Multiple Kompetenz

Erlebnisse einer TA (24)

Annette Tietz


Editorial

Die TA

Ich stöberte neulich durch die Stellenanzeigen im Laborjournal und musste mich schon wundern über all die Stellenangebote, die es da so in ganz Deutschland gibt. Nicht, dass mich die Anzahl überraschen würden, nein, ich wundere mich eigentlich nur über die Vielzahl an Eigenschaften, die man so als TA mitbringen darf:

Dynamisch sollte man sein, zuverlässig, belastbar, Berufserfahrung sei immer von Vorteil, eine schnelle Auffassungsgabe darf man auch mitbringen, flexibel und engagiert steht ganz oben im Kurs. Um nicht zu vergessen: überdurchschnittlich motiviert, natürlich der englischen Sprache mächtig, freundlich im Umgang mit den Mitmenschen, sich imstande fühlen, knifflige Aufgaben zu übernehmen und bereit sein zu flexiblen Arbeitszeiten.

Von Vorteil sind natürlich auch immer gute Computerkenntnisse, die Fähigkeit zu Teamwork, die Bereitschaft zu Weiterbildung und Leitung von Studentenkursen und Spaß beim Anlernen neuer Kollegen. Engagement und Begeisterungsfähigkeit für die Wissenschaft sollte nach Möglichkeit auch mitgebracht werden, Verantwortungsbewusstsein wird natürlich auch vorausgesetzt.

Editorial

Klar. Die Beherrschung folgender Methoden/Kenntnisse wird erwartet... mein Magen krampfte sich so langsam zusammen. Die Mithilfe bei Labororganisation, Eigenständigkeit und Initiative sind ebenfalls gefragt wie auch die Fähigkeit zur selbständigen und interdisziplinären Arbeit. Aha. Ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein sowie eine zuverlässige, präzise Arbeitsweise und Organisationstalent sind auch immer gerne gesehen. Die Freude an der Arbeit in einem multidisziplinären, aufgeschlossenen und internationalen Team sollte vorhanden sein. Besonders gut hat mir folgende Voraussetzung gefallen: Fähigkeit, wissenschaftliche Detailgenauigkeit mit einer pragmatisch zielorientierten, effektiven Arbeitsweise zu kombinieren. Meine Gehirnzellen schlugen gerade Purzelbäume.

Technische Geschicklichkeit und die Bereitschaft in einem internationalen Umfeld tätig zu sein werden auch gerne gesehen. Mir schwirren schon Unmengen Wörter in meinem TA-Gehirn herum und ich versuche sie nach „hab ich“, „kann ich“ und „brauch ich“ zu ordnen (also besser gesagt: „bräuchte ich“ falls ich mal eine neue Stelle suchen sollte... nur für den Fall, dass mein Chef das hier lesen sollte...).

Es dauerte eine ganz Weile, bis ich alles in die richtigen Schubladen sortiert hatte. Aber wer fragt eigentlich nach „Spaß an der Laborarbeit“, „die Bearbeitung eigener kleiner Projekte“ und „Freude am experimentellen Arbeiten“? Mhmm. So langsam kommen mir Zweifel. Dann lenkte ich meine Aufmerksamkeit auf die in den Stellenanzeigen geschilderten „Wir bieten“-Rubrik:

Die Jobversteigerung

„Wir bieten eine abwechslungsreiche und interessante Tätigkeit in einer interdisziplinären (da war sie wieder…) und dynamischen Gruppe von Wissenschaftlern.“ Oder kurz und knapp: Die Arbeitsstelle ist in einem engagierten Team in einem interessanten und abwechslungsreichen Umfeld. Punkt, fertig. Mhm.

Ganz anders bei folgender Stellenausschreibung: Wir bieten Ihnen die Mitarbeit in einer von Teamgeist und Innovationsfreude geprägten Arbeitsatmosphäre, exzellente Laborbedingungen sowie die Vorzüge einer flexiblen Zeit- und Aufgabenplanung. Das nenn ich ja mal ein Angebot. Geboten wird auch eine abwechslungsreiche, selbstständige verantwortungsvolle Tätigkeit in einem ambitionierten Team.

Irgendwie lässt mich das Gefühl nicht mehr los, dass ich in eine Art Jobversteigerung geraten bin. Manchmal wird allerdings auch gar nichts geboten. Da frohlockt ein auf zehn Monate befristeter Vertrag, dass er möglicherweise verlängert werden kann. Wow. So flexibel dürfen wir TAs schon sein...

Ach übrigens: ein nicht ganz unerheblicher Vorteil, den ich vergessen habe zu erwähnen: eine abgeschlossene Berufsausbildung ist meistens auch Voraussetzung...



Letzte Änderungen: 01.08.2018