Editorial

Tipp 244: Wer baut ein Mikrofon für extrem tiefe Frequenzen?

(09.11.2022) Was nützen alle Ideen, wenn niemand davon weiß – und wenn man nicht die Möglichkeit hat, das Gerät zu bauen, von dem man träumt? Ich will auch keine Patentgebühr. Mit der Veröffentlichung ist das Instrument nicht mehr patentierbar. Mir geht es ausschließlich um die Sache, nicht um Geld. Weil es ein echter Meilenstein in der Medizin ist.

Meine Idee: Ein Mikrofon für Frequenzen bei 0 Hertz. Richtig gelesen: Null Hertz. Wofür? Für die Aufzeichnung von Geräuschen im menschlichen Körper. Für andere Zwecke ist das Gerät natürlich auch brauchbar.

Mikrofone für die Medizin gibt es viele, vom einfachen Stethoskop bis zum runden Puck, der acht Sekunden lang die Herztöne aufzeichnet und speichert. Aber bei null Hertz versagen sie alle. Der Grund liegt in der Umsetzung von Schall in elektrische Energie (die dann in der nachfolgenden Elektronik verstärkt wird).

Grundsätzlich gibt es bisher zwei Arten von Mikrofonen. Die einen lassen eine Membran eine Spule in einem Magnetfeld bewegen und erzeugen auf diese Weise in der Spule einen Strom. Die anderen benutzen Kondensator-Folien, bei denen die Bewegung auf die Folien übertragen wird, wodurch eine Spannungsänderung entsteht. Beide Verfahren funktionieren immer schlechter, je mehr sich die Frequenz null Hertz nähert. Warum? Weil die Energieübertragung immer schwächer wird. Bei null Hertz gibt es keine Bewegung, also keine Energieübertragung. Die Frequenz hat eine direkte Wirkung auf die in das Mikrofon wirkende Energie.

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Brummende Muskeln

Aber man kann ja auch an der mechanischen Übertragung arbeiten. Eine der Fallen bei den bisher verwendeten Mikrofonen ist der Aberglaube der Ärzte, das Hörvermögen des Menschen reiche bis 20 Hertz. Darunter würde man nichts mehr hören. Die Ärzte verweisen auf die „Hörkurve“. Dabei machen sie einen Fehler, der so grotesk ist, dass ich ihn viele Jahre lang nicht bemerkte. Die Hörkurve gilt ausschließlich für Schall, der von außen auf den Körper trifft. Aber was ich untersuchen will, sind die Geräusche, die der Körper selbst erzeugt. Zum Beispiel das Brummen der Muskeln mit etwa 11 Hertz, wenn sie vibrieren. Um diese Vibration durch Schall von außen zu erzeugen, bräuchte man einen sehr hohen Schalldruck. Bewegen sich die Muskeln aber von selbst, ist die Energie der Bewegung im Körper. Sie kommt nicht von außen, sie ist innen drin. Alles sehr einfache Physik, aber viele Ärzte verstehen sie nicht...

Wie kann man diese niedrigen Frequenzen aufnehmen? Übliche Mikrofone benutzen eine Membran in einer kleinen Dose, die von außen auf den Körper gedrückt wird. Die vom Körper durch die Haut abgegebenen Schallwellen gelangen zuerst von innen durch die Haut. Von dort werden sie durch die Luft auf die tiefer in der Dose aufgehängte Membran übertragen, die dann ihrerseits eine Spule oder einen Kondensator bewegt.

Diese Übertragung hat mehrere Schwachstellen. Auf die Spule beziehungsweise den Kondensator habe ich bereits hingewiesen. Aber schon die Übertragung durch die Haut hindurch bewirkt eine erhebliche Dämpfung.

Meine Lösung: die Übertragung erfolgt nicht über die Haut, sondern über das Gebiss – genauer gesagt den Oberkiefer. Hier ist die beste Übertragungsmöglichkeit durch Körperleitung über die Wirbelsäule auf die Zähne, wobei die Zähne nicht weich sind, wie die Haut, sondern die Schwingungen gut übertragen. Man muss also nur an einem Zahn eine Plastikklammer befestigen, die am anderen Ende auf den Schwingungssensor wirkt.

Damit ist das Problem der schlechten Energieübertragung bei den tiefen Frequenzen aber nicht beseitigt. Durch einen Zufall habe ich von einer Entwicklung bei Festplatten erfahren. Dort hat man vor einigen Jahren einen sagenhaften Sprung der Speicherdichte erreichen können. Wie? Indem man nicht mehr kleine Spulen benutzt zur Erkennung der durch die Rotation der Scheibe am Lesekopf vorbeifliegenden Magnetfelder, sondern einen Sensor aus einem Material, dessen Widerstand durch das Magnetfeld sehr stark geändert wird. Ist der Magnet weiter weg, ist das Feld schwach, ist er näher dran, ist das Feld stärker. Eine ganz direkte Abhängigkeit: Jede Änderung des Magnetfelds bewirkt eine Änderung des Widerstands dieser sogenannten magnetoresistiven Bauteile. Ohne Abhängigkeit von der Frequenz. Das Material kann statisch arbeiten, bei 0 Hertz!

So könnte es gehen

Wie baut man damit ein Mikrofon?

Meine Lösung: Am Gebiss wird ein Plastikteil festgeklemmt, das die Vibration auf einen winzigen Magneten überträgt: Der Magnet wird durch das Plastikteil bewegt und verursacht damit die Änderung des Widerstandes im Sensor. Man braucht nichts weiter als eine Elektronik, die eine am Widerstand abfallende Spannung mit einem A/D-Wandler misst und digital speichert. Dieser elektronische Teil ist von der Vibration völlig unabhängig, hat seine eigene Stromversorgung und kann mit Standard-Bauteilen gebaut werden.

Und der magnetoresistive Sensor? Dank Festplatten und anderer Industrie-Elektronik werden diese Sensoren in Milliardenstückzahlen hergestellt. Das Einzige, was man noch tun muss: die Teile mechanisch brauchbar zusammenzufügen.

Die Sensoren werden als „AMR“, „GMR“ und „TMR“ bezeichnet. Suchen Sie nach diesen Begriffen und Sie werden staunen, was alles bereits mit diesen Dingern hergestellt wird. Vom Endschalter bis zum Seismometer (darunter auch ein Mikrofon, aber ein extrem grobes) reicht die riesige Palette. Aber leider noch kein Mikrofon für eine Frequenz von 0 Hertz in der Medizin.

Wohlan, ich hoffe, ich habe Ihren Ehrgeiz geweckt.

Aribert Deckers


Aribert Deckers wollte als Schüler Biologe werden, studierte dann aber doch Elektrotechnik an der Universität Stuttgart. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert verfolgt er mit Feuereifer und durchaus erfolgreich Medizinbetrüger.