Lächle mit Hashtag!

Erlebnisse einer TA (129)

Annette Tietz


Editorial

Die TA

Ist man häufig im Internet unterwegs, kommt man an den sogenannten Hashtags nicht mehr vorbei. Man hat fast das Gefühl, dass man keinen korrekten Satz mehr lesen kann, ohne dass das berühmte #-Zeichen irgendwo mittendrin erscheint. Kürzlich wurde ich sogar auf dem Weg ins Labor im Radio darüber aufgeklärt, dass der heutige Tag unter dem Motto #lächledichfrei stünde. Fröhlich forderte die Moderatorin dazu auf, den Tag mal ganz bewusst mit einem Lächeln im Gesicht anzugehen – und, wenn möglich, dabei zu bleiben.

„Das krieg’ ich hin“, dachte ich mir und startete meinen Arbeitstag mit einem Lächeln. Nachdem mein grober Arbeitsplan stand, machte ich mich mit einem Eisbad bewaffnet auf den Weg zum Minus-20-Grad-Fach, um die Reagenzien für die cDNA-Synthese zu holen. Allerdings verschwand mein Hashtag-induziertes Lächeln kurzfristig, als ich feststellte, dass der Kit zwar da war, aber kein Enzym mehr darin steckte.

Editorial

Bevor ich mich jedoch genervt an meine Kollegin wandte, besann ich mich auf das heutige Hashtag-Motto, lächelte, drehte mich zu ihr um und flötete: „Sag mal, haben wir noch irgendwo Reverse Transkriptase auf Vorrat, wenn hier keine mehr drin ist?“

#Ichmussjanichtallesmachen

Ungläubiger Blick meiner Kollegin, dann die Gegenfrage: „Meinst Du das ernst, oder machst Du gerade einen Witz?“

Klappt ja prima! Ich löschte kurz den Hashtag aus meiner Frage und versuchte es noch einmal: „Jemand hat das Enzym leer gemacht. Ich brauche es heute aber für meine Synthese!“ Ohne Hashtag!

„Ah!“ Jetzt verstand sie den Ernst der Lage. „Schau mal in der Stock-Schublade, ob da noch ein Kit drin ist“.

Glücklicherweise war der Kit bestellt worden, sodass ich mit meiner Arbeit fortfahren konnte. Mit Hashtag.

Zurück im Labor ging plötzlich die Türe auf und mein Kollege kam herein. „Mann, der Parkplatz war voll. Musste jetzt am anderen Ende der Uni parken! So ein Mist!“ Offensichtlich hörte er morgens einen anderen Radiosender als ich, von Hashtag war jedenfalls nix zu sehen.

Als ich wenig später die PCR-Maschine reservieren wollte, sprang mir glatt ein gelber Post-It entgegen: „Maschine ist kaputt, muss in die Werkstatt! Macht das jemand?“ Das ist ja mal wieder genial! Ich fragte mich, warum der Autor dieses Post-Its nicht in der Lage war, selbst die Reparatur in Auftrag zu geben. Für mich lief diese Aktion klar unter dem Hashtag #fühlemichdafürnichtzuständig. Vorsichtshalber lächelte ich mal. Nicht, dass die vom Radio Stichproben machen. Man weiß ja nie! Jedenfalls entschied ich, den Post-It erstmal zu ignorieren. Vielleicht fühlte sich ja heute im Laufe des Tages jemand angesprochen und erledigte den Auftrag. #ichmussjanichtallesmachen!

Kurz darauf wollte ich meine Proben aufs Gel auftragen – und musste feststellen, dass der Marker für die Allgemeinheit leer war. Also klebte ich in Gedanken ein #ichhabsnichtgemerkt auf das Tube, lächelte und holte meinen eigenen Marker aus der Schublade. Na, das lief doch spitze heute!

Wieder etwas später kam meine Kollegin ins Labor und bemerkte, dass die Wirkung ihrer Klebezettel-Botschaft offenbar zu wünschen übrig ließ: „Ach, hattest Du noch keine Zeit, in die Werkstatt zu gehen?“ Ich lächelte. Ihr verwirrter Blick sprach Bände. Ich war mir sicher, sie fragte sich gerade, was ich mir heute Morgen eingeworfen habe und ob davon noch was übrig sei. #schaltdochmaldasradioan!



Letzte Änderungen: 17.06.2019