Fremdgehen mit Jagdhundefutter

Erlebnisse einer TA (140)

Maike Ruprecht


Editorial

Die TA

Als ich mich nach zwei Wochen Urlaub zum ersten Mal wieder in meinen Uni-­Account einlogge, bin ich begeistert. So viele E-Mails. Boah, bin ich wichtig. Die Welt kann ohne mich nicht sein!

Doch unter all die Gruppenbenachrichtigungen über verschiedenste Seminare oder Suchanfragen nach Chemikalien und Paketen mischen sich auch einige seltsame Mails – mit Betreffzeilen wie „Gluckwunglückwunsch an Sie“, „Fortbildung gefährdet Betriebsblindheit“ oder „Aktion Jagdhundefutter“.

Tatsächlich ist der letztgenannte Newsletter inzwischen so etwas wie mein persönliches elektronisches Mahnmal geworden.

Er stammt von einem deutschen Saatgutlieferanten, bei dem ich mich vor Jahren mal registriert habe, als ich mit dem Gedanken spielte, unseren langjährigen österreichischen Erbsenlieferanten zwecks Optimierung unserer Ökobilanz mit einem regionalen Anbieter zu betrügen.

Die zehn Euro, die wir pro Lieferung einsparen würden, bestärkten mich zusätzlich in meinem Vorhaben.

Editorial
Betrügen wegen zehn Euro?

Da der Online-Shop des neuen Saatguthändlers allerdings die seltsame Angewohnheit hatte, nach dem Einloggen die von uns benötigte Erbsensorte nicht mehr anzuzeigen, rief ich in der Geschäftsstelle der Firma an und schilderte mein Problem.

„Das kann nicht sein“, erklärte mir die dortige Dame in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete und mir in Erinnerung rief, warum ich mich auf die alljährliche E-Mail-Bestellung bei unserem österreichischen Händler immer so freue. Der schreibt nämlich stets etwas zurück wie: „Frau Ruprecht, schön von Ihnen zu lesen. Ist es mal wieder so weit? Die Erbsen schicke ich Ihnen gerne zu. Spätestens in vier Tagen sind sie bei Ihnen.“

Und diesen Goldjungen wollte ich mit so jemandem betrügen? Wegen zehn Euro und der Beruhigung meines grünen Gewissens? Nee, lieber international freundlich als regional unfreundlich. Österreich liegt schließlich nicht in Übersee.

„Wenn es nicht sein kann, dann ist es wohl auch nicht so“, verabschiedete ich mich von der Telefonistin und legte auf. Selten hatte ich nach einem unerfreulichen Telefonat so gute Laune.

Paradox eigentlich.

Aussichtslose Verführung

Meine Beziehung mit dieser Firma währte somit ganze zehn Minuten, und von dieser flüchtigen Liebelei ist mir nur der monatliche Newsletter geblieben. Ich hätte ihn gleich in der elften Minute unserer zu diesem Zeitpunkt bereits beendeten Beziehung abbestellen können, habe es aber bis heute nicht getan, da er mich monatlich daran erinnert, nichts Liebgewonnenes für Geld aufzugeben. Erst recht nicht für zu wenig davon.

Diesen Monat wollen sie mich also mit Jagdhundefutter verführen.

Eigentlich wäre ein Kauf desselben kein Problem, da wir bislang keinen festen Lieferanten für Jagdhundefutter haben. Allerdings halten wir trotz zahlreicher Kaninchen auf dem Campus auch keine Jagdhunde. Weshalb ich den Newsletter kurzerhand lösche und mich den Mails mit den wichtigeren Nachrichten widme...



Letzte Änderungen: 12.10.2020