Editorial

Immuncytochemische Proteinfärbung

Wie bringe ich meine Zellen zum Leuchten?

Julia Offe



Wie lokalisiert man das gesuchte Protein in der Zelle? Mit Antikörpern! Wie's geht, wo's hakt - die Hamburger Neurobiologin Julia Offe schildert es in diesem Beitrag.

Wer Zellen erforscht, kennt das Problem: Man will wissen, welche Funktion ein bestimmtes Protein hat und weiß eigentlich noch gar nichts darüber. In welchem Teil einer Zelle übt es sie überhaupt aus? Mit welchen anderen Proteinen interagiert es? Gerade bei Membranproteinen ist das interessant: Da kommen unter anderem so verschiedene Lokalisationen wie Plasma- oder Kernmembran, Golgi-Apparat oder Mitochondrien in Frage. Zusätzlich ändern viele Proteine ihre Lage auch in Abhängigkeit von der Expression anderer Proteine. Die Rettung wäre also eine Methode, mit der sich die intrazelluläre Lokalisation eines Proteins genau bestimmen lässt.

Und da drängt sich die Immuncytochemie nahezu auf. Mit dieser Methode wird das Protein über eine Antikörperreaktion in intakten, fixierten Zellen angefärbt, wobei in zwei Schritten vorgegangen wird: ein erster Antikörper erkennt das Protein, das einen interessiert. Durch einen zweiten Antikörper, der gegen den ersten gerichtet und zusätzlich an einen Fluoreszenzfarbstoff gekoppelt ist, wird das Protein dann sichtbar gemacht. Deshalb spricht man hierbei von indirekter Immunfluoreszenz. Dabei erhält man sehr schöne bunte Bilder, die viel eindrucksvoller aussehen als immer gleiche schwarze Banden. Wenn einem ein Fluoreszenzmikroskop und die dazugehörigen Filtersets zur Verfügung stehen, kann es losgehen.

Doch die schönste und teuerste Technik nützt nichts, wenn man keinen gut funktionierenden Antikörper gegen das Protein hat, um das es geht. Er sollte möglichst spezifisch sein und gleichzeitig hochaffin - sozusagen ein Traumantikörper. Diejenigen, die ihn haben, können sich glücklich schätzen. Meine Erfahrung ist aber, dass der Antikörper, der einem im Western Blot immer so schöne Banden beschert, sich beim Erkennen des gleichen Proteins in seiner nativ gefalteten Form häufig etwas zickiger anstellt. Man kann dem entgegenwirken und die Konzentration des Antikörpers in der Lösung erhöhen.

Richtiges Pech hat man aber, wenn das Epitop, also der Teil des Proteins, den der Antikörper erkennt, im Innern des gefalteten Proteins verborgen liegt. Oder das Zielprotein ist so glykosyliert, dass die Zuckerseitenketten den Antikörper daran hindern, bis zu seinem Epitop vorzudringen. In solchen Fällen nützt einem eine Erhöhung der Konzentration nichts, man könnte auch das unverdünnte Serum auf seine Zellen geben und käme trotzdem zu keinem Ergebnis. Bei einem prinzipiell freiliegenden Epitop steht aber dem Erstellen von hübschen Fluoreszenzbildchen (fast) nichts mehr im Wege.

Praktisch sind natürlich Kollegen, die die geeignete Konzentration des Antikörpers schon ausgetüftelt haben - sonst muss man wohl selber ran. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Antikörper in der Immuncytochemie höher konzentriert verwendet wird als für einem Western Blot: ob das jetzt aber zwei - oder zwanzigmal so hoch heisst, lässt sich nur empirisch beantworten. Erreicht man bei einer zwanzigfach höheren Konzentration als im Western Blot immer noch kein befriedigendes Signal, taugt dieser Antikörper für diesen Zweck einfach nicht. Dieser Tatsache muss man dann leider ins Auge blicken - und sich gleichzeitig nach einem anderen Antikörper umsehen.

Nicht minder ernst ist die Lage, wenn der Antikörper ein zu starkes Hintergrundsignal gibt. Eine gute Negativkontrolle ist deshalb unverzichtbar. Dazu braucht man also Zellen, von denen man weiß, dass sie das Protein nicht (oder fast nicht) exprimieren: wenn das bei der verwendeten Zelllinie der Fall ist, transfiziert man einfach welche mit seinem zu erforschenden Protein und nimmt die untransfizierten als Kontrolle. Perfekt und auch noch elegant ist natürlich, eine Zelllinie des gleichen Typs aus einem entsprechenden Knock-out-Organismus zu Verfügung zu haben und als Negativkontrolle verwenden zu können.


Sternenhimmel hilft nicht weiter

Auf den ersten Blick erkennen lässt sich die intrazelluläre Lokalisation nur, wenn sich das Protein hauptsächlich in der Plasmamembran oder im Kern aufhält. Dann sieht man einen leuchtenden Ring um die Zellmembran oder ein Signal genau dort, wo man im Durchlicht den Kern erkennt. Oft ist es aber anders. Im Mikroskop erkennt man eine Wolke von leuchtenden Pünktchen, die einem Sternenhimmel recht nahe kommen (siehe Abbildung!). Das sieht zwar äußerst ästhetisch aus, hilft aber nicht wirklich weiter. Glücklicherweise gibt es eine ganze Reihe von kommerziellen Antikörpern, die gegen Markerproteine vieler verschiedener Kompartimente gerichtet sind und helfen, diese zu identifizieren. So befindet sich die Protein-Disulfid-Isomerase nur im ER, das g-Adaptin nur im Golgi-Apparat und das Lysosom-assoziierte Membranprotein LAMP-1 in den Lysosomen. Zusätzlich gibt es für viele Vesikel spezifische Marker aus der großen Familie der Rab-GTPasen.

