Editorial

Vielseitige Badeanstalten
Produktübersicht: Wasser- und Schüttelwasserbädern

Wasserbäder im Überblickpdficon
Schüttelwasserbäder im Überblickpdficon

(09.03.2023) Es gibt kaum ein Gefäß, das man nicht in ein Wasserbad tauchen könnte, um den Inhalt bei einer konstanten Temperatur zu inkubieren. Zu den exotischeren gehören große Trommeln mit speziellen Folien für die Wasserbad-PCR.

Wasserbäder sind im wahrsten Sinne des Wortes die unscheinbaren grauen Mäuse unter den Laborgeräten. Das sachliche Grau der Edelstahlwannen, das hin und wieder durch ein paar Farbtupfer an den Gehäusewandungen aufgelockert wird, sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Wasserbäder dennoch zum essentiellen Inventar biowissenschaftlicher Labore gehören.

Schon in den Anfangszeiten der Biowissenschaften verwendeten Forscher und Forscherinnen Wasserbäder, um Proben auf Temperaturen zu erwärmen, die maximal bis zum Siedepunkt von Wasser reichten. Sie mussten die Bäder aber meist noch mit dem offenen Feuer eines Bunsenbrenners erhitzen (was nicht ganz ungefährlich war) und konnten die Bad-Temperatur nicht optimal kontrollieren.

Mit dem Aufkommen der Elektrizität verschwanden die Bunsenbrenner unter den Wannen jedoch und wurden durch elektrische Tauchsieder ersetzt, die in das Wasserbad eintauchten. Diese Bauweise findet man auch heute noch, etwa bei Badthermostaten, die häufig mit einem zusätzlichen kleinen Propeller ausgestattet sind, der das Wasser umwälzt.

DYI Wasserbad
Labor-Wasserbäder sehen auf den ersten Blick unscheinbar aus. Wie kompliziert ihre Regeltechnik ist, zeigt sich erst, wenn man versucht selbst eines zu bauen – was zum Beispiel auf dem Youtube-Kanal @robertssmorgasbord zu sehen ist. Foto: Robert's Smorgasbord

Platzsparende Flächenheizung

Der eingehängte Thermostat belegt aber einen ordentlichen Teil des kostbaren Platzes in der Wanne. Um diesen besser ausnutzen zu können, sind in vielen Wasserbädern elektrische Flächenheizungen in den Boden und die Wände der Edelstahlwanne integriert, die via Widerstandsthermometer und digitaler Regelelektronik die Wassertemperatur konstant halten. Meist schwankt die Bad-Temperatur nicht viel mehr als ein Zehntel Grad Celsius – vorausgesetzt die Wanne ist mit einem flachen oder dachförmigen Deckel aus Edelstahl oder Plastik abgedeckt, der die Verdunstung und damit den Wärmeverlust des Wassers minimiert.

Der vielleicht größte Trumpf von Wasserbädern ist neben der schonenden Temperierung und einfachen Handhabung die maximale Flexibilität bezüglich der verwendeten Reaktions- oder Inkubationsgefäße. Im Gegensatz zu Heizblöcken oder anderen festen Heizsystemen mit vorgegebenen Aufnahmen für spezifische Geometrien und Größen kann man in Wasserbädern praktisch alle Gefäße eintauchen, die man im Labor findet. Größere kommen direkt in die Wanne, für Reagenzgläser oder kleinere Röhrchen existiert ein riesiges Arsenal an passenden Halterungen und Racks, die in die Bäder gestellt oder eingehängt werden.

Zu den wenigen Nachteilen von Wasserbädern gehören Pfützen auf der Bench durch die Planscherei beim Hantieren mit den Gefäßen in den Wannen sowie gelegentliche Kontaminationen durch Mikroorganismen, die sich in dem warmen Wasser pudelwohl fühlen. Mit ein bisschen Umsicht, regelmäßigen Reinigungsintervallen und zur Not einem Spritzer Desinfektionsmittel hat man diese kleinen Handicaps jedoch schnell im Griff.

