Das wahre Anlitz des Geheimrats

Winfried Köppelle


Editorial

Rätsel
J. R. Petri um 1888. Foto: Archiv der HU Berlin

(03.02.2014) Was wäre Laborjournal ohne seine Leser! In akribischer Kleinarbeit gelang es ihnen, zwei bislang unbekannte Fotografien des Erfinders der Petri-Schale aufzuspüren.

Googeln Sie mal nach Julius Richard Petri. Sie werden wenig Biografisches, eine Menge Plastikschalen sowie das immer gleiche Portrait finden. Doch leider zeigt dieses nicht den Erfinder der nach ihm benannten Schale, sondern fast immer seinen berühmten Zeitgenossen Robert Koch (auch Alexander Fleming und ein südländisch aussehender Dandy mit Rolex-Armbanduhr tauchen als Treffer auf).

Editorial
Wikipedia mit Koch als Petri

Bis vor Kurzem prangte sogar in der deutschsprachigen Wikipedia-Biografie Petris fälschlicherweise ein Foto von Koch. Das kommt davon, wenn wissenschaftshistorisch Ahnungslose ein Online-Lexikon mitbetreuen. Was aber tun, wenn man fürs monatliche Laborjournal-Rätsel dringend ein Bild des Gesuchten (Petri) benötigt? Der Verfasser behalf sich fürs erste mit dem unkenntlich gemachten Antlitz eines Zeitgenossen Petris (siehe links) – und appellierte an die Leser, sich auf die Suche zu begeben und ihm zumindest nachträglich ein Foto des bis dato gesichtslosen Bakteriologen aus Berlin zukommen zu lassen.

Was soll man sagen – einige fühlten sich tatsächlich zur ehrenamtlichen Bildrecherche berufen. Etwa der Biologielehrer Hartwig Backenköhler vom Berufsschulzentrum Utbremen. Er aktivierte gleich einen kompletten Biologielaboranten-Kurs, dazu einen BTA-Assistentenkurs sowie eine Kollegin – letztlich leider ohne Ergebnis.

Erfolgreicher war eine Recherche, die der 90-jährige Münsteraner Eckard Buddecke veranlasste. Der Biochemiker kontaktierte seinen ehemaligen Mitarbeiter im Bundesgesundheitsamt, Jürgen Beckmann, und dieser wurde am Museum des Robert-Koch-Instituts fündig: Eine betriebsame RKI-Archivarin spürte in kurzer Zeit gleich zwei Gruppenfotos aus dem Jahre 1888 auf, die Julius Richard Petri zusammen mit seinem damaligen Chef Robert Koch sowie weiteren Kollegen zeigen. Unten haben wir eine dieser beiden Originalaufnahmen abgedruckt, oben links einen Ausschnitt daraus. So geschniegelt sah er also mit 36 Jahren aus, der Herr Petri!

Als Anerkennung für die erfolgreiche Sucharbeit erhalten die beiden Ex-Professoren Buddecke und Beckmann je ein Laborjournal-T-Shirt, ebenso Lehrer Backenköhler für sein Engagement. Wir werden ferner versuchen, das aufgefundene Petri-Portrait an passender Stelle in der Wikipedia-Enzyklopädie zu platzieren. Mal sehen, ob man uns lässt!

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Julius Richard Petri (vorne, 4. von links, mit Seehundbart) neben Robert Koch (vorne mitte) um 1888 in Berlin als Teilnehmer eines „bakteriologischen Kurses“.