Editorial

Da tut sich was!
Produktübersicht: Geräte für Western blots

Alle Produkte im Überblick pdficon


Britney Spears als Glücksbringerin für den Western Blot im Labor des Virusforschers Bryan Mounce an der Loyola University Chicago. Ob Britneys Beistand geholfen hat, verrät er leider nicht. Foto: Bryan Mounce

Lange Zeit hat sich an der Technik des Western Blots so gut wie nichts verändert. Doch in den letzten Jahren bringen neue Blot-Verfahren, die sich bei Kapillarelektrophorese und Mikrofluidik bedienen, neuen Schwung in den Western Blot.

Im Gegensatz zu Southern und Northern Blot, die beinahe ausgestorben sind, ist der Western Blot noch immer quietschfidel und zählt zu den wichtigsten Routinetechniken von Biowissenschaftlern. Nicht schlecht für ein Verfahren, das fast vierzig Jahre auf dem Buckel hat und nur unwesentlich jünger ist als Southern und Northern Blot. Erfunden wurde der Western Blot, bei dem Proteine von einem Gel auf eine Nitro­zellulose- oder PVDF-Membran übertragen werden, praktisch zeitgleich und unabhängig voneinander von George Stark, Neil Burnette sowie Harry Towbin.

Stark, der mit seiner Gruppe in Stanford Anfang der siebziger Jahre bereits den Northern Blot ausgetüftelt hatte, modelte das Northern Blot-Verfahren, das die Kapillarkräfte von puffergetränktem Filterpapier für die Übertragung von RNA auf eine Membran ausnutzte, für den Proteintransfer um. Sein simpler Filterpapier-Western Blot wird auch heute noch in seltenen (Spezial)fällen verwendet, dauert den meisten aber viel zu lange.

Anderes Labor, gleiche Idee

Neil Burnette, kam in den siebziger Jahren am Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle auf die Idee, den Proteintransfer auf eine Nitrozellulose-Folie mithilfe der Elektrophorese zu beschleunigen. Diesen Gedanken hatte auch Harry Towbin am Friedrich Miescher Institut in Basel. Towbin legte die Blotmembran luftblasenfrei auf das Gel, platzierte auf jeder Seite ein Schwammtuch (Pad) und spannte das Ganze mit Gummi­ringen zwischen zwei kleine Plastikgitter, die er von Mikro­pipetten-Boxen zweckentfremdet hatte. Das Blot-Sandwich stellte er schließlich zwischen Anode und Kathode eines mit Transferpuffer gefüllten elektrischen Gel-Entfärbers. Anschließend justierte er Spannung und Stromfluss für den Proteintransfer so, dass die Proteine zügig im elektrischen Feld aus dem Gel heraus auf die Blotmembran wanderten, ohne von der entstehenden Wärme verbruzelt zu wurden.

An dieser Tank-Blotting-Technik hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert – außer dass moderne Tank-Blotter etwas schicker aussehen als Towbins alter Gel-Entfärber. Tank-Blotting ist zwar deutlich schneller als Kapillar-Blotting, zwei bis drei Stunden muss man aber dennoch einrechnen.

Wesentlicher fixer geht die Sache mit Semi-Dry-Blottern, bei denen zwei extra ­dicke, mit Transferpuffer getränkte Filterpapiere für die nötige Beweglichkeit von Ionen und Proteinen sorgen. Gel und Blotmembran kommen zwischen die exakt auf Gelgröße zugeschnittenen Filterpapiere, anschließend wird das Blot-Sandwich horizontal zwischen zwei Flächenelektroden aus Graphit oder Karbon eingespannt. Im Idealfall kann der Strom nur über das fest zusammengepresste Blot-Sandwich von der Anode zur Kathode fließen, wodurch ein starkes elektrisches Feld entsteht, das die Proteine in entgegengesetzter Richtung auf die Blotmembran befördert. In Standard-Semi-Dry-Blottern dauert dies kaum länger als eine halbe Stunde, in speziellen Geräten, die Puffer mit höheren Ionenstärken sowie Netzgeräte mit stärkeren Stromflüssen verwenden, nicht mal zehn Minuten.

