Editorial

Schluss mit der Zettelwirtschaft

LIMS für Arbeitsgruppen

Thomas Reinard


Wenn Sie wieder einmal nicht wissen, wer Ihren Klonierungsvektor zuletzt benutzt hat und in welcher finsteren Ecke des Freezers er sich gerade versteckt, wird es höchste Zeit für ein Labormanagement-System.

In Biotechnikfirmen und Pharmaunternehmen sind computergestützte Labor-Informations- und Management-Systeme (LIMS) längst Standard. Sie verwalten und sichern die in den Laboren produzierten Daten und erleichtern die Qualitätskontrolle und Probenverfolgung. Für Forschergruppen an Universitäten und Instituten sind diese, für die festgelegten Arbeitsabläufe in Firmenlaboren konzipierten kommerziellen Systeme jedoch kaum geeignet.

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Hauptmenü von jooLIMS, das verschiedene Listen (LIMS) und einen Methoden- und Literaturteil enthält. Rechts ist die Nachrichtenseite zu sehen.

Kleinere universitäre Arbeitsgruppen erwarten von einem LIMS in erster Linie, dass es einfach zu bedienen ist und alle Informationen klar und anschaulich darstellt, da die Mitarbeiter häufig wechseln. Ein Arbeitsgruppen-LIMS sollte insbesondere die Verwaltung vorhandener Primer, Plasmide, Bakterienstämme, Enzyme, Antikörper oder Chemikalien erleichtern, um zum Beispiel Doppel-Bestellungen zu vermeiden. Zudem sollte es möglichst schnell und unkompliziert Informationen zu Bestellnummern, Verfallsdatum, Lagerort oder Anwendungshinweisen parat halten, damit sich auch ein neuer Mitarbeiter schnell im Labor zurecht finden kann. Wenn es dann auch noch in der Lage ist, die im Labor etablierten Methoden, die verfassten Master- und Doktorarbeiten sowie die für die Arbeit der Gruppe relevante Literatur zu verwalten, sind schon einige der wesentlichen Anforderungen an ein schlankes Arbeitsgruppen-LIMS erfüllt.

Trotz ihres unbestreitbaren Nutzens gibt es nur wenige LIM-Systeme, die sich speziell an universitäre Forschergruppen richten. Falls überhaupt ein LIM-System vorhanden ist, ist dies meist ein selbst gebasteltes System, das sehr eng an die Bedürfnisse des jeweiligen Labors angepasst ist. Häufig findet man auch nur mehr oder weniger gut gepflegte Excel-Tabellen, die meist nicht für jeden Mitarbeiter direkt einsehbar sind. Oft geistern auch mehrere Excel-Tabellen im Labor umher, die sich in ihren Inhalten leicht unterscheiden. Da diese Behelfs-LIMS weder effektiv noch anwenderfreundlich sind, führt an einer Server-basierten, einfach zu administrierenden LIMS-Lösung kein Weg vorbei.

PC als Server

Das hier vorgestellte System jooLIMS, das vom Leiter der AG Molekulare Biochemie am Institut für Pflanzengenetik in Hannover, Thomas Reinard, entwickelt wurde, basiert auf dem Content Management Programm Joomla. Joomla ist einfach und selbsterklärend zu bedienen und kann auch von einem Nicht-PC-Spezialisten nach kurzer Einarbeitung eingerichtet und verwaltet werden. Grundvorraussetzung ist ein PC, der als Server dient und den ganzen Tag läuft. Auf diesem wird das Programmpaket installiert. Alle anderen Computer des Instituts greifen dann über den Webbrowser auf jooLIMS zu, das bereits viele gängige Tabellen enthält. Da es als offenes System konzipiert ist, lässt sich jooLIMS auch leicht an die eigenen Bedürfnisse anpassen.

Erst ausprobieren

Mit einer lokalen jooLIMS-Version kann man das System zunächst testen. Dazu entpackt man nach dem Download die entsprechende zip-Datei (http://threinard.weebly.com/joolims.html), bei Windows-Rechnern zum Beispiel auf das Laufwerk D:\. Nun wechselt man in das Verzeichnis D:\xampp und startet die Datei xampp-control.exe. Die jooLIMS Webseite kann unter http://localhost/joolims im Browser aufgerufen werden. Will man das lokal installierte jooLIMS wieder entfernen, schließt man das XAMPP-Control Fenster (Exit) und löscht das Verzeichnis in das jooLIMS zuvor entpackt wurde (hier D:\XAMPP). Soll jooLIMS als Serverversion in der Arbeitsgruppe eingesetzt werden, sind einige weitere Einstellungen nötig, die in einer kurzen Anleitung unter www.reinard.de erläutert werden. Zudem sollte man die IT-Abteilung der Universität kontaktieren, damit diese jooLIMS eine IP-Adresse zuweist und die Firewall der Universität entsprechend anpasst.

