Editorial

Ausverkauf

Erlebnisse einer TA (55)

Annette Tietz


Die TA

Ich denke, heutzutage gibt es kaum jemanden, der noch nichts bei diesem bekannten online-Auktionshaus gekauft oder zumindest mal dort reingeschaut hat. Schließlich gab es dort in der Vergangenheit so manch skurrile Versteigerung zu beobachten – man denke nur an den Gebrauchtwagen von Kardinal Ratzinger.

Ich schaue auch ganz gerne mal nach, was es Neues gibt und wofür man eine Menge Geld ausgeben kann – auch wenn ich den Nutzen nicht immer auf den ersten Blick erkenne.

Wenn ich mich im Labor umschaue, fallen mir auch einige unnütze und skurrile Dinge auf, die man vielleicht versteigern könnte. Abnehmer gibt es ja scheinbar immer.

Laborinventar abzugeben

Wie wäre es denn zum Beispiel mit einem Analysegerät, das immer dann anfängt, Schwierigkeiten zu machen, wenn man gerade richtig im Stress ist. Man müsste das Ganze natürlich gut umschreiben, wie ein echter Topseller. Das klänge dann ungefähr so: „Sie bieten hier auf ein Gerät in einem Top-Zustand, gereinigt, desinfiziert und jahrelang getestet. Es wurde mehrmals gewartet und den Regeln entsprechend instand gesetzt und funktioniert meistens tadellos.“ Klingt irgendwie besser als: „Es wurde mehrmals repariert, da es immer wieder zu unerwarteten Zwischenfällen kam und unsere Mitarbeiter in den Wahnsinn getrieben hat.“

Die Arbeitsverweigerung meiner letzten Primer würde ich so beschreiben: „Sie bieten hier auf ein paar Primer, die einfach nicht da binden wollen, wo sie sollen. Sie liefern auch nach sorgfältiger Vorarbeit eine Reihe unspezifischer Banden, egal bei welcher Temperatur man die PCR-Reaktion startet. Auch die Wahl der unterschiedlichen Puffer blieb ohne Erfolg, ganz zu schweigen von den unzähligen Arbeitsstunden und Nerven, die bei der Testung draufgingen. Bei erfolgreicher Ersteigerung bekommen Sie eine Tüte Aufmunterungskekse dazu. Viel Erfolg!“

Und wer weiß, vielleicht gibt es ja jemanden, der genau das sucht, als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die neue TA oder so.

Ich hätte da noch was im Angebot: „Hier können Sie auf ein völlig unvollständiges Protokoll bieten, das weder über eine vernünftige Arbeitsbeschreibung noch über ein vollständiges Rezept für die benötigten Lösungen verfügt. Außerdem fehlen wichtige Arbeitsschritte, wie Temperaturangaben und Inkubationszeiten. Viel Spaß beim Bieten!“

Biete eigenwillige Zellkultur

Oder wie wäre es mit einer Zelllinie, die nur tut, was man überhaupt nicht gebrauchen kann: „Sie nehmen hier an einer Versteigerung teil, bei der Sie eine ganz besondere Zelllinie erwerben können. Diese Zellen werden Sie jeden Tag aufs Neue überraschen. Wenn sie sich teilen sollen, treten sie in Streik und dümpeln in exakt derselben Zahl in der Zellkulturflasche umher wie am Tag zuvor. Anders verhält es sich natürlich mit ihrer Teilungsaktivität übers Wochenende. Seien Sie jeden Tag gespannt auf die Zelldichte und die damit verbundene Überbevölkerung Ihrer Zellkulturflasche, so kommt schon keine Routine und Langeweile auf! Selbst viel Erfahrung, Liebe und Hingabe konnte den Totalterror bei unserer TA nicht verhindern. Versuchen Sie selbst Ihr Glück und vergessen Sie Räucherstäbchen, auch das hatte bei uns keinen Erfolg!“

Labormaus inklusive

Zu guter Letzt könnte ich mich nach etlichen Jahren Berufserfahrung selbst der Versteigerung stellen: „Sie bieten hier auf eine TA mit jahrelanger Berufserfahrung, die zahlreiche Erfolge und ebenso viele Fehlschläge vorzuweisen hat. Ihre Toleranz gegen unvollständige Protokolle liegt nahe Null, genauso wie die Bereitschaft, Versuche zum x-ten Mal zu wiederholen, weil es laut Protokoll aber doch funktionieren muss. Ihre Zuneigung zu Analysegeräten mit Eigenleben hält sich ebenso in Grenzen, wie die Frage: „Bist Du sicher, dass Du alles richtig gemacht hast?“ Viel Spaß!“

Und nicht vergessen: Ich bin vom Umtausch ausgeschlossen!



Letzte Änderungen: 01.08.2018