Wir sind Weltmeister!

Erlebnisse einer TA (85)

Annette Tietz


Editorial

Die TA

Nun ist sie schon eine Weile zu Ende, die Fußball-WM. Leider! Was fieberten wir mit, standen morgens verschlafen im Labor und diskutierten trotzdem möglichst fachmännisch über die Spiele. Schließlich waren wir DER entscheidende 12. Mann... Was, die WM hat bei Ihnen keine Spuren hinterlassen? Dann machen Sie mal den Test...

Sie kommen noch immer im Deutschland-Trikot ins Labor und wundern sich warum der „Kittel“ so kurz ist.

Auf die Frage des Chefs, wie denn der heutige Versuch ausgefallen sei, antworten Sie: „Der geht noch in die Verlängerung.“ Und klatschen dabei die Hand ihres Chefs ab.

Sie haben den Farbcode Ihrer Beschriftungen geändert und schreiben nur noch in Schwarz, Rot oder Gelb.

Als ein Deckel Ihres Reaktionsgefäßes auf den Boden fällt, kicken Sie ihn in den Mülleimer (den sie vorsorglich schon mal umgelegt hatten) und schreien „TOR“. Nur leider ist keine Kollege zum Umarmen da...

Editorial

Ihre Ambitionen, nach dem Vortrag eine La Ola-Welle zu starten, stößt lediglich bei Ihrem Praktikanten auf Gegenliebe, der ebenfalls im Deutschland-Trikot dasitzt und anfängt, „Football‘s coming home“ zu singen.

Fußbälle im Faxgerät

Sie pusten bei jedem positiven Klon, den sie mittels PCR detektiert haben, in Ihre Tröte und wundern sich, warum Sie momentan so wenig Kollegen um sich herum haben.

Auf die Frage Ihres Kollegen, ob Sie für ihn ein paar Proben mittesten könnten, antworten Sie: „Klar, Teamgeist ist wichtig für den Erfolg.“

Bewunderung ernten Sie dagegen für Ihre eigens eingerichtete Cocktail-Bar im Brasilien-Look, durch die der Kaffeeraum ein typisch südamerikanisches Flair genießt.

Sie versuchen der Sekretärin glaubhaft zu versichern, dass die von Ihnen angebrachten Aufkleber auf der Bestellung echt fest geklebt haben – und Sie daher keine Schuld trifft, dass nun schwarz-rot-gelbe Fußbälle das Innenleben des Faxgerätes schmücken.

Sie wundern sich immer noch, warum nach dem phänomenalen Western Blot, den Sie minutenlang in Siegerpose nach oben halten, kein Goldregen aus der Notdusche rieselt – und beschließen, den Vorgang im nächsten Labor erneut zu zelebrieren.

Ihr Freudentänzchen, welches Sie nach erfolgreicher Sichtung sämtlicher Zellkulturplatten aufführen, stößt mal wieder nur bei Ihrem Praktikanten auf Gegenliebe. Der beschließt, für heute Abend noch ein paar Kumpels in die Kaffeeraum-Cocktail-Bar einzuladen, und geht schon mal den Chef fragen, ob der lieber einen Caipi oder einen Long Island Ice Tea möchte.

Sie erkennen sich in der einen oder anderen Situation wieder? Dann sollten Sie Folgendes tun: Setzen Sie sich ganz ruhig vor Ihren Rechner und lesen Sie mal die Schlagzeilen der letzten Wochen durch. Auch wenn Sie es noch nicht wahrhaben wollen: Die Fußball-WM ist tatsächlich zu Ende. Alle außer Ihnen (und Ihrer Praktikanten-Sportskanone) haben es bereits akzeptiert. Nun holen Sie sich das letzte Mal einen Caipi aus dem Kaffeeraum, schmücken diesen mit einem Fähnchen (die stehen im Seminarraum auf dem Tisch), machen noch einmal Ihr Freudentänzchen und werfen etwas Konfetti (aus dem Locher) in die Luft.

Danach legen Sie Ihr Deutschland-Trikot in den Schrank, die Tröte daneben – und gehen dann zu Ihrem Chef, klatschen ihn ab und sagen: „Hey Chef, in zwei Jahren auf ein Neues!“ Da schlägt dann sogar Ihr Chef ein und genehmigt sich zur Feier des Tages auch ein Schlückchen!



Letzte Änderungen: 01.08.2018