Die Studenten kommen!

Erlebnisse einer TA (5)

Annette Tietz


Editorial

Die TA

Studentenkurs...

Dieses Wort sollte ein Chef in Anwesenheit seiner TA möglichst nicht in den Mund nehmen. Es sei denn, er will riskieren, dass sie postwendend ihre Kündigung einreicht.

Sollte allerdings dieses Thema unausweichlich sein, so bedarf es einer gewissen Sensibilität, mit der man seine TA vorsichtig darauf vorbereitet, dass sie in den nächsten Tagen/Wochen nicht ihrer normalen Labortätigkeit nachgehen kann, sondern Unmengen Reaktionsgefäße, Platten, Zellkulturflaschen und Mediumflaschen vorbereiten und sorgfältig beschriften „darf“.

Aliquots in allen Farben

Leider habe ich die Erfahrung gemacht, dass man nicht lange um besagten Kurs herumkommt. Irgendwie erwischt es doch fast jeden einmal, oder auch öfter. Nach stundenlangem Aliquotieren und Beschriften (zur leichteren Erkennung sogar in unterschiedlichen Farben!) hat man langsam aber sicher das Gefühl, man könne sein Gehirn dann doch ausschalten. Wenn endlich der Tag gekommen ist, an dem man jedes verfügbare tube mit einem Namen versehen hat, wird es nicht besser, sondern dann fängt der Kurs ja erst an, hurra!

Editorial
Rechnen mit Studenten

Zuallererst stellt man die Rechenkünste der Studenten auf die Probe: 70ml einer 7%igen Lösung. Preisfrage: Wie viele ml braucht man, um diese aus einer 100%igen Lösung anzusetzen? Okay, auch der Taschenrechner darf verwendet werden. Einige Minuten später kommt dann freudestrahlend das Ergebnis: 10! – 10?! Ok, zweiter Versuch...

Dank Dreisatz und Diskussionsrunde ist es dann geschafft. Munter pipettiert jeder vor sich hin. Manche sind verwundert, dass in einem wissenschaftlichen Labor tatsächlich so viele Gefäße mit unaussprechlichen Namen herumstehen und dass es sogar einen Computer gibt. Anderen stellen Fragen und studieren das Skript. Erschrocken stellen diese fest, dass sie ja NOCHMAL rechnen müssen!

Ich stellte mich schon auf das Schlimmste ein und versuche vorab, anhand eines Messzylinders zu erklären, dass 107=10x106 sind und dass sich in jedem Anteil die gleiche Anzahl von Zellen befindet. Als Feedback sehe ich viele Fragezeichen in den Gesichtern der Studenten, die sich gerade fragen, wozu sie das wohl brauchen könnten.

Als wir uns tapfer durch alle Zellzahlkonzentrationen gekämpft und letzten Endes auch so viele Zellen pro Well hatten wie wir wollten und das auch noch in unterschiedlichen Mediumkonzentrationen, wurde ich gefragt, ob das denn immer so kompliziert wäre oder ob ich es ihnen extra so schwer gemacht hätte? Und ob man denn nicht ein bestimmtes Medium in allen relevanten Konzentrationen bestellen könne?

Klar, wie darf man sich das vorstellen? „Guten Tag! Ich hätte gerne 10 Liter mit 100µg/l IL3 und 20Liter mit 50µg/l IL3. Das gleiche dann noch mal für 100ng/l, einen extra Kühlraum habe ich schon eingerichtet.“

Nette Idee, aber eine 1/1000 Verdünnung ist manchmal doch einfacher...

Unglückliche Zellen

Neu war den Studenten auch die Tatsache, dass Zellen glücklich oder unglücklich aussehen können. Unter dem Mikroskop suchten sie dann die glücklichen Zellen und stellten fest, dass keine, aber auch gar keine der Zellen ein Lächeln im Gesicht hatte. Meines schwand mit jedem weiteren Praktikumstag.

Aber auch diese Woche geht einmal zu Ende und man muss feststellen, dass die Vorbereitung dann doch schlimmer war als der Kurs selbst, und dass sich die Studenten nach anfänglichem Streik sogar dazu bereit erklärt hatten, sämtliche Verdünnungen auszurechnen.

Das Leben danach

Manchmal kommt man dann auch ins Gespräch, und so kam es, dass einer der Studenten mich fragte, ob ich denn schon weiß, was ich mal machen will, wenn ich fertig bin?

Wie, fertig? Sah ich schon so mitgenommen aus, oder worauf wollte er hinaus? Bis ich begriff, dass er mich für eine Doktorandin hielt, und er lediglich wissen wollte, wie mein beruflicher Weg denn aussähe. Darauf konnte ich natürlich nur antworteten: Ich bin schon fertig!



Letzte Änderungen: 01.08.2018