Editorial

Ein wenig Juckreiz

Zitationsvergleich 1997 bis 1999: Hautforschung
von Ralf Neumann, Laborjournal 11/2002


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Wie viele Disziplinen reicht auch die Hautforschung je nach Problem in andere Felder hinein – in die Immunologie etwa oder die Tumorforschung. Eine Kombination gerade aus diesen Fächern brachte im Bewertungszeitraum 1997-99 einen echten "Zitationshammer", der die Statistik klar dominiert.

In keiner Disziplin bisher thronte eine einzige Publikation derart weit über dem Zitationsvergleich wie in der Dermatologie. Gemeint ist das Paper Nature Medicine 4:328-332 in der Märzausgabe 1998. Darin beschreiben vier Zürcher, vier Heidelberg/Mannheimer und ein Erlanger Hautforscher die Vakzinierung von Melanompatienten mit speziell auf die Tumorzellen "heißgemachten" Dendritischen Zellen. Über 900mal wurde dieses Paper in den nachfolgenden viereinhalb Jahren zitiert – und bei der aktuellen Zitationsdynamik stehen die Chancen nicht schlecht, dass es noch dieses Jahr die Tausendergrenze überschreitet.

Mit diesem Paper ist zugleich auch ein aktuelles Top-Thema der Hautforschung genannt, eben jene Vakzinierungsversuche von Hautkrebs-Patienten mit Dendritischen Zellen. Auch das Paper mit den drittmeisten Zitierungen sowie der am zweithäufigsten zitierte Review – an beiden war der Erlanger Hautklinik-Direktor Gerold Schuler maßgeblich beteiligt – drehen sich darum.

Das erwähnte "Überflieger-Paper" sorgt bei der "Köpfe-Wertung" jedoch für ein wenig Juckreiz: Jeder einzelne der Koautoren landet allein schon wegen der überragenden Zitierungen dieses einzelnen Artikels auf einem Spitzenplatz. Das trifft insbesondere auf das "Treppchen" zu, welches komplett von Beteiligten an der Vakzinierungsstudie besetzt ist: Der Leitende Arzt Reinhard Dummer samt seinem Direktor Günter Burg vom Universitätsspital Zürich auf den Plätzen 1 und 2, sowie der Erlanger Oberarzt Stephan Grabbe auf dem dritten Platz. Die übrigen Koautoren folgen dicht dahinter: Letztautor Dirk Schadendorf, Leiter der Klinischen Kooperationseinheit Dermatoonkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums DKFZ am Klinikum Mannheim, auf Platz 5; Erstautor Frank O. Nestle, ebenfalls Leitender Arzt an der Hautklinik des Universitätsspitals Zürich, auf Platz 8; sowie die weiteren Koautoren Yuansheng Sun (Heidelberg/Mannheim) und Michel Gilliet (Zürich) auf den Plätzen 11 beziehungsweise 15.

Natürlich kann man jetzt für jeden einzelnen Koautor darüber diskutieren, ob dessen jeweiliger Beitrag zu diesem Top-Paper es tatsächlich rechtfertigt, derart viele Zitierungen auf sein Zitationskonto zugeschlagen zu bekommen - um dadurch am Ende in unserer Liste soweit oben aufzutauchen. Wir jedoch können und wollen das im Einzelfall nicht prüfen. Man kommt nicht umhin, hierin liegt eindeutig eine Schwäche im Prinzip der Zitationsanalysen. Diejenigen, die sich in der Szene der deutschspachigen Hautforschung auskennen, werden das besser beurteilen können.


Frauen-freundliches Fach

Es macht aber demnach Sinn, diejenigen nochmals getrennt aufzulisten, die ohne Koautorenschaft auf dem Nature Medicine-Paper ganz vorne landeten. Da sind zunächst der Mainzer Leitende Oberarzt Alexander Enk auf Platz 4 und sein Klinikchef Jürgen Knop auf dem siebten Platz, die beide die meisten ihrer Zitierungen ebenfalls der Arbeit an Dendritischen Zellen verdanken (siehe nächste Seite, Plätze 5 und 8 bei den "meistzitierten Artikeln"). Desweiteren folgt auf Enk eine Phalanx von Klinikchefs – der Düsseldorfer Thomas Ruzicka (6.), der Hamburger Haar-Spezialist Ralf Paus (9.), der Kieler Enno Christophers (12.) und der Münsteraner Thomas Luger (13.) – und eine Klinikchefin: Eva-Bettina Bröcker, die als Leiterin der Hautklinik an der Uni Würzburg eine der ganz wenigen Frauen überhaupt auf einem Direktorenposten einer deutschsprachigen Universitätsklinik ist.

Gerade die Dermatologie erscheint indes noch als verhältnismäßig frauenfreundliche klinische Disziplin. Auf Platz 50 findet sich mit der Göttingerin Christine Neumann nochmals eine Klinik-Direktorin. Und noch fünf weitere Forscherinnen schafften es unter die Top 50: die Berlinerin Beate Henz (25.), die Zürcher Biochemikerin Sabine Werner (33.), die Mainzerin Kerstin Steinbrink (35.), die Kölnerin Karin Scharfetter-Kochanek (42.) sowie die Münsteranerin Leena Bruckner-Tuderman (44.).

Auch die "Top-Städte", die die meisten Forscher unter die Top 50 brachten, sind damit schon nahezu genannt. Zürich und Münster sind jeweils sechsmal vertreten. Wobei Münster sicherlich mit davon profitiert, dass die österreichische Ludwig-Boltzmann-Stiftung dort ihr "Institut für Zellbiologie und Immunbiologie der Haut" ansiedelte - eines der ganz wenigen Ludwig Boltzmann-Institute außerhalb Österreichs. Zudem betreibt die Münsteraner Uni neben der Hautklinik noch ein Institut für Experimentelle Dermatologie unter Leitung von Clemens Sorg (48.).

Drei weitere Städte sind mit je fünf Forschern vertreten: Berlin und Wien. Nimmt man zu letzteren noch den Grazer Helmut Kerl auf Platz 34 dazu, kommt man nicht umhin festzustellen, dass die Hautforschung offenbar eine der stärkeren medizinischen Disziplinen in der Alpenrepublik ist.





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Letzte Änderungen: 08.09.2004