Editorial

DNA-Einbauhilfen
Produktübersicht: Klonierungs-Kits

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Wie am Fließband entwickeln Molekularbiologen immer ausgefeiltere ­Klonierungsmethoden.

Auch 41 Jahre nach der ersten Klonierung eines DNA-Fragments in ein Plasmid mit Hilfe des Restriktionsenzyms EcoRI und der T4 DNA-Ligase, durch Annie Chang, Bob Helling, Herb Boyer und Stanley Cohen, ist diese Klonierungs-Technik noch immer in vielen Laboren gebräuchlich. Restriktionsenzyme, die die nötigen glatten oder kohäsiven Enden an DNA-Fragment und Plasmid beziehungsweise Vektor schneiden, sind günstig zu haben und auch die DNA-Ligase ist ein Allerweltsenzym. Mit etwas Glück liegen auch die Schnittstellen auf den passenden Abschnitten des DNA-Fragments.

Was man bei der traditionellen Restriktionsenzym-abhängigen Klonierung mitbringen muss ist jedoch Geduld. Die arbeitsintensiven Einzelschritte benötigen viel Zeit und speziell bei Hochdurchsatz-Experimenten bremst die Ligase-abhängige Klonierung alle anderen Arbeitsschritte aus und macht deshalb wenig Sinn.

Es geht auch ohne Ligase

Mittlerweile existieren jedoch schneller und einfacher durchzuführende Ligase-unabhängige Klonierungsmethoden (LIC). Die Urform der LIC-Klonierung kreierten die zwei Mitarbeiter der Lawrence Livermore Laboratorien, Charalampos Aslanidis und Pieter J. de Jong schon 1990. Für die Herstellung einer DNA-Bibliothek entwickelten die zwei Forscher die sogenannte LIC-PCR, mit der sie schnell und unkompliziert PCR-Produkte in Plasmidvektoren integrieren konnten.

Hierzu amplifizierten sie zunächst den kompletten Vektor mit einer PCR und verwendeten hierbei Primer mit zwölf identischen Nukleotiden an den 5‘-Enden, die jedoch kein dGMP enthielten. Den resultierenden linearisierten Vektor, dem an den 3‘-Enden die dCMP-Reste fehlten, inkubierten sie anschließend mit der T4 DNA Polymerase in Gegenwart von dCTP.

Unter diesen Bedingungen arbeitet die T4 DNA-Polymerase als 3‘-5‘-Exonuklease, die solange Nukleotide von den 3‘-Enden abknabbert, bis sie auf den ersten dCMP-Rest stößt. Den gleichen Trick verwendeten Aslanidis und de Jong bei dem zu klonierenden DNA-Fragment. Hier setzten sie einen PCR-Primer ein, dessen 5‘-Ende komplementär zu dem 5‘-Ende des Vektor-Primers war. In diesem Fall fehlten an den 5‘-Enden also die dCMP-Reste (und damit die dGMP-Reste am komplementären Strang).

Immer neue Varianten

Das PCR-Produkt verdauten sie schließlich mit der T4 DNA-Polymerase in Gegenwart von dGTP, um auch hier überhängende Einzelstrang-Enden zu erzeugen. Im letzten Schritt der LIC-PCR hybridisierten sie schließlich die komplementären, kohäsiven Enden von DNA-Fragment und linearisiertem Vektor und verschmolzen sie zu einem ringförmigen Plasmid mit integriertem DNA-Fragment.

Aufbauend auf diesem äußerst cleveren Grundprinzip ersannen Forscher zahlreiche LIC-Varianten, wobei der Begriff LIC inzwischen auch generell für alternative, Ligations-unabhängige Klonierungs-Verfahren steht.

Aus dem Labor des Klonierungsexperten Stephen Elledge von der Harvard Medical School stammt zum Beispiel die SLIC-Methode (Sequence- and Ligation-independent Cloning), die im Grunde eine vereinfachte Version der LIC-Klonierung ist. Auch bei SLIC hängt man zunächst homologe Enden mittels PCR an DNA-Fragment und linearisierten Vektor. Die Verrenkungen mit dem fehlenden dGMP in den Primern sind hier aber nicht nötig. Die beiden PCR-Produkte inkubiert man in separaten Ansätzen ohne dNTPs mit der T4 DNA-Polymerase. Fehlen dNTPs so funktioniert das Enzym solange als 3‘-5‘-Exonuklase, bis man die Exonuklease-Aktivität durch die Zugabe von dCTP stoppt, sobald genügend Nukleotide entfernt sind. Die nach dem Mischen der DNA-Fragmente mit komplementären 5‘-Überhängen resultierenden ringförmigen Plasmide schleust man schließlich in E. coli-Zellen ein, die die bestehenden Lücken in den Strängen reparieren.

Eintopf-Reaktion

Ganz ähnlich funktioniert auch die Gibson-Assemblierung, die Daniel Gibson vom Craig-Venter-Institut 2009 zusammen mit seinen Kollegen austüftelte. Wie üblich startet das Ganze auch hier mit dem Anhängen von homologen Enden an den linearisierten Vektor und das DNA-Fragment mittels PCR. Anschließend wirft man die PCR-Produkte in einen Topf und rührt bei 50 °C noch etwas T5-Exonuklease, Phusion Polymerase und Taq-Ligase unter.