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Eingabemaske für eine Methode. Die Texte können formatiert und ausgedruckt werden.

Verschiedene Menüs

Nun aber zu den Funktionen von jooLIMS, dessen Startseite sich dem Nutzer mit einer umfangreichen Menüleiste am linken Bildschirmrand präsentiert. Im Menü können verschiedene Punkte angewählt werden, wobei viele Tabellen etwa für Primer oder Antikörper schon eingerichtet sind. Als Untermenüs findet man zum Beispiel eine Methodensammlung, Weblinks zu wichtigen Ressourcen im Internet, ein Nachrichtenblog und nicht zuletzt die Nutzerverwaltung.

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Das Eintragen neuer Nutzer in das System erfordert nur Namen und Email-Adresse.

Ein Klick auf einen der Menüpunkte öffnet eine Tabelle mit den wichtigsten Daten. In den Spaltenköpfen sind Suchfelder integriert, und zu jedem Tabelleneintrag gehört ein Formular mit weiteren Details. Da jeder Mitarbeiter hier Daten ergänzen oder ändern darf – falls dies von der Arbeitsgruppe gewünscht ist – füllen sich die Tabellen mit ein wenig Labordisziplin fast von alleine.

Daten, die bereits in Excel-Tabellen vorliegen, kann man problemlos in jooLIMS importieren. Dabei ist es sinnvoll, die bereits vorhandene jooLIMS-Tabelle zu exportieren und die Excel-Daten durch die eigenen Daten zu ersetzen. Hierdurch wird die Tabelle als Komma-getrennte Datei aus Excel exportiert und in jooLIMS importiert.

jooLIMS arbeitet mit zwei Mitarbeiterlisten. Die Nutzerliste führt Personen samt Berechtigungen auf, die jooLIMS benutzen; eine zweite Liste enthält die Mitarbeiterdaten. Das hat zwar den Nachteil, dass einige Nutzerdaten doppelt erfasst werden müssen, andererseits ist auf diese Weise gewährleistet, dass die Daten des Nutzers auch nach dessen Ausscheiden aus dem Labor im System erhalten bleiben.

Einfache Administration

Ein wesentlicher Vorteil von jooLIMS ist die einfache Installation und Administration des Programms. Wenn keine weiteren Tabellen angelegt werden müssen, benötigt man den Administrator-Zugang zum sogenannten Backend nur für das Eintragen neuer Nutzer. Das Backend ruft man mit der Eingabe: http://localhost/joolims/administrator auf, die Anmeldung erfolgt mit dem Usernamen „admin“ und dem Passwort „lims“. Diese Daten sollten in der Serverversion natürlich geändert werden.

Für den Eintrag neuer Nutzer (Menü/Site/Benutzer) benötigt man nur Name und E-Mail-Adresse und ordnet anschließend die Rechte zu. In unserer Gruppe gilt zum Beispiel: Postdocs nehmen die Position eines Publishers ein, Doktoranden die eines Editors und Masterstudierende sind Autoren. Ansonsten benötigt man das Backend nur, wenn man neue Tabellen anlegen will, etwa eine Liste mit den Labor­tieren. Dazu ruft man unter Komponenten/Fabrik/Elemente die entsprechenden Seiten auf. Ist die neue Tabelle mit Formular und Elementen angelegt, muss man diese unter Menüs/Hauptmenü hinzufügen.

Videotutorial gibt Tipps

Dieser Artikel kann natürlich nur einen kurzen Abriss von jooLIMS vermitteln. Die Webseite www.reinard.de enthält ein Videotutorial, das die einzelnen Programmpunkte und Anwendungsmöglichkeiten näher erläutert. Dort finden Sie auch zahlreiche weitere Anleitungen und Tipps.

jooLIMS läuft in unserer Gruppe seit über zwei Jahren störungsfrei und wurde inzwischen um eine Liste für gentechnisch veränderte Organismen erweitert. Unter bestimmten Rahmenbedingungen kann diese sogar für Aufzeichnungen nach dem Gentechnikgesetz verwendet werden.






Letzte Änderungen: 31.05.2012