Editorial

Kaffeeunsitten

Erlebnisse einer TA (35)

Annette Tietz


Die TA

Abteilungen bestehen ja bekanntlich aus einer ganzen Reihe von verschiedenen Räumen: Neben den unterschiedlichen Labors, dem Sekretariat, dem Chefzimmer, diversen Stau- und Seminarräumen gibt es auch noch eine nicht ganz unbedeutende Art von Raum: den Kaffeeraum (auch Kaffeeküche, Pausenraum oder gar Sozialraum genannt – eine oft irreführende Bezeichnung). Wie auch immer er heißt, Hauptsache, es gibt irgendwo in diesen vier Wänden ein Gerät, das heißes, braunes Gebräu herstellt.

Käffchen mit Clooney

Ich habe auch schon gehört, dass in manchen Abteilungen tatsächlich die George Clooney-Version einer Kaffeemaschine steht. Ich finde ja, das bringt alles nix, solange man mit dem Gerät nicht auch Clooney mitgeliefert bekommt. Würde nämlich George himself im Kaffeeraum zwischen Mikrowelle und Kaffee-Pöttchen stehen, würden wohl manche Dinge erst gar nicht passieren.

Wer würde schon seine noch halbvolle Tasse Kaffee direkt vor Georges Nase stehen lassen? Oder, noch schlimmer: seinen noch halbvollen Teller mit Mittagessen. Dann gäbe es wahrscheinlich auch keine Schimmelpilzkulturen in Teetassen oder undefinierbare Essensreste in herrenlosen Plastikdosen, die zur weiteren Untersuchung bei 4 °C gelagert werden. Und von dem 4 °C-Inkubator im Kaffeeraum wollen wir gar nicht reden. Keiner fühlt sich zuständig, man schiebt nur weiter fleißig neue Kulturboxen nach.

Was wahrscheinlich dank George ebenfalls wegfallen würde, wären leere Teller, auf denen wahrscheinlich mal ein Kuchen lag, von dem jetzt nur noch ein paar Krümel übrig sind. Hat ja keiner gesehen, wer das letzte Stück entwendet hat. Die Abteilung hat ja zum Glück genügend Mitarbeiter... Die virtuelle Super-Nanny schüttelt schon wieder das Haupt.

Und George? Wie gesagt, ich glaube, es würde gar nicht so weit kommen. Witzigerweise kann man ja alles auf den Tisch stellen, es wird so oder so gegessen. Die Halbwertszeit mancher Süßigkeiten könnte man wirklich in Studien präsentieren. Auch in Sachen Kaffeeraum-Dienst gäbe es vielleicht Besserung. Normalerweise ist es ja nie jemand gewesen, wenn sich benutztes Geschirr stapelt, das Waschbecken vor lauter Kalkflecken unauffindbar erscheint und man beim Öffnen der Mikrowelle auf ein oder zwei schon vorhandene Mahlzeiten stößt (in großzügigen Spritzern über den kompletten Innenraum verteilt).

Oder, was ich persönlich als Highlight betrachte: Man will sich einen Kaffee aufsetzen (also so richtig altmodisch mit Kaffeefilter, Kaffeepulver und Wasser einfüllen… kennen Sie?), öffnet die Kaffeedose, und blickt in einen Abgrund – bis hinunter zum metallisch schimmernden Dosenboden. George könnte das natürlich nicht jucken, der hat ja seine bunten Kaffeekapseln. Wie auch immer: es ist unsozial!

Das geht gar nicht. Alle Kaffeeträume zerplatzen und die letzte Hoffnung beruht auf dem geheimen Kaffeepulvervorrat. Sollte man da fündig werden, ist alles nur noch halb so wild. Man schmeißt die altmodische Maschine an und verschwindet nochmal kurz ins Labor, um sich seinem laufenden Experiment zu widmen, und sich dann ein paar Minuten später dem Kaffeegenuss hinzugeben.

Böses Erwachen

Hurra, die Welt ist wieder in Ordnung. Zumindest für einen kurzen Moment. Denn, wenn wir schon von unsozial reden: Der Supergau ist vollendet, wenn man kurze Zeit später wieder im Clooney-Zimmer vorbeischaut, um sich seinen heißersehnten Kaffee zu gönnen… Sie ahnen es… Die Kanne ist leer. Nein, FAST leer. Also um genau zu sein: der Boden der Kanne ist noch feucht. So kann schon keiner behaupten, er hätte den Kaffee leer gemacht und nichts übrig gelassen. Ganz ehrlich: in diesen Momenten wünscht man sich doch wirklichen einen George, der charmant lächelnd zu einer der bunten Kapseln greift und dabei leugnet, er selbst zu sein. Na prima...



Letzte Änderungen: 01.08.2018