Die T5-Exonuklease zerkaut die 5‘-Enden der DNA-Stränge und produziert kohäsive Enden, die mit den jeweiligen homologen Gegenstücken hybridisieren. Die Phusion-Polymerase nutzt die neugepaarten Abschnitte als Primer und füllt die darin vorhandenen Lücken auf. Zum Schluss verknüpft die Taq-Ligase die Enden mit dem integrierten DNA-Fragment.

Bei der Gibson-Assemblierung passen die Bruchstück lückenlos ineinander, ohne „Narben“ zu hinterlassen, man spricht deshalb auch von einer nahtlosen Klonierungstechnik (Seamless Cloning).

Zu dieser Kategorie zählt auch die von Sylvestre Marillonets Gruppe am Biozentrum in Halle 2008 vorgestellte Golden-Gate-Klonierung. Los geht‘s auch hier mit einer PCR, um die Enden von Vektor und DNA-Fragment entsprechend zu präparieren. Hierzu versieht man diese mit der Erkennungssequenz für die Typ II-Endonuklease BsaI und einem Überhang von vier beliebigen Nukleotiden, der durch ein einzelnes Nukleotid von der Erkennungsstelle getrennt ist.

BsaI durchtrennt die DNA nach dem ersten Nukleotid hinter dem nicht palindromischen Erkennungsmotiv und hinterlässt hierbei ein vier Nukleotide-langes, überhängendes Ende. Da BsaI die eigene Erkennungssequenz kappt, muss diese am Ende positioniert sein und nach innen, in Richtung von DNA-Fragment beziehungsweise linearisiertem Vektor, zeigen. Die beim BsaI-Verdau entstandenen kohäsiven, homologen Enden verknüpft schließlich die im Reaktionsansatz mit enthaltene T4 DNA-Ligase.

Von der Golden-Gate-Klonierung existieren inzwischen verschiedene Varianten, wie etwa MoClo- und GoldenBraid-Klonierung. Neu in diesem Jahr hinzugekommen, sind die pHeavens-Door- und die IRDL-Klonierung, die das Prinzip der Golden-Gate-Klonierung mit dem molekularbiologischen Trick des Selbstmordgens kombinieren.

Ausgangspunkt der von Carsten Grötzingers Gruppe am Molekularen Krebsforschungszentrum der Berliner Charité Anfang des Jahres vorgestellten pHeavens-Door-Klonierung ist, wie beim ursprünglichen Golden Gate-Verfahren, die Herstellung von BsaI-Schnittstellen an den Enden des DNA-Fragments via PCR (siehe auch LJ 3/2014, Seite 83). Als Vektor dient hier jedoch ein Plasmid, das neben einem Kanamycin Resistenzgen ein von zwei BsaI-Erkennungsmotiven eingerahmtes ccdB-Selbstmordgen beherbergt.

Plasmid und PCR-Produkt verdaut man zunächst in Gegenwart von T4 DNA-Ligase mit BsaI. Anschließend schleust man den Reaktionsansatz in E. coli-Zellen ein und streicht diese auf Kanamycin-Platten aus. Auf diesen gedeihen nur E.coli-Zellen, die ein Plasmid enthalten, bei dem das ccdB-Gen durch das gewünschte Gen ersetzt wurde. Zellen mit religierten oder nicht verdauten Vektoren haben auf den Selektions-Platten keine Chance.

Mit Nullachtfünzehn-Enzymen

So clever die pHeavens-Door-Klonierung ist hat sie doch einen Nachteil: BsaI ist alles andere als billig. So erhält man zum Beispiel zum Preis einer Unit BsaI gut jeweils fünf Units der Restriktionsenzyme EcoRI oder XhoI.

Mit diesen beiden Nullachtfünfzehn-Enzymen funktioniert jedoch die IRDL (Improved Restriction Digestion-Ligation)-Klonierung, die eine chinesische Gruppe im September vorstellte (Wang et al., PLoS ONE 9(9): e107907).

Die IRDL-Klonierung ist mehr oder weniger eine Kopie der pHeavens-Door-Klonierung. Statt BsaI-Erkennungssequenzen an den Enden von Selbstmordgen und DNA-Fragment, verwendet man hier aber EcoRI- und XhoI-Schnittstellen. Das Ausschneiden von ccdB mit den Restriktionsenzymen EcoRI und XhoI ist nicht nur kostengünstig. Die zwei unterschiedlichen Schnittstellen geben gleichzeitig auch die richtige Orientierung des DNA-Fragments vor. Die Chinesen veranschlagen etwa fünf Minuten für Verdau und Ligation, die Effizienz der Klonierung liegt nach ihren Angaben bei nahezu 100 Prozent. Auch das Problem interner Restriktionsschnittstellen im gewünschten DNA-Fragment lässt sich, so Wang et al., umgehen.

Die IRDL-Methode hört sich also vielversprechend an und sollte einen Versuch wert sein. Wenn Sie dennoch auf Nummer sicher gehen wollen und Klonierungs-Kits handgemachten Protokollen vorziehen, finden Sie diese in großer Zahl und in unterschiedlichsten Ausführungen auf den nächsten Seiten.

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(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 11/2014, Stand: September 2014, alle Angaben ohne Gewähr)




Letzte Änderungen: 04.11.2014