Wasserbad ohne Wasser

Wem das noch zu umständlich ist, der kann auch ganz auf Wasser verzichten und stattdessen kleine Metallkügelchen in die Wannen füllen. Die Temperaturübertragung ist mit den Beads zwar nicht ganz so gut wie mit Wasser, weil sie sich nicht so lückenlos an die Oberfläche der Gefäße anschmiegen wie eine Flüssigkeit. Die Gefahr von kleineren Überschwemmungen auf der Bench oder durch Kontaminationen des Wassers ist man mit ihnen aber endgültig los.

Kügelchen-Bäder haben aber noch einen weiteren Vorteil, der in Zeiten knapper und teurer Energie durchaus relevant ist: Ihr Stromverbrauch ist deutlich niedriger als der klassischer Wasserbäder. Einer Studie des britischen Spezialisten für Energieeinsparung im Labor Andy Evans zufolge senken Metallkügelchen den Energieverbrauch eines 8-Liter-Wasserbads bei 65 Grad Celsius um 72 Prozent verglichen mit einem älteren Standardwasserbad – und immerhin noch um 60 Prozent gegenüber einem energiesparenden modernen Wasserbad.

Wo sind die Stromfresser?

Allzu viel Einsparpotenzial sollte man sich von Wasserbädern aber dennoch nicht versprechen – die wahren Energiefresser im Labor verbergen sich an anderen Stellen. Zu diesem Schluss kam zumindest der Energiebeauftragte der Harvard University Quentin Gilly. Er fragte sich, ob bereits simple Verhaltensregeln für den Umgang mit Laborgeräten genügen, um Energie einzusparen, und startete ein Experiment (https://tinyurl.com/5n9x8d2c).

Als Versuchsobjekt wählte Gilly Marc Kirschners Labor an der Harvard University. Der ehemalige Chef des HMS Department of Systems Biology in Harvard ist zwar nicht mehr der Jüngste, er leitet aber immer noch eine Gruppe mit knapp zwanzig Forschern und Forscherinnen. Um zu ermitteln, wie viel Energie diese pro Arbeitstag im Labor verbrauchen, verband Gilly Thermocycler, Zentrifugen, Heizblock, Wasserbad, Pipetten-Ladestation, Schüttler und PCs der Gruppe mit Energiemessgeräten. Die kleinen über Wi-Fi mit einem PC kommunizierenden Stromzähler zeichneten viertelstündlich auf, wie viel Strom die angeschlossenen Laborgeräte aus den Steckdosen saugten. Nach zehn Arbeitstagen errechnete Gilly aus den erhaltenen Watt-Zahlen den durchschnittlichen täglichen Stromverbrauch der einzelnen Geräte, der als Basiswert für den weiteren Studienverlauf diente.

Vor Beginn der dritten Arbeitswoche versah er die Instrumente mit kleinen Zettelchen, die darauf hinwiesen, dass ihr Stromverbrauch überwacht wurde. Zudem sammelte Kirschners Labor-Manager vom Team Ideen zum Energiesparen und erhielt darüber hinaus von Gilly die Anweisung, nicht mehr benötigte Geräte am Abend zu überprüfen und wenn möglich auszuschalten. Nach diesen Instruktionen sammelten die Energiemessgeräte an fünf weiteren Arbeitstagen Daten zum täglichen Stromverbrauch von Kirschners Team.

Die größten Stromfresser waren der Thermocycler mit einem Verbrauch von 9.678 Watt pro Tag und eine große Zentrifuge, die ebenfalls mehr als 9.000 Watt pro Tag verschlang. Der PC verbrauchte noch etwa halb so viel Strom wie der Thermocycler, dicht gefolgt von einer kleinen Tischzentrifuge. Die zwei weiteren Mini-Zentrifugen, der Heizblock und das Wasserbad trugen relativ wenig zum Energieverbrauch des Kirschner-Labors bei, die Pipetten-Ladestation und der Schüttler fielen kaum ins Gewicht.

Interessant ist, wie sich der Energieverbrauch der Geräte nach den am Ende der zweiten Woche eingeführten Maßnahmen veränderte. In der dritten Woche sank er insgesamt um etwas mehr als die Hälfte, bei einzelnen Instrumenten wie dem Thermocycler sogar um siebzig Prozent. Der Strombedarf für das Wasserbad erhöhte sich hingegen um etwa dreißig Prozent. Dieser vermeintliche Widerspruch ist aber leicht zu erklären. Kirschners Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen schalteten das Wasserbad schon vor Gillys Experiment immer aus, wenn es nicht benutzt wurde, und ließen es nicht unnütz vor sich hindampfen. Das Einsparpotenzial war hier also gleich null, der höhere Stromverbrauch ist auf die etwas stärkere Frequentierung des Wasserbads in der dritten Woche zurückzuführen.

