer Abteilung einen Vortrag hält.

- Wetten, dass nicht?

Samstagabend, 20.15 Uhr: Die typische deutsche Familie sitzt mit reichlich Chips und Gummibärchen bewaffnet vor dem Fernseher und lässt sich von dem alternden Blondschopf mit teurem Modegeschmack mit einem „Guten Abend, Friedrichshafen!“ begrüßen.

 




Letzte Änderungen: 07.02.2023