Editorial

Webportale zur Antikörpervalidierung

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Willy Bohr


Antikörper

Kommerzielle Antikörper binden nicht immer nur an die Ziele gegen die sie hergestellt wurden. Antikörper-Webportale sollen dabei helfen die Antikörper-Spreu vom Weizen zu trennen. 3Dciencia.com - visual life sciences.

Nicht selten erweisen sich gekaufte Antikörper als unspezifischer Schrott. Web-basierte Antikörperplattformen sollen die Suche nach brauchbaren Antikörpern erleichtern.

Fast jeder Biowissenschaftler hat schon die Erfahrung gemacht, dass der Antikörper eines kommerziellen Herstellers nicht so funktioniert wie er sollte. Egal wie sorgfältig man die Puffer für den jeweiligen Antikörper wählt und wie gewissenhaft man versucht, unspezifische Interaktionen mit Magermilchpulver, BSA oder Detergenzien wie Tween 20 zu unterdrücken: viele kommerzielle Antikörper binden an alles, nur nicht an die Protein-Epitope, die sie eigentlich erkennen sollten.

Geldvernichter

Das ist nicht nur ärgerlich sondern geht richtig ins Geld. In vielen biochemischen Laboren lagern Antikörper im Gegenwert von mehreren tausend Euro. Wenn nur ein Bruchteil davon nichts taugt, hat man im Nu einen Haufen Geld zum Fenster hinausgeschmissen.

Ein Grund für die vielen mangelhaften Antikörper ist das Fehlen eines universellen Standards zur Antikörper-Validierung. In den Beipackzetteln machen die Hersteller meist nur Angaben über die Spezifität des Antikörpers für ein bestimmtes Protein. Welche Kreuzreaktionen mit anderen Proteinen zu erwarten sind, erfährt man in der Regel aber genau so wenig, wie Details zur Gewinnung des Antikörpers.

Die Immunisierung der 'Antikörperlieferanten' wird häufig mit einem rekombinanten Fragment des Gesamtproteins durchgeführt. Oftmals spiegelt dieses aber nicht die exakte räumliche Struktur des nativen Proteins wider. Entsprechend mau ist dann die Bindung an das native Protein und die Spezifität.

Letztendlich kauft man sprichwörtlich die Katze im Sack, wenn man einen kommerziellen Antikörper bestellt. Dem Forscher bleibt deshalb nichts anderes übrig, als jeden neuen Antikörper im Labor zu validieren und selbst auf Spezifität und Reproduzierbarkeit zu testen.

Die Spezifität überprüft man in der Regel mit einem Western Blot. Optimale Negativkontrollen sind hierbei Knockout-Zellen, die das fragliche Protein nicht exprimieren; als Positivkontrollen dienen Zellen die mit dem Protein-codierenden Gen transfiziert sind und dieses überexprimieren. Da man selten beides parat hat, kann man die Negativkontrolle auch mit siRNAs erzeugen und siRNA-unbehandelte Zellen als Positivkontrolle verwenden (vorausgesetzt die Zelllinie exprimiert das entsprechende Protein).

Spezifisch und reproduzierbar

Wie reproduzierbar ein Antikörper Ergebnisse liefert, zeigt der Vergleich zwischen einem neuen und einem bereits seit längerer Zeit benutzten (und bereits validierten) Antikörper. Wenn hier, etwa bei einem Western Blot, Banden fehlen oder plötzlich neue auftauchen, ist in der Regel etwas faul. Die Art der Antikörper-Validierung hängt jedoch immer auch davon ab, ob der Antikörper zum Beispiel für die Arbeit mit Zellen oder Gewebeschnitten eingesetzt wird.

Genau genommen, müsste man jeden neuen Antikörper mit einem Test auf Spezifität und Reproduzierbarkeit prüfen, der auf den jeweiligen Einsatz des Antikörpers zugeschnitten ist. Vor lauter Antikörpervalidieren bliebe dann jedoch kaum noch Zeit für die eigentliche Forschungsarbeit.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma versprechen Webportale, Antikörper-Datenbanken oder Web-basierte Tools, die Informationen zur Qualität und Validierung von Antikörpern sammeln und den Benutzern zur Verfügung stellen. Viele dieser Antikörper-Portale und Tools stammen von Arbeitsgruppen, die schlechte Erfahrungen mit kommerziellen Antikörpern gemacht haben. Die Maßstäbe, die sie für die Validierung der Antikörper zugrunde legen sind aber recht unterschiedlich.

