Editorial

3D-Blick auf Biomoleküle

Zitationsvergleich 2004 bis 2007: Strukturbiologie
von Lara Winckler, Laborjournal 7/2010


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Bild: Fotolia/Mikhail Mishchenko

Strukturbiologen wandeln im Dreieck Biologie, Chemie und Physik und kommen damit sehr gut klar.

Strukturbiologen erforschen die Struktur von Biomolekülen, seien es kleine RNA-Moleküle oder große Proteine bis hin zu Proteinkomplexen. Dies mit Mikroskopen, Spektroskopen oder mit großen, teuren, futuristisch anmutenden Geräten, die teilweise so groß (und teuer) sind, dass für sie ein eigenes Institut gebaut wird. Zu diesem pilgern die Strukturforscher mitsamt ihren Forschungsobjekten oder ziehen gleich mit der ganzen Arbeitsgruppe hin.




Aufbau und Dynamik

So hat die Max-Planck-Gesellschaft am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg gleich drei Arbeitsgruppen eingerichtet, um die Synchrotronstrahlung des DESY für biologische Strukturaufklärung zu nutzen. Eine der AGs leitete bis 2004 die Pionierin der Strukturaufklärung an Ribosomen und Erfinderin der Cryo-Röntgenstrukturanalyse, Ada Yonath. 2009 erhielt Yonath gemeinsam mit Venkatraman Ramakrishnan und Thomas A. Steitz den Nobelpreis für Chemie „für die Studien zur Struktur und Funktion des Ribosoms“.

Um Nukleinsäuren und Proteine sowie deren komplexe Bewegungen und Faltungen darstellen zu können, werden für die Verarbeitung der gemessenen Rohdaten zudem immer leistungsstärkere Computer benötigt. Viele Strukturen werden gar komplett am Rechner kreiert – theoretische Formen, errechnet aus Primär- und Sekundärstrukturen der Peptidketten. Kein Wunder also, dass sich auch einige Bioinformatiker unter den Top 50 der deutschsprachigen Strukturbiologie der Jahre 2004 bis 2007 finden, wie der Leipziger RNA-Forscher Peter Stadler (1.), Luis Serrano (3.), ehemals Direktor am EMBL Heidelberg und seit 2006 in Barcelona, oder der Münchner Strukturgenomiker Dmitrij Frishman (16.).

Ebenso wenig verwunderlich, dass sich ein Großteil der Strukturbiologen aus der Chemie und Biochemie rekrutiert, die die betrachtete Proteinfunktion und -dynamik gleich in Korrelation setzen zu Struktur und Zusammensetzung.

Auch Biophysiker dürfen in diesem Vergleich nicht fehlen, wie Helmut Grubmüller (17.), MPI für Biophysikalische Chemie Göttingen, oder Peter Güntert (44.), der in Frankfurt NMR-basiert und rechnergestützt Struktur, Dynamik und Funktion von Biomolekülen untersucht. Dies auch in lebenden Zellen: Die erste dreidimensionale Proteinstruktur, die ausschließlich auf der Basis von Messungen in lebenden Zellen entstand, gehört zu dem Thermus thermophilus-Protein TTHA1718. Wie die meisten seiner Artikel entstand auch dieser in Günterts Zeit am RIKEN Genomic Sciences Center in Yokohama.

Dieses Umherspazieren im Dreieck Biologie, Chemie und Physik spiegelt sich in den meistzitierten Artikeln wider: Die Community fand einen Nature-Artikel der Berliner Biologen um Wolfram Saenger (6.) und Jan Kern (12.) zur hochaufgelösten Struktur von Photosystem II so interessant, dass sie ihn über 600 mal zitierte. Nur ein Artikel zum modularen Aufbau der Proteine in Hefe mit Robert Russell (2.) als Co-Autor sammelte noch ein paar Zitierungen mehr – obwohl er erst ein Jahr später erschien – und ist damit klarer Platz 1 der bis heute meistzitierten Strukturbiologie-Artikel der Jahre 2004 bis 2007.

Mit weitem Abstand folgt ein Artikel der Biophysiker um Helmut Grubmüller auf Platz 3 und ein Artikel zum Protein­verkehr zwischen Zellmembran und Golgi-Apparat aus der Gruppe um Alfred Wittinghofer (22.) auf Platz 4.


Strukturbio-Hot Spots

Bei der Forschersuche zum Thema Strukturbiologie in der Datenbank ISI Web of Science stößt die Analyse auf ein Problem: Zum einen hat ISI keine entsprechende Kategorie eingerichtet, obwohl es durchaus einschlägige Journals gibt – man denke nur an Nature structural & molecular biology. Zum anderem tummeln sich, hat man schließlich sämtliche Strukturbiologie-Journals beisammen, allerhand Physiker, Biochemiker und Molekularbiologen auf der Liste, die sich, wenn überhaupt, nur ganz am Rande mit Biomolekülstrukturen beschäftigen.

Ist es gelungen, die wenigen „echten“ Strukturbiologen herauszufischen, ergibt sich eine bunt gemischte Liste, mit einigen auffallenden Strukturbiologie-Hot Spots: Forscher an den drei „heißen“ Strukturbiologie-Instituten – Maurice E. Müller-Institut am Basler Biozentrum, MPI für Biochemie in Martinsried und DESY in Hamburg – haben gute Karten, starkzitierte Artikel zu sammeln. Unter den „heißen“ Städten belegen Berlin, Göttingen, München und Zürich Top-Plätze – alle vier entsenden sechs Top-50-Strukturbiologen.


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Letzte Änderungen: 10.08.2010