Editorial

Suboptimale Mittagspause

Erlebnisse einer TA (134)

Maike Ruprecht


Die TA

Neujahr. Jene herrliche Zeit, in der noch nicht die komplette Uni-Belegschaft an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt ist. In der das Gedränge in den Mensen sich entzerrt und man in Ruhe speisen kann... Allerdings hat sich wohl jemand in der Verwaltung gedacht, dass für die paar Hanseln, die frühzeitig aus ihrem Weihnachtsurlaub zurück sind, die kleinste Mensa auf dem Campus ausreicht.

Leider sollte diese Rechnung nicht aufgehen.

Am Mittwoch kamen wir hungrig wie die Wölfe zur Fütterung. Doch waren nicht nur sämtliche Tabletts vergriffen, sondern auch alle Tische belegt. Teils von Mittagsgästen, teils von Leuten, die am Laptop arbeiteten. Warum sie das unbedingt zur Stoßzeit in der einzig geöffneten Mensa tun mussten? Keine Ahnung!

Sicher hätten wir uns erst an der Essensausgabe anstellen und hinterher auf einen freien Tisch warten können. Aber keiner von uns wollte seine Mittagspause mit Warten verbringen. Schließlich sieht eine optimale Mittagspause laut diverser Ratgeber folgendermaßen aus:

  • Bewegung an frischer Luft: 15 Prozent;
  • Entspannung: 25 Prozent;
  • Nahrungsaufnahme: 65 Prozent.

Blieben wir jetzt hier, wären es am Ende wohl eher:

  • Schlange stehen: 60 Prozent;
  • Drängeln: 30 Prozent;
  • Nahrungsaufnahme: 10 Prozent.

Das wäre also nicht optimal. Wir mussten wohl oder übel nach einer anderen Futterquelle streben, womit immerhin der Teil mit der Bewegung erledigt wäre.

Mit knurrenden Mägen machten wir uns auf den Weg zum Thai-Imbiss drei Querstraßen weiter – doch welche Enttäuschung, der Imbiss war ebenfalls geschlossen.

So würde das garantiert nichts mit der optimalen Mittagspause werden, dachte ich schon ein wenig zerknirscht.

Gegen das laute Knurren unserer Mägen anschreiend hielten wir Kriegsrat – und beschlossen schließlich, zum chinesischen Restaurant an der U-Bahn-Station zu gehen. Also auf denn!

Am Horizont tauchte das Restaurant auf, und – Hurra! – es brannte sogar Licht dort drinnen.

Noch mehr Hoffnung erfüllte unsere Mägen beim Anblick eines Mannes, der drinnen an einem Tisch saß. Doch während wir noch begierig speichelnd die Speisekarte neben der Tür studierten, stand er auf, schaltete das Licht aus und verschwand durch eine Hintertür.

Frustriert starrten wir ihm durch die Scheibe hinterher. Das Verhältnis der Mittagspausen-Anteile verschob sich für uns zusehends dramatisch ins Ungünstige. Außer „Bewegung“ hatten wir noch nichts geschafft. Nahrungsaufnahme null, und von Entspannung war ebenfalls noch nichts zu merken.

Der Unterzuckerung nahe schleppten wir uns weiter zum Supermarkt, kauften belegte Brötchen – und konnten uns endlich dem für uns wichtigsten Teil unserer Mittagspause widmen: der Nahrungsaufnahme.

Unsere Mittagspausenbilanz am Ende:

  • Bewegung an frischer Luft: 55 Prozent;
  • Fluchen: 15 Prozent;
  • Magenknurren: 10 Prozent;
  • Nahrungsaufnahme: 20 Prozent.

Alles andere als ein optimales Ergebnis. Wenn das die Ratgeber wüssten.



Letzte Änderungen: 09.02.2020