Wenn Zellkulturzellen das Forschungsobjekt sein sollen, müssen sie auf einen Objektträger gebracht werden, damit man sie sich im Mikroskop auch ansehen kann. Allerdings wachsen sie darauf nicht direkt, sondern werden auf den Deckgläschen ausgesät, das dann nach allen weiteren Schritten auf den Objektträger gekippt wird.


Verwöhnte Gesellen

Nicht alle Zelltypen wachsen auf allen Glastypen von Deckgläschen. Der Einfachheit halber probiert man es mit unbehandelten Deckgläschen aus: wenn die Zellen daran nicht nach wenigen Stunden angewachsen sind, ist die Oberfläche zu glatt, nicht völlig fettfrei oder passt den Zellen aus anderen Gründen nicht. Abhilfe schafft eine gründliche Behandlung mit verschiedenen Chemikalien. Manche Leute schwören auf das Waschen der Deckgläschen über Nacht in 1M Salzsäure, die die Oberfläche entfetten soll. Flüssigkeiten perlen dann nicht mehr ab, sondern benetzen die ganze Fläche. Andere erreichen den gleichen Effekt durch 1M Natronlauge über Nacht. Völlig entfettet werden die Gläschen auch durch ein Ultraschallbad von einer halben Stunde in reinem Aceton. Natürlich müssen sie danach sehr gründlich mit Wasser gewaschen werden.

Die Deckgläschen werden dann autoklaviert oder einzeln unter der Sterilwerkbank abgeflammt und in eine entsprechende Multiwell-Platte gelegt. Ich nehme dazu die Deckgläschen in die behandschuhte Hand und von da aus einzeln in die Pinzette. Wer mehr Geduld hat, kann die Gläschen auch einzeln mit der Pinzette aus der Verpackung nehmen. Sie werden dann kurz von beiden Seiten durch die Flamme gezogen und somit jeglichen Bakterien und Hefen der Garaus gemacht.

Wer sich nicht durch extreme Geschicklichkeit und eine hohe Frustrationsschwelle auszeichnet, sollte den Durchmesser der Deckgläschen 2-3 mm kleiner wählen als den der Wells auf der Platte. Man muss sie dort schließlich auch wieder herausbekommen und auf den Objektträger legen. Und wenn sie genau so groß sind wie die Wells brechen sie beim Rausfischen durch und man darf sie auf dem Objektträger erst wieder zusammenpuzzeln.

Noch ärgerlicher ist es, wenn man am Ende seiner Mühen feststellen muss, dass das Deckgläschen in der Multiwellplatte festklebt, weil es beim Einsortieren noch zu heiß war. Also Geduld, und es noch ein paar Sekunden abkühlen lassen! Um ganz sicher zu gehen, kippe ich die fertig bestückte Schale noch einmal und klopfe sie auf, um zu sehen, ob alle Deckgläschen in den Wells hin- und herrutschen.

Dann muss die richtige Zelldichte bestimmt werden - weil man die Zellen im Mikroskop einzeln und nicht in großen Zellverbänden sehen will, aber auch ausreichend Zellen zur Auswahl braucht, um sich die schönsten (oder eben typische) auszusuchen.


Zähltrick schont die Nerven

Dazu heißt es: Zellen zählen. Am besten geht das mit einer Neubauer-Zählkammer. Erstaunlicherweise habe ich noch nie jemanden kennen gelernt, der das nicht als eine nervige Tätigkeit empfindet, die nach Möglichkeit vermieden werden sollte. Doch ich kenne einen Ausweg: Man suspendiert die Zellen einer konfluent bewachsenen Zellkulturschale in einem bestimmten Volumen Medium (z.B. eine 10cm-Schale in 10 ml Medium). Von dieser Suspension dann einfach zu Beginn einen, zwei oder mehr Tropfen pro Well ausplattieren und darauf achten, in welchem hinterher die Kriterien am besten erfüllt sind. Meiner Erfahrung nach ist die Zelldichte bei gleicher Konfluenz auf der Platte und gleichem Volumen Medium, in dem suspendiert wird, sehr gut reproduzierbar. Das erspart das Zählen für immer.

Meistens transfiziert man die Zellen am Tag nach dem Ausplattieren: da es aber mindestens 16 Stunden dauert, bis das Protein in nachweisbarer Menge exprimiert wird, gilt es, die Vermehrung der Zellen beim Aussäen schon mit einzukalkulieren. Deswegen bietet es sich an, bei sich häufig teilenden Zelltypen die Zellen in einer anderen Kulturschale zu transfizieren und erst 1-2 Tage später auf die Deckgläschen umzusetzen. Nach wenigen Stunden sind sie dann fest genug adhäriert.

Wer es bis hierher schafft, hat schon die halbe Miete: die Zellen sind nicht zu dicht und nicht zu dünn und exprimieren das Protein des Interesses in ausreichender Menge. Und haften außerdem noch fest an Deckgläschen, die sich am Ende der darauf folgenden Prozeduren problemlos aus den Schalen heben und auf einen Objektträger verfrachten lassen.

Auch wenn es hierfür noch keine Lorbeeren gibt, das Ziel ist näher.


Letzte Änderungen: 05.12.2004