Editorial

Tipp 179: Gleiche Startbedingungen - Genexpressionsstudien in Pilzkulturen

Trick 179

Myzelbildende Pilze wachsen auf festen Nährmedien wesentlich gleichmäßiger als in Flüssigkulturen.

Wenn die Ausgangsbedingungen nicht gleich sind, kann das schönste Experiment nicht funktionieren. Das gilt insbesondere für Genexpressionsstudien in Pilzkulturen.

Wie Hefe- oder E. coli Zellen, werden auch filamentöse Pilze wie Aspergillus niger zumeist in Flüssigkulturen hochgepäppelt.Die Kultur in Flüssigmedium liefert gute Ausbeuten und ist einfach durchzuführen; man handelt sich mit ihr aber auch ein Problem ein, das die nachgelagerten Versuche zum Lotteriespiel macht: Myzelbildende Pilze wachsen in Flüssigkulturen sehr ungleichmäßig. So bildet zum Beispiel Aspergillus niger darin Mikrokolonien, die sich nicht nur rein äußerlich unterscheiden. Auch das Genexpressionsmuster sowie andere physiologische Parameter variieren von Kolonie zu Kolonie. Man muss sich also nicht wundern, wenn man bei Expressionsstudien mit Pilzen, die in Flüssigkulturen hochgezogen wurden, Hausnummern misst,die all zu oft nicht reproduzierbar sind.

Auf Agarplatten wachsen Myzele und Makrokolonien von Pilzen dagegen sehr gleichförmig, weil die Nährstoffverteilung in den Agarplatten ihren natürlichen Lebensverhältnissen wesentlich näher kommt. Die Ernte des Pilzmyzels aus dem Agar ist aber genauso mühsam wie unergiebig und alles andere als Hochdurchsatz-tauglich.

Kultur auf Membran

Optimal wäre eine Kombination aus beiden Techniken, die die leichte Handhabbarkeit und Effizienz der Flüssigkultur mit der hohen Reproduzierbarkeit der Agarkultur verbindet.

Mit einem verblüffend einfachen Verfahren, das sich die beiden Pilzspezialisten Mario Lange und Carolin Müller aus Edgar Peiters Gruppe am Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Universität Halle-Wittenberg ausgedacht haben, ist dies tatsächlich möglich (Analytical Biochemistry 453, 58-60). Die Hallenser Gruppe nennt ihre neue Kulturmethode PVDF-Membrane Assisted Agar Plate Culture oder kurz PAAP.

Für die PAAP-Kultur benötigt man eine mit mLCM-Nährmedium gesättigte PVDF-Membran sowie mLCM-Agarplatten. Die PVDF-Membran tränkt man hierzu in 96 % und 70 % Ethanol und gibt dann viermal hintereinander jeweils ein halbes Volumen mLCM zu. Anschließend wäscht man sie zweimal in mLCM.

Mit mLCM-Nährmedium, das 1.5 % Agar enthält, stellt man Agarplatten her und legt die mLCM-gesättigte Membran direkt nach Erstarren des Agars auf dessen Oberfläche. Nach weiteren 30 Minuten ist die Platte trocken und kann mit Pilzsporen inokuliert werden. Die Hallenser verwendeten hierzu Sporen des Mais-Pathogens Colletotrichum graminicola dessen ­Calcium-Signalweg die Gruppe untersucht.

Für die Ernte des Mycels hebt man den Deckel von der Agarplatte ab und kühlt ihn auf flüssigem Stickstoff. Anschließend entfernt man die Membran mit samt des darauf wachsenden Myzels von der Agaroberfläche und überführt sie in den vorgekühlten Deckel. Membran und Pilzmyzel lyophilisiert man nachfolgend in einem Gefriertrockner und schabt das Myzel, das sich durch den Trocknungsprozess von der Membran löst, mit einem Rasiermesser ab. Zusammen mit 3-Millimeter-Stahlkugeln füllt man es in ein Eppendorfgefäß und schließt die darin enthaltenen Zellen mit einem Homogenisator auf.

Homogenere Genexpression

Um die Schwankungsbreite zwischen den einzelnen PAAP-Kulturansätzen zu ermitteln, extrahierten Lange und Müller RNA aus drei Ansätzen und untersuchten jeweils die Expression von sechs typischen C. graminicola-Genen mit einer qRT-PCR. Die gleiche Expressionsanalyse führten sie auch in drei Flüssigkulturen durch. Wie erwartet war die Genexpression in den drei PAAP-Kulturen wesentlich homogener als in den Flüssigkulturen.

Das Fazit von Lange und Co. ist deshalb eindeutig: Die PAAP-Methode ist effektiver und einfacher als die konventionelle Kultur von Pilzen auf Agarplatten und benötigt weniger Platz als Flüssigkulturen. Darüber hinaus variiert die Genexpression in den einzelnen Kulturansätzen weit weniger stark als in Flüssigkulturen.

Harald Zähringer

 




Letzte Änderungen: 13.05.2014