Editorial

Posterpräsentation

Erlebnisse einer TA (39)

Annette Tietz


Die TA

Manche Dinge sind Wissenschaftlern vorbehalten: Vorträge halten, auf Fortbildungen gehen, auf Meetings fahren etc. Aber einmal in meinem TA-Leben durfte auch ich auf ein Meeting mitfahren, nach Berlin, zusammen mit meinem damaligen Chef. Der fragte mich, ob ich denn Lust hätte, ein Poster mit den Daten von mir und meiner Kollegin zu präsentieren. Die war nicht da, hatte schon Monate zuvor ihren Südamerika-Urlaub gebucht, den wollte sie nicht extra verschieben.

Nur ein bisschen rumstehen

Zunächst war ich völlig platt von dem Angebot und nicht so ganz sicher, ob ich das wirklich wollte. Also fragte ich erst mal ganz beiläufig bei meinen Meeting-erfahrenen Postdoc-Kollegen nach, was man denn bei einer Posterpräsentation so machen müsse. „Oh, das ist ziemlich unspektakulär“, erklärten mir alle einhellig, „es gibt ’ne Postersession, jeder muss für ein-zwei Stunden vor seinem Poster stehen, und falls Fragen kommen, beantwortet man die halt.“ Aha, das klang ja wirklich ganz einfach, und da ich ja genauso meinen Beitrag zu den Daten geleistet hatte wie meine Kollegin, wusste ich Bescheid über unser Projekt. Das krieg ich hin, dachte ich mir, und sagte das auch meinem Chef.

Der gab mir den Auftrag, das Poster selbst herzustellen. Jetzt wurde es spannend. Bis ich einen Plan hatte, wie mein Poster aussehen sollte, kopierte ich erstmal sämtliche Tabellen, Grafiken und Zusammenfassungen, die ich finden konnte. Damit kam ich aber auch nicht so recht weiter. Also irrte ich durch das Institut und musterte alle aushängenden Poster auf der Suche nach einem Geistesblitz. Das erste Poster war weiß mit schwarzer Schrift, das nächste weiß mit blauer Schrift, dann kam ein cremefarbenes mit schwarzer Schrift und schließlich ein weißes mit grauer Schrift.

Ich war verwirrt: Darf es denn nicht bunt sein? Mein Poster sollte schön aussehen, auffallen und nicht langweilen. Ich tappte zurück ins Labor und fing an, Hintergrundfarben auszuprobieren. Nach langem Suchen fand ich meine Farbe: weinrot. Mein Poster sollte weinrot sein mit weißen Kästchen drauf und schwarzer Schrift. Glücklich wie Bolle zeigte ich meinem Chef meinen Entwurf.

„Und was ist das da?“ Leugnen und dummstellen war zwecklos, er zeigte unmissverständlich auf den farbigen Hintergrund meines Werkes. Ich versuchte es mit Vorwärtsverteidigung. „Weinrot!“ sprudelte ich hervor. „Ich find’s echt super, endlich mal was Innovatives.“ „Und willste das so lassen?“

Ich änderte meine Taktik und setzte meine „Achtung, Du bewegst Dich auf sehr dünnem Eis!“-Miene auf. Mein Chef lenkte ein: „Naja, es ist ja Deins!“. Genau! Meins! Nach der schockierenden Botschaft des Meeting-Komitees, dass die Bedeutung der Poster durch eine kurze verbale Präsentation erhöht werden solle – darauf hätte ich auch gut und gerne verzichten können – konnte es also losgehen.

Das schwarzweiße Meeting

Ein paar Wochen später auf dem Meeting musste ich feststellen, dass die meisten Posterbeiträge keinen Wert auf Farbe und Schönheit legten und sich statt dessen voll und ganz darauf verließen, dass der Inhalt allein für ausreichend Kurzweil sorgen würde. Wissenschaftler ticken eben anders als TAs. Ich sah fast ausschließlich weiße oder bestenfalls gelbe Poster mit wahlweise schwarzer oder blaugrauer Schrift. Nur eines hatte einen grünen Hintergrund. Na, wenigstens etwas, eine Gleichgesinnte. Vielleicht auch eine TA...?

Als es dann soweit war und ich mein Poster präsentieren „durfte“, hätte ich mit meinem Herzschlag locker drei Körper versorgen können. Meine Wangen glühten und meine Knie kündigten ihren baldigen Abschied an. Irgendwie überstand ich es. Mein Chef konnte sich den Kommentar, ich wäre jetzt ganz eins mit meiner Posterfarbe, nicht verkneifen. Ein Argument für die Weißpostrigen! Ich hoffte inständig, dass dieser Fluch die Dame mit dem grünen Posterhintergrund verschont hatte.



Letzte Änderungen: 01.08.2018