Kultivierte
Mikrobenfresser
(12.01.2022) Für die Untersuchung von Pflanzen-Mikrobiomen fehlten bisher Kulturen von Mikroben-jagenden Protisten. Eine Kölner Gruppe hat sie etabliert.
Von Regenwürmern und Ameisen einmal abgesehen kreucht und fleucht es auf und in jeder Pflanze. Beim genaueren Blick kommen Scharen von Mikroorganismen zum Vorschein, etwa Pilze und Bakterien, die das Wachstum der Pflanzen mit ihren Stoffwechselprodukten oder Enzymen beeinflussen. Zu diesen gesellen sich noch unzählige kleine einzellige Eukaryonten, sogenannte Protisten, die Jagd auf Mikroorganismen machen und sie verspeisen.
Entsprechend komplex ist das Zusammenspiel der Mikroben-Gemeinschaft, die mit ihrer jeweiligen Wirtspflanze ein sogenanntes Holobiont bildet. Herauszufinden, wie die einzelnen Mikroorganismen des Holobionts die Pflanze beeinflussen, ist alles andere als einfach. Hinzu kommt, dass die Mikroben auch untereinander wechselwirken.
Auf Sarcomonaden-Streifzug
Mit synthetischen Mikroben-Gemeinschaften (SynCom) versuchen Pflanzenforscher zumindest einen groben Überblick über die Funktion von Pflanzen-Mikrobiomen zu erhalten. Hierzu isolieren und kultivieren sie einzelne Mikroorganismen und stellen sie gezielt in definierten Mengen zusammen (Curr Opin Microbiol, 49:97-102). Bisher fehlten in den SynCom-Ansätzen jedoch viele noch nicht kultivierte Protisten. Um dies zu ändern, zog Michael Bonkowskis Gruppe von der Universität Köln zusammen mit Kollegen von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf los und machte sich in der Umgebung von Köln auf die Suche nach Protisten. Das Team hatte es insbesondere auf eine Gruppe Protisten aus Arabidopsis thalianas Mikrobiom abgesehen, die sogenannten Sarcomonaden.
Da das Mikrobiom einer Pflanze je nach Umweltfaktoren stark variiert, buddelten die Forscher freilebende Exemplare von Arabidopsis aus unterschiedlichen Böden aus. Die gewaschenen Wurzelstückchen inkubierten sie bis zu fünf Wochen in WG-Medium, das Bonkowskis Gruppe etabliert hat (Methods in Rhizosphere Biology Research, 255-270). Es besteht im Wesentlichen aus dreimal ausgekochtem Weizengraspulver. Der Aufguss wird filtriert und mit einem Gemisch aus Kalium-, Calcium-, und Magnesiumsalzen (Prescott’s James’s Solution) versetzt.
Protisten-Kollektion
Mit einem Mikroskop suchte die Gruppe anschließend in den Proben nach Sarcomonaden und transferierte einzelne Exemplare mit einer Glaspipette in eine 24-Well-Platte mit WG-Medium. Die hieraus erhaltenen monoklonalen Kulturen subkultivierte Bonkowskis Team alle zwei Monate.
Zur Identitätsfeststellung mithilfe der Sequenzanalyse verwendete die Gruppe ein übliches Set Cerozoa-spezifischer Primer (Sarcomonaden gehören zum Phylum Cerozoa). Sie etablierte insgesamt 79 Kulturen mit 35 einzelnen Genotypen. 34 Kulturen blieben stabil und sind über die Culture Collection of Algae and Protozoa (CCAP)-Datenbank erhältlich. Drei Kulturen empfehlen die Rheinländer als Core Microbiome Taxa, da diese in besonders vielen Proben vorkamen. Mit der Kollektion sind gezielte Feeding-Versuche möglich, etwa um herauszufinden, welcher Protist welche Bakterien bevorzugt.
Andrea Pitzschke
Dumack K. et al. (2021): A call for research: A resource of core microbial symbionts of the Arabidopsis thaliana microbiome ready and awaiting experimental exploration. Phytobiomes, 5(3):362–366
Bild: Pixabay/jeonsango (Blatt) & OpenClipart-Vectors (Pacman)