Ganz ohne zusätzliche Pufferlösungen kommen Trockenblotter aus, die nur wenige Minuten für den Proteintransfer benötigen. Die für den Stromtransport notwendigen Ionen stammen nicht aus puffergetränkten Filterpapieren, sondern aus einer dünnen Gelmatrix, die auf der Ober- und Unterseite des Blot-Sandwiches aus PAGE-Gel und Blotmembran platziert wird. Der Abstand zwischen den Elektroden ist hierdurch extrem gering. Dies führt zu einem sehr starken elektrischen Feld, das die Proteine in kürzester Zeit in Richtung Blotmembran transportiert. Zudem sind in Trockenblottern Kupfer- statt Graphit-Elektroden verbaut. Diese verhindern die Entwicklung von Sauerstoffblasen an der Kathode, die den Proteintransfer in üblichen Semi-Dry Blottern ausbremsen.

Proteintrennung in Kapillare

Trotz des beschleunigten Proteintransfers in Trockenblottern fressen konventionelle Western Blots von der Gel-Elektrophorese bis zur abschließenden Detektion mit Antikörpern, jede Menge Zeit, verbrauchen haufenweise teure Antikörper und sind nur eingeschränkt zur parallelen Analyse verschiedener Proteine (Multiplexing) geeignet. Clevere Forscher und Geräteentwickler dachten sich deshalb neue Western Blot-Verfahren aus, die auf der ­Kapillarelektrophorese (CE) basieren oder sich bei der Mikrofluidik bedienen.

Die Kapillar- oder Kapillargelelektrophorese wird schon seit gut vierzig Jahren für die schnelle Trennung von Proteinen verwendet. Auf die Idee, sie mit dem Western Blot zu kombinieren, kamen Wissenschaftler aber erst in den letzten Jahren. Einer der ersten, der sie verwirklichte, war der Chemiker und Endokrinologe Robert Kennedy von der Universität Michigan. 2011 stellte seine Gruppe ein Kapillarelektrophorese- oder kurz CE-Western Blot-System vor (Anal. Chem., 83, 1350-55). Die Funktionsweise von Kennedys CE-Blot ist sehr simpel: Nach der elektrophoretischen Trennung treten die Proteine aus der Kapillare aus und werden über einen kurzen Plastikschlauch am Kapillar-Ende direkt auf der Blotmembran deponiert. Damit die separierten Proteine nicht einfach auf einem großen Haufen auf der Membran landen, wird diese unter dem Plastikschlauch der Kapillare verschoben. Die Detektion der in Reih und Glied auf der Membran abgelegten Proteine erfolgt dann ähnlich wie beim klassischen Western mit farbmarkierten Antikörpern.

Western Blot ohne Blot

Zu den Protagonisten des CE-Westerns zählt auch Roger O‘Neill, der mit seinen Mitstreitern von der US-Firma Cell Biosciences, die inzwischen unter ProteinSimple firmiert, eine etwas andere, aber nicht minder clevere CE-Western-Strategie erfand: Die in der durchsichtigen Silika-Kapillare getrennten Proteine werden nicht auf eine Membran transferiert, sondern direkt in der Kapillare „geblottet“. Die Kapillare ist hierzu mit einem speziellen Gelmaterial gefüllt, das die Proteine nach dem Prinzip der isoelektrischen Fokussierung trennt. An ihrer Innenwand sind photoreaktive Gruppen untergebracht, die nach der Bestrahlung mit UV-Licht kovalente Bindungen mit den getrennten Proteinen eingehen und diese an Ort und Stelle festhalten.

