Editorial

Genome & Ökologie

Publikationsanalyse 2007-2010: Bakterien- und Archaeenforschung (Mikrobiologie)
von Lara Winckler, Laborjournal 05/2013


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Foto: oliverfiction96/Fotolia

Die Mikrobenökologen und -genomiker sind weiter auf dem Vormarsch. Bremen ist stärkste Stadt, dicht gefolgt von Wien und Braunschweig.

Mikroben haben eines gemeinsam: sie sind klein. So klein, dass man die einzelnen Vertreter mit unbewaffnetem Auge nicht mehr erkennen kann. Zu ihnen zählen Bakterien und Archaeen, aber auch Eukaryoten – Protozoen, Pilze, Algen – und Viren.In diesen Vergleich haben wir nur diejenigen Mikrobiologen aufgenommen, die sich hauptsächlich mit der Erforschung von ­Archaeen und Bakterien befassen. Pflanzen-, Pilz- und Virenforscher betrachten wir in eigenen Publikationsanalysen.

Medizinische Relevanz

Nun kann man Bakterien und Archaeen aus verschiedenen Richtungen angehen. Aus ökologischer Sicht – welchen Einfluss haben sie etwa auf die Anpassungsfähigkeit von Pflanzen und Tieren –, auf Basis des Genoms – wer ist mit wem verwandt und seit wann – oder vom immunologischen Standpunkt aus – wie reagiert das Immunsystem auf sie, wie lösen sie Infektionen aus? Aus letzterer ergeben sich besonders zu Immunologen und einigen Medizinern Abgrenzungsprobleme. In unsicheren Fällen hat es sich bewährt, die Journals zu Rate zu ziehen, in denen der Kandidat in erster Linie veröffentlicht. Sucht er seine Leser eher unter den Immunologen, schreibt er vor allem für Mediziner – oder sind es tatsächlich die Einzeller, um die es ihm geht, und die Mikrobiologen, mit denen er sich austauschen will?

Trotz so mancher Schwierigkeit bei der Auswahl und dem Anlegen strenger Kriterien haben es doch einige Immunologen und Mikroben-Mediziner unter die Top 50 geschafft. Unter ihnen findet sich Stefan Kaufmann (3.), Mikrobiologe, Immunologe und Gründungsdirektor des MPIs für Infektionsbiologie in Berlin. Sein Spezialgebiet ist die Immunabwehr von bakteriellen Pathogenen, speziell Tuberkuloseerregern – eine Expertise, die er mit Stefan Niemann (9.), Leiter der Forschungsgruppe Molekulare Mykobakteriologie am Forschungszentrum Borstel, gemeinsam hat.

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Andere Mediziner haben sich auf das Magenbakterium Helicobacter pylori spezialisiert, wie Manfred Rohde (6.), Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) Braunschweig, der die mikrobielle Pathogenese erforscht, oder Steffen Backert (48.), seit 2008 am Uni College in Dublin.

Wieder andere interessieren sich für enterohämorrhagische E. coli, wie die Münsteraner Helge Karch (18.) und Martina Bielaszewska (50.). Und einige Wissenschaftler versuchen zu verstehen, wie die molekulare Evolution der gefährlichen Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) ablief – etwa Alexander Friedrich (19.), seit 2009 an der Medizinischen Mikrobiologie der Universität Groningen.

Schwergewichtsverschiebung

Seit einigen Jahren finden sich auch immer mehr Genetiker und Bioinformatiker, die deren umfangreiche Datenpakete analysieren helfen, in Publikationsanalysen zu Disziplinen, mit denen sie per se erstmal nicht viel gemeinsam haben. Doch im Zuge der umfassenden genetischen Volkszählung halten sie auch in der Mikrobiologie Einzug, etwa um Methoden und Programme zur Sequenzierung ribosomaler RNA vorzustellen. Dazu gehören auch die Mikrobengenomiker um Frank-Oliver Glöckner (1.) vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, die u.a. den bis heute meistzitierten Artikel verfasst haben. Dieser wurde von der Community so stark zitiert, dass er nicht nur alle anderen Artikel weit hinter sich lässt, sondern fünf der Mitautoren einen Platz unter den Top 50 bescherte.

Das Schwergewicht dieses Vergleichs bilden jedoch die „anderen“ Bakterien- und Archaeenforscher. Die Mikrobiologen, die sich für Bodenbakterien und deren Interaktionen mit Pflanzen und Tieren interessieren – unter ihnen die Rhizosphärenforscherin Kornelia Smalla (27.), Julius-Kühn-Institut für Kulturpflanzenforschung Braunschweig. Oder die Mikrobenforscher, die sich für die marinen Bakteriengemeinschaften und deren Rolle im globalen Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf begeistern. Die durchaus auch mal einen Kubikmeter Meerwasser durchsequenzieren und alle neugefundenen Genome auflisten. Zu diesen zählt etwa Bernhard Fuchs (4.), Molekularökologe am Bremer MPI für Marine Mikrobiologie, der versucht, die Picoplankton-Populationen – zu denen auch die Meeresbaktrien und die Archaeen gehören – zu erfassen. Andere wiederum haben sich auf die Sammlung und Klassifizierung von Bakterien und Archaeen spezialisiert, wie Erko Stackebrandt (29.), Peter Schumann (38.) und Markus Goeker (39.) von der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ) Braunschweig.

Und dann wäre da noch der Pharmazeutische Biotechnologe Rolf Müller (15.), Uni Saarbrücken, der auf der Suche nach Naturstoffen etwa aus myxobakteriellen Sekundärmetaboliten ist.

In der Mikrobiologie geht die Tendenz weiterhin weg von der Medizin und hin zu ökologisch und vielleicht auch bioökonomisch relevanten Bakterien.



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Letzte Änderungen: 11.05.2013