Moleküle in 3D

Zitationsvergleich 2000 bis 2003: Strukturbiologie
von Lara Winckler, Laborjournal 06/2006


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Ranking Strukturbiologie
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Editorial
Die Genomsequenzen von Drosophila, Zebrafisch und Mensch sind bekannt, und damit auch die Primärstrukturen der Proteine. Nun verlagert sich der Fokus auf die Erforschung der Sekundär- und Tertiärstrukturen, um so die Proteinfunktionen und -interaktionen zu klären. Ein Großteil der Strukturbiologen konzentriert sich am DESY in Hamburg, denn dort produziert ein Teilchenbeschleuniger die intensive und stark gebündelte Röntgenstrahlung, die für die Aufklärung von Proteinstrukturen unverzichtbar ist.

Die Strukturbiologie befasst sich mit der dreidimensionalen Struktur biologischer Makromoleküle und ihrer Komplexe, um anhand dieser Rückschlüsse auf die biologische Aktivität zu ziehen. Dabei kommen verschiedene physikalische Methoden zur experimentellen Strukturbestimmung zum Einsatz, allen voran die Röntgenstrukturanalyse, bislang die Methode der Wahl zur Aufklärung von 3D-Strukturen. Sie erfordert allerdings riesige Molekülmengen und ist mit großem Aufwand verbunden.
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Zudem ist die Kristallisation nur bei der Hälfte der Biomoleküle überhaupt möglich. Daher wird sie zunehmend ergänzt durch die Kernresonanzspektroskopie (NMR), welche Strukturen und deren Dynamik in Lösung beschreibt, sowie durch die Elektronenmikroskopie (EM). Besonders die Kryoelektronenmikroskopie ermöglicht Einblicke in makromolekulare Komplexe von nahezu atomarer Auflösung.


Schnelle Teilchen

Am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg wird in Teilchenbeschleunigern intensive, stark gebündelte Strahlung erzeugt, deren Spektrum von Infrarot bis zur Röntgenstrahlung reicht. Neben vielen anderen versammeln sich daher auch Strukturbiologen am DESY, denn diese kurzwellige Röntgenstrahlung ist unverzichtbar bei der detaillierten Aufklärung der komplexen Struktur von Biomolekülen.

Das European Molecular Biology Lab (EMBL) hat daher eine Außenstation am DESY gegründet, an der Michael H.J. Koch (23.), Dmitri I. Svergun (29.) und Victor S. Lamzin (44.) Proteindomänen erforschen. Auch die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) hat am DESY Arbeitsgruppen eingerichtet. Neun Mitarbeiter der MP-AGs für Strukturelle Molekularbiologie sind in diesem Zitationsvergleich vertreten. Mit dabei sind die Ribosomenstrukturforscher Ada E. Yonath (12.) - sie betreibt mittlerweile in Israel am Weizmann Institute of Science Strukturbiologie - und Frank Schlünzen (11.). Des weiteren die Zytoskelettforscher Eva-Maria Mandelkow (25.) und Eckard Mandelkow (45.), und die Proteindynamiker Hans-Dieter Bartunik (22.) und Gleb P. Bourenkov (28.), die ihre meistzitierten Artikel zusammen mit Strukturforschern vom MPI für Biochemie Martinsried veröffentlicht haben.

Insgesamt vier Martinsrieder gehören zu den meistzitierten Strukturbiologen, zwei von ihnen schafften es unter die Top 10: Luis Moroder (6.) und der inzwischen emeritierte ehemalige MPI-Direktor Robert Huber (1.). Huber wurde 1988 gemeinsam mit Hartmut Michel vom MPI für Biophysik Frankfurt und Johan Deisenhofer, Uni Dallas, für die Bestimmung der 3D-Struktur des Photosynthese-Reaktionszentrums mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.

Die Kristallstruktur von Photosystem II ist auch Thema des meistzitierten Papers in diesem Zitationsvergleich. Es stammt von der Kristallographie-Arbeitsgruppe um Wolfram Saenger (4.) am Institut für Chemie der TU Berlin.


Wer fehlt?

Die Schweizerischen Strukturbiologen behaupten sich unter den Top 10: Andreas Engel vom Maurice E. Müller-Institut für Mikroskopische Strukturbiologie am Biozentrum der Uni Basel belegt Platz 2, seine Kollegen Ueli Aebi (31.) und Daniel J. Müller (34.) bilden ein stabiles Mittelfeld. Auch ETH und Uni Zürich schicken Forscher ins Rennen, gleich drei besteigen das Top 10-Treppchen: Kurt Wüthrich (3.) (Nobelpreisträger Chemie 2002 und mittlerweile am Scripps in La Jolla) untersucht Strukturen mittels NMR, Andreas Plückthun (7.) konstruiert Proteine im Teströhrchen; Wilfried van Gunsteren (10.) ist spezialisiert auf die Simulation des Verhaltens biomolekularer Systeme am Computer.

Österreichische Forscher hingegen sucht man vergeblich im vorliegenden Ranking. Dennoch gibt es sie, die österreichische Strukturbiologie: In Wien am Institut für Theoretische Chemie und Strukturbiologie, dessen Vorstand Peter Schuster im Oktober den Vorsitz über die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) übernehmen wird, sowie an der Karl-Franzens-Uni Graz am Institut für Chemie.


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Letzte Änderungen: 12.06.2006