Eine etwas bessere Energiebilanz als klassische Thermocycler mit massiven Silberblöcken haben Wasserbad-Thermocycler. Diese Urform des Thermocyclers, die schon der Erfinder der PCR Karry Mullis vor vierzig Jahren benutzte, um seine PCR-Ansätze zyklisch aufzuheizen, gibt es tatsächlich noch – und an ihrem Prinzip hat sich seither auch nichts geändert. Wie zu Mullis' Zeiten wird das PCR-Gefäß in vielen Zyklen nacheinander in drei Wasserbäder getaucht, die auf die nötige Schmelz-, Annealing- und Extensionstemperatur aufgeheizt sind.

Das Ganze funktioniert inzwischen aber meist vollautomatisch und teils mit enorm hohem Durchsatz – der Spitzenreiter schafft über 200.000 PCRs in einem einzigen Durchgang. Dazu müssen allerdings zigtausende PCR-Ansätze auf einmal von einem Roboterarm in dem jeweiligen Wasserbad versenkt werden. Dies erreicht man zum Beispiel mit speziellen Körben, die weit über hundert 384-Well-Platten aufnehmen können, die dann mit einem Rutsch im Wasser landen. Noch viel mehr Wells für PCR-Ansätze enthalten sogenannte Array Tapes aus dünnem Plastik, die sich zusammenrollen lassen, und so in eine wasserdichte Trommel passen. Taucht der Roboter gleich drei Array-Tape-Trommeln in die Wasserbäder, finden darin über 200.000 PCRs parallel statt.

Die wuchtigen automatisierten Wasserbad-Thermocycler sind aber nur etwas für Labore mit riesigem PCR-Durchsatz, etwa in der Pharma-Industrie. Für den bescheideneren Bedarf akademischer Labore gibt es einfache Wasserbäder mit drei nebeneinandeliegenden individuell beheizbaren Wannen, die sich neben den üblichen Temperieraufgaben auch für die Wasserbad-PCR eignen.

PCR mit zwei Wasserbädern

Im Grunde genommen reichen aber auch schon zwei Wannen für eine Wasserbad-PCR. Wie man diese konfigurieren muss, ist in dem Paper einer chinesischen Gruppe zu lesen, die vor einem Jahr eine Wasserbad-RT-PCR vorstellte, mit der man SARS-CoV-2 und Influenza-B-Viren nachweisen kann (RSC Adv.12: 3437-44).

Das Team besorgte sich zwei Wasserbäder und installierte sie unter einem Roboterarm, der sich entlang der x- und z-Achse bewegen kann. An einem Ausleger des Arms montierten die Forscher und Forscherinnen eine Halterung für eine 96-Well-PCR-Platte, die der Robotor immer wieder kurz zunächst in das erste und dann in das zweite Wasserbad eintauchte. Die Temperatur des ersten Bads stellten die Chinesen auf 98 Grad Celsius ein, die des zweiten auf 53 Grad Celsius, bei der sowohl das Annealing der Primer als auch die Elongation funktioniert.

Danach optimierte die Gruppe die Inkubationszeiten der PCR-Ansätze während der einzelnen Zyklen. Die besten Ergebnisse erzielte sie mit 16 Sekunden bei 98 Grad Celsius und 12 Sekunden bei 53 Grad Celsius – die gesamte Prozedur aus reverser Transkription und vierzig PCR-Zyklen Amplifikation dauerte etwa eine halbe Stunde. Die amplifizierte Viren-RNA detektierten die Chinesen schließlich mit einem ziemlich ausgeklügelten Teststreifen.

Die auf den ersten Blick etwas antiquiert anmutende Wasserbad-PCR ist also immer noch konkurrenzfähig – und wer weiß, was man mit einem Wasserbad im Labor noch alles anstellen kann.

Wasserbäder im Überblickpdficon
Schüttelwasserbäder im Überblickpdficon


(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 03/2023, Stand: Februar 2023, alle Angaben ohne Gewähr)




Letzte Änderungen: 09.03.2023