Um die Proteine innerhalb der Kapillare mit der bei Western Blots üblichen Strategie aus primärem und sekundärem Antikörper zu detektieren, werden die Antikörper ganz einfach nacheinander durch die Kapillare gespült. Eine Kamera erfasst die optischen Signale des Zweit-Antikörpers und leitet sie zur weiteren Auswertung und Visualisierung an eine Recheneinheit weiter.

Verkleinert man die für den Western Blot nötigen Bauteile noch weiter, so landet man schließlich bei mikrofluidischen Western Blots, bei denen Elektrophorese und Blot in den winzigen Kanälen eines Glas- oder Plastik-Chips stattfinden. Zu den Spezialisten für diese µ-Western Blots zählt insbesondere Amy Herr von der Universität Berkeley in Kalifornien. Ihre Gruppe stellte schon 2012 ein ausgereiftes Konzept für einen µWestern vor. Dreh- und Angelpunkt des µWesterns ist ein Objektträger aus Glas, der dutzende parallel verlaufende Mikrokanäle enthält, die jeweils zwei runde Aussparungen von etwa zwei Millimeter Durchmesser miteinander verbinden. In die kleinen Öffnungen passen die Elektroden einer Platine, die als Anoden und Kathoden dienen. Füllt man eine Proteinlösung in die Reservoire und legt eine Spannung an, wandern die negativ geladenen Proteine in Richtung der positiv geladenen Anode.

Das ist an sich nichts Besonderes – Herrs Trick ist die Füllung der Mikrokanäle mit einem sogenannten PACT-(photoactive protein capture gel with tunable porosity)-Gel. Dieses besteht wie klassische PAGE-Gele aus Acryl­amid und dem Crosslinker Bis-Acrylamid, enthält jedoch noch zwei zusätzliche Substanzen. Eine sorgt dafür, dass das Gel in den Kanälen bei Bestrahlung mit blauem Licht durchgehend mit der gewünschten Porengröße polymerisiert. Die andere ist ein Benzophenon-Derivat, das ebenfalls photoreaktiv ist und unter UV-Licht kovalente Bindungen mit den getrennten Proteinen eingeht. Wie bei O‘Neills Kapillar­elektrophorese-System werden die Proteine hierdurch im Gel immobilisiert und anschließend in den Mikrokanälen mit Antikörpern detektiert.

Offener µ-Western

Auf diesem sehr cleveren Prinzip basieren sowohl Herrs 2014 vorgestellter EinzelZell-Western, den ProteinSimple ­weiter ­ent­wickelte und inzwischen unter dem Gerätenamen „Milo“ vermarktet, als auch ihr neues „offenes“ µ-Western-System. Im Gegensatz zu vielen anderen mikrofluidischen Systemen lässt sich dieses mit üblichen lithografischen Standardverfahren relativ einfach herstellen (Anal. Chem. 89, 9643-48). Man benötigt lediglich eine lithografisch fabrizierte Gießform, mit der man eine kleine Platte aus Polydimethylsiloxan (PDMS) mit zwei Mikrokanälen an der Unterseite herstellt, sowie eine Glasplatte in gleicher Größe.

Die Kanäle sind wie ein Kirchenkreuz angeordnet, mit einem kürzeren waagrechten und einem längeren senkrechten Kanal. An ihren Enden befinden sich kleine Vertiefungen (Wells), über die sie befüllt und an Elektroden angeschlossen werden. Vor dem „Gelgießen“ wird die PDMS-Platte auf der Glas-Scheibe platziert, um die Kanäle zu verschließen. Anschließend füllt man sie mit einer photoreaktiven PACT-Gel-Lösung, die nach einer kurzen Bestrahlung mit UV-Licht polymerisiert.

Der Clou ist, dass man in den waagrechten Mikrokanal sowie in einen kurzen Abschnitt des senkrechten Kanals ein offenporiges Sammel-Gel einbringt. Der restliche Teil wird mit engmaschigem Trenn-Gel versehen, ähnlich wie bei einer klassischen diskontinuierlichen PAGE.

