Editorial

Auf der Suche

Erlebnisse einer TA (114)

Annette Tietz


Die TA

Gewöhnlich starte ich meinen Arbeitstag gut gelaunt und mit einem ausgetüftelten Plan in meinem Kopf. So steuerte ich auch neulich wieder voller Tatendrang die weit und breit einzige Zentrifuge an, in der wir unsere Bakterien abzentrifugieren. Zu meiner Überraschung war das Display dunkel, die Zentrifuge also aus.

So leicht kann eine TA am frühen Morgen ja nichts aus der Fassung bringen – also drückte ich beherzt den Einschaltknopf und wartete auf ein betriebsbereites Display. Das erschien dann auch, nur leider mit einem Warnsymbol, welches mir zumindest signalisierte, dass ich nicht sofort loslegen kann. Und da es sich gar um einen orangen blinkenden Schraubenschlüssel handelte, hatte ich auch gleich das ungute Gefühl, dass sich diese Angelegenheit wohl nicht allzu schnell erledigen ließ.

Gut, dass es Benutzerlisten gibt!

Ich hatte recht: Das Benutzerhandbuch ließ mich wissen, dass ich bitte einen Techniker dazuholen sollte. Da ich nicht wusste, ob dieser Anruf bereits getätigt war, entnahm ich erstmal dem Benutzerkalender der Zentrifuge, wer gestern das Gerät zuletzt benutzt hatte. Auf die Frage, ob der nette Schraubenschlüssel gestern auch schon zu sehen war, antwortete der entsprechende Kollege jedoch: „Ich war nicht als Letztes an der Zentrifuge, der Thomas hat sie nach mir noch gebraucht.“

Das fing ja gut an. Ich suchte Thomas, der offensichtlich vergessen hatte sich einzutragen. „Nee, ein orangener Schraubenschlüssel lag da nicht“, bekam ich zu hören. Ich versuchte ihm gerade den Unterschied zwischen dem blinkenden Schraubenschlüssel-Symbol und einem real existierenden zu erklären, als er mich unterbrach und meinte: „Kannst ja mal die Saskia fragen, die hat nach mir noch zentrifugiert.“ Wie gut, dass wir eine Benutzerliste haben.

Immerhin wusste Saskia wovon ich rede – wenigstens fast: „Ach, das soll ein Schraubenschlüssel sein? Ich dachte, die Zentrifuge wurde zu heiß und hab sie deshalb über Nacht ausgeschaltet. Aber offenbar war das ja nicht das Problem.“ Dann fiel ihr noch ein: „Ich hab‘s der Conny auf nen Zettel geschrieben, vielleicht kann die was machen?“

Gut, tief durchatmen und weiter zu Conny. „Ja, den Zettel hab‘ ich gesehen. Aber ich wusste gar nicht, welche Zen­trifuge sie meint – und dachte, Saskia würde bestimmt noch mal wieder kommen, wenn nix passiert.“ Manchmal kann man der phänomenalen Logik im Labor nichts entgegensetzen. Ich überlegte, bei wem nun gerade der Schwarze Peter mit dem Schraubenschlüssel liegt. Man blickt ja selbst nicht mehr durch.

Ich fragte also Conny, die schon öfter mit unserem Techniker telefoniert hatte, ob sie sich darum kümmern könnte, dass da mal jemand nachschaut. Mittlerweile hatte ich nämlich haarscharf kalkuliert, dass der Anruf noch nicht geschehen war.

„Warum eigentlich immer ich? Ich hab schon letzte Woche den neuen Abfallbehälter organisiert!“ Der Schwarze Peter streckte mir die Zunge raus und wedelte mit dem Schraubenschlüssel durch die Luft. Ich war mal wieder sprachlos. „Und außerdem hab ich heute echt viel zu tun!“

Ein schlagendes Argument. Soweit hatte ich noch nicht gedacht. Ich ging also weiter auf die Suche nach dem Schwarzen Peter. Vielleicht holte der sich ja gerade einen Kaffee, weil jemand den Wassertank aufgefüllt und den Abfallbehälter geleert hatte...



Letzte Änderungen: 01.08.2018