Editorial

Tipp 178: Proteinproduktion ohne Induktion

Trick 178

Ausbeute satt. Das Zellpellet ist durch die exprimierten Fluoreszenz-Proteine eingefärbt.

Kleine Unterschiede zwischen E. coli-Stämmen spielen bei den meisten Experimenten keine Rolle. Hin und wieder führen sie jedoch zu überraschenden Eigenschaften.

Wer für seine Versuche Fluoreszenz-Proteine benötigt und sein Budget nicht vorschnell mit den teilweise sündhaft teuren kommerziellen Fluoreszenz-Proteinen verheizen will exprimiert sie meist selbst in E. coli-Zellen.

Hierzu kloniert man das entsprechende Fluoreszenz-Gen in einen Expressionsvektor mit induzierbarem Promoter. Den Klonierungsansatz schleust man anschließend in die Zellen ein und streicht diese nachfolgend auf Agarplatten aus, die je nach verwendetem Selektionsmarker mit einem entsprechenden Antibiotikum präpariert sind. Kolonien, die auf den Platten wachsen und ein Plasmid mit korrekt integriertem Fluoreszenz-Gen beherbergen, verwendet man schließlich für die Überexpression des Fluoreszenz-Proteins.

Das Problem dabei: die optimalen Bedingungen für die Überexpression muss man erst mühevoll in Vorversuchen herausfinden. Sie hängen sowohl von der Konzentration des zur Induktion verwendeten Isopropyl-β-D-1-thiogalactopyranosid (IPTG) ab als auch von der Optischen Dichte (OD) der Bakterienkultur.

Mühsame Optimierungsschritte

In der Regel zieht man die Kolonien hierzu in Glasröhrchen an, die mit wenigen Milliliter Nährlösung befüllt sind und inkubiert die Ansätze unterschiedlich lange bei 37 °C. Anschließend induziert man die Expression in den verschieden dicht gewachsenen Kulturen mit kontinuierlich steigenden IPTG-Konzentrationen und variiert zu guter Letzt auch noch die Dauer der Proteinexpression. Immer in der Hoffnung, mit den optimierten Bedingungen auch in größeren Kulturansätzen eine größtmögliche Ausbeute der Fluoreszenz-Proteine zu erzielen.

Leider geht dieser Wunsch nicht in jedem Fall in Erfüllung. Allzu oft bleibt die erhaltene Proteinmenge beim Umstieg auf größere Ansätze weit hinter den Erwartungen zurück. Angesichts der mühevollen und zeitaufwändigen Optimierungsschritte ist dies natürlich wenig erfreulich.

Es geht auch ohne IPTG

Mittlerweile gibt es aber einen Ausweg aus diesem Dilemma, der simpler nicht sein könnte. Eine amerikanische Gruppe von der Johns Hopkins Universität fand nämlich heraus, dass man sich das ganze Optimierungs-Brimborium mitsamt der IPTG-Induktion schenken kann, wenn man den E. coli-Stamm BL21-Gold (DE3) für die Expression einsetzt (Sarabipour et al., Anal. Biochem., 449, 155-7).

Das Protokoll für die Expression von Fluoreszenz-Proteinen ohne Induktion durch IPTG ist in drei kurzen Sätzen erklärt. Zunächst transformiert man E. coli-Zellen mit dem Expressionsvektor und streicht die Transformanten auf der Selektionsplatte aus. Anschließend pickt man eine Kolonie und inokuliert damit 250 Milliliter LB-Nährlösung. Nach 18 bis 22 Stunden bei 37 °C erntet man die Zellen und reinigt die überexprimierten Fluoreszenz-Proteine mit den üblichen Verfahren.

Sarabipour et al. exprimierten mit dieser Methode die Fluoreszenz-Proteine mCherry, YFP, GFP2 sowie mTurquoise. Die Ausbeuten waren hierbei so hoch, dass das LB-Medium die Farbe des jeweiligen Fluoreszenz-Proteins annahm und das Pellet nach dem herunterzentrifugieren der Zellen komplett in dieser eingefärbt war.

Fluoreszierendes Pellet

Nach Angaben der Autoren funktioniert die nichtinduzierte Überexpression nur mit dem Stamm BL21-Gold (DE3). Welcher Mechanismus dahinter steckt wissen Sarabipour und ihre Kollegen nicht, der entscheidende Knackpunkt scheint jedoch die lange Inkubationszeit zu sein. Die Ursache für das Phänomen dürfte aber auch die wenigsten interessieren so lange sie ihr gewünschtes Fluoreszenz-Protein ohne umständliche Optimierungsschritte in großen Mengen ernten können.

Harald Zähringer




Letzte Änderungen: 07.04.2014