Editorial

Tipp 156:
Proteinexpression mit Daedalus

Neue Expressions-Plattform verspricht schnelle und effektive Expression von Säugerproteinen.


Proteinproduktion

20 bis 100 Milligramm korrekt gefaltete rekombinante Säugerproteine pro Liter, versehen mit allen posttranslationalen Modifikationen, frei von Endotoxinen und das aus 100 Milliliter Ansätzen nach nur einem Reinigungschritt durch Größenauschluss-Chromatographie!

Was sich nach einer reißerischen Werbebotschaft anhört, verspricht ein neues Proteinexpressionssystem namens Daedalus, das eine amerikanische Gruppe um den Immunologen David Rawlings von der Universität Washington in Seattle kürzlich vorstellte (Bandaranayake et al. Nucleic Acids Research, 2011, Vol.39, e143).

Ursprünglich wollte die Gruppe lediglich das Protein Siderocalin rekombinant exprimieren, um es für Strukturanalysen kristallisieren zu können. Da dies mit den üblichen Expressionssystemen aber nicht funktionierte, machten die Mannen um David Rawlings aus der Not eine Tugend und entwickelten kurzer Hand ihr eigenes Expressionssystem. Natürlich hat die amerikanische Gruppe das (Expressions)-Rad dabei nicht neu erfunden. Aber sie hat sich einige interessante Verbesserungen bei der Expression von rekombinanten Proteinen in Säugerzellen ausgedacht.

Das Expressionsystem der Gruppe basiert auf der Transduktion von humanen 293-Freestyle-Zellen (293-F) die serumfrei wachsen, mit Lentiviren. Die serumfreien 293-F-Zellen haben den Vorteil, dass sie die exprimierten Proteine in das Medium sekretieren, was deren Reinigung erheblich vereinfacht.


Optimierter Lentivirus

Der entscheidende Trick ist aber der von den Amerikanern aufgepeppte Lentivirus. Bisher hatten Lentiviren, die für Expressionssysteme verwendet wurden, zwei gravierende Nachteile: Sie konnten zum einen nur DNA-Fragmente von etwa 10 kb in ihrer Hülle verpacken und zum anderen wurde die Expression der Fremd-DNA im Wirtsorganismus meist nach kurzer Zeit stillgelegt.

Molekularbiologen bauen deshalb so genannte ubiquitäre chromatinöffnende Elemente (UCOE) in die Lentivirus-Vektoren ein, die das allmähliche Abschalten der Expression verhindern sollen.

Offensichtlich haben sich die Amerikaner ein besonders effektives UCOE einfallen lassen. Ihr Konstrukt erlaubt die stabile Expression von rekombinanten Proteinen mit einer Größe von bis zu 70 kDa. Zusätzlich haben sie einen GFP-Reporter in den Vektor integriert, mit dem sich die transduzierten Zellen rasch auffinden lassen.

Wie effektiv die Proteinproduktion mit dem Daedalus-System ist, demonstrierte die Gruppe mit verschiedenen Test­proteinen, darunter auch die Cytokine Interleukin-7 und leukämischer inhibitorischer Faktor (LIF). Zehn dieser zwölf Proteine konnte das Team von Rawlings mit dem neuen Expressionssystem exprimieren und mit Ausbeuten von bis zu 100 mg/ml isolieren.

Die Expressionsplattform Daedalus könnte also durchaus einen Versuch wert sein. Insbesondere, wenn man mit den üblichen Expressionsystemen für Säuger-Proteine nicht mehr weiter kommt.

Harald Zähringer




Letzte Änderungen: 30.12.2011