Antikörper-Portale lassen sich grob in drei Gruppen einteilen: Zur ersten gehören Portale bei denen die Antikörpersuche mit einer Art Meta-Suchmaschine über die Webseiten der Hersteller stattfindet und sich die Validierung nur auf die Herstellerangaben bezieht. In der zweiten finden sich Portale, die die hochgeladenen Daten und Informationen von Forschern mit den Herstellerangaben für die Antikörper kombinieren. Die dritte Gruppe sammelt und präsentiert die Validierungsdaten von Forschern.

Unterschiedliche Ansätze

Da die Portale nur eine begrenzte Anzahl von Anwendern haben, enthalten die beiden letztgenannten Gruppen nicht besonders viele validierte Antikörper. In der Regel muss man deshalb verschiedene Portale abklappern, um die gewünschten Infos zu einem Antikörper zu finden. Problematisch ist auch, dass die Webportale von den hochgeladenen Daten der Hersteller und Anwender abhängen, was die Standardisierung der Validierungs-Daten erschwert. Dennoch können Portale zur Antikörper-Validierung bei der Suche nach einem zuverlässig funktionierenden Antikörper helfen.

Zu den gängigsten Portalen zählen: Antibody Validation Database, paAbmAbs, Antibody Adviser, Antibody Resource und Antibodypedia.

Die Antibody Validation Database (compbio.med.harvard.edu/antibodies) hat die Arbeitsgruppe von Peter J. Park vom Zentrum für biomedizinische Informatik der Harvard Medical School auf die Beine gestellt. Die Webseite wirkt aufgeräumt, die Validierung der Antikörper wird nach vorgegebenen Kriterien mit Mindestsignalstärken durchgeführt. Leider ist die Datenbank nicht besonders umfangreich und enthält derzeit lediglich 261 Antikörper. Das Ergebnis ist jedoch sehr schnell aufrufbar, nicht-validierte (nach Kriterien der Arbeitsgruppe Park) Antikörper tauchen in der Liste nicht auf.

Schneller Überblick

pAbmAbs.com (www.pabmabs.com; siehe auch Lab Times 3/2014, Seite 48) stammt von einer Arbeitsgruppe der Aarhus Universität in Dänemark. Die Webseite soll dem Benutzer einen schnellen Überblick über die besten Antikörper für die jeweilige Anwendung geben. Das Portal wird jedoch auch von Biotech Firmen gesponsert.

Anwender bewerten Antikörper

Die Webseite Antibody Adviser (www.antibody-adviser.org) wurde von zwei Doktoranden an der Universität Lüttich in Belgien ins Leben gerufen. Sie soll Forschern die Suche nach Antikörpern erleichtern und listet eine Vielzahl von Antikörpern auf, die von Anwendern bewertet werden. Die Webseite führt aber keine Bilder oder Ergebnisse der mit den Antikörpern erhaltenen Versuche auf; die gemachten Erfahrungen werden von den Forschern mit Worten beschrieben.

Das Portal Antibody Resource (www.antibodyresource.com) ist eine zunächst verwirrend wirkende Datenbank, die etwas überladen erscheint. Die Antikörper sind je nach Einsatz sortiert, ausgewählte Antikörper können direkt über einen Hersteller-Link bestellt werden. Antibody Resource ist eine reine Datenbank, die Antikörper nach den Angaben der Hersteller auflistet. Der direkte Vergleich zwischen den Anbietern erleichtert den Antikörperkauf, den Antikörper testen beziehungsweise validieren muss jedoch der Anwender.

Validierungs-Standards

Die frei zugängliche Plattform ­Antibodypedia (www.antibodypedia.com)gibt Regeln für die Validierung der eingestellten Antikörper vor. Die biochemischen Anwendungen des gesuchten Antikörpers werden hier durch grüne Kreise mit unterschiedlicher Füllfläche gekennzeichnet, jenachdem ob es sich um Herstellerempfehlungen, Ergebnisse aus einem Beipackzettel oder hochgeladene Validierungen handelt. Die Liste mit den Ergebnissen kann man einengen und nach Belieben sortieren.

Antibodypedia wurde ursprünglich im Rahmen des 6. Forschungsrahmenprogramms Proteome Binders entwickelt und war Teilprojekt der Human Antibody Initiative.






Letzte Änderungen: 02.09.2014