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Beim klassischen Western Blot kann alles Mögliche schief­gehen. Hier haben offensichtlich eingeschlossene Luftblasen einen Teil des Blots ruiniert. Bei Kapillar­elektro­phorese oder mikro­fluidischen Blots kann dies nicht passieren. Statt die Proteine auf eine Membran zu blotten, werden sie direkt in der Kapillare oder dem Mikrokanal immobilisiert und mit Antikörpern detektiert. Foto: Shruti Gobbooru
Mikro-PAGE

Nachdem das PACT-Gel polymerisiert ist, lädt man die Proteinlösung in die Wells und legt eine Spannung an, um die Proteine elektrophoretisch zu trennen. Wie bei Herrs ursprünglichem System erfolgt die Immobilisierung der Proteine in der Gel-Matrix durch eine kurze Bestrahlung mit UV-Licht. Anschließend wird die PDMS-Platte von der ­Glasplatte­ abgenommen; die Detektion der Proteine in dem freiliegenden PACT-Gel erfolgt dann ähnlich wie beim klassischen Blot mit Erst- und Zweitantikörper.

Einen gänzlich anderen, aber ebenso interessanten Ansatz, den Western Blot zu modernisieren und für den Hochdurchsatz fit zu machen, veröffentlichte vor zwei Jahren eine Gruppe um Markus Templin von der Universität Tübingen (Nat. Commun. 23:12852).

Der sogenannte DigiWest des Tübinger Teams kombiniert den klassischen Western Blot mit Bead-basierten Immunoassays. Hierzu werden die Proteine zunächst ganz normal auf eine Membran geblottet und danach biotinyliert. Dann beginnt eine ziemlich wilde Schnippelei: Jede Protein-Bahn auf der Membran wird horizontal in 96, nur einen halben Millimeter breite Streifen geschnitten, die das Molekulargewichts-Spektrum von 12 kDa bis etwa 400 kDa abdecken. Die einzelnen Streifen kommen in die Wells einer 96-Well-Mikroplatte und werden mit einem Elutionspuffer versetzt, der die Proteine ablöst. Anschließend gibt man mit Neutravidin überzogene Kügelchen (Beads) hinzu, an die die biotinylierten Proteine binden.

Digitalisierter Western Blot

Der Trick dabei ist, dass in jedes Well ein Bead-Satz mit einer individuellen Farbkodierung pipettiert wird. Die unterschiedlichen Farben spiegeln die Molekulargewichte der geblotteten Proteine wider. Wirft man die 96 verschieden-farbigen Bead-Sätze in einen Topf, enthält dieser die komplette Protein-Bahn in „digitalisierter“ Form. Um einzelne Proteine daraus mit einem Immunoassay nachzuweisen, entnimmt man ein kleines Aliquot aus dem Topf, versetzt es mit einem Primär-Antikörper gegen ein gewünschtes Protein und gibt dann einen fluoreszierenden PE-gelabelten Sekundär-Antikörper hinzu.

Jetzt braucht man nur noch ein spezielles Durchflusszytometer, das die PE-Fluoreszenzsignale misst und sie einem farbkodierten Bead-Satz und damit einer bestimmten Molekulargewichts-Fraktion zuordnet. Die ausgewerteten Signale werden schließlich als Protein-Peaks gegen die Nummern der 96 Fraktionen aufgetragen. Heraus kommt eine Art Chromatogramm, auf dem die Position (Molekulargewicht) und die Stärke der Peaks (Proteinmenge) dargestellt ist.

Neben der Eignung für den Hochdurchsatz ist der extrem sparsame Probenverbrauch einer der wesentlichen Vorteile des DigiWest. Letztendlich erhält man mit ihm einen „verflüssigten“ Western Blot, aus dem man immer wieder kleine Aliquots für die Analyse mit unterschiedlichen Antikörpern entnehmen kann.

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(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 10/2018, Stand: September 2018, alle Angaben ohne Gewähr)




Letzte Änderungen: 10.10.2018