Bewegte Bilder in 3D

3D-Abbildungen

Katharina Hien & Steffen Rümpler


Editorial
3D
Sehen manchmal makaber aus, sind für Mediziner aber unentbehrlich: 3D-Darstellungen der Anatomie
3D-Animationen sind nicht nur ein Erfolgsgarant für Kino-Kassenschlager. Sie sind auch ein Segen für Wissenschaftler die damit Molekülstrukturen räumlich betrachten können. Ganz abgesehen davon sehen 3D-Bilder einfach gut aus.

Häufig stellen Wissenschaftler dreidimensionale Daten als räumliche Abbildungen dar. So berechnen zum Beispiel Forensiker oder Archäologen aus Knochenfunden Gesichter und Köpfe von Toten nach und visualisieren sie mit dreidimensionalen Abbildungen. Noch besser als starre 3D-Bilder sind dazu bewegliche Strukturen geeignet. Es fällt uns leichter, räumliche Anordnungen zu erkennen und einzuordnen, wenn wir eine Struktur aus mehreren Richtungen anschauen oder drehen können, als würden wir sie in der Hand halten. Mit beweglichen 3D-Bildern sind zudem "virtuelle Rundgänge" durch verschiedene Körper oder simulierte Fahrten durch Planetenmodelle oder über die Erdoberfläche möglich.
Editorial

Dreidimensionale Darstellungen sind nicht nur zum besseren Verständnis sinnvoll, sie dienen auch der räumlichen Orientierung. Chirurgen können mit ihnen zum Beispiel während einer Operation auf einem Bildschirm verfolgen, wo der zu entfernende Tumor sitzt und wo sich ihre Sonde oder ihr Skalpell gerade befindet. Diese Methode ist genauer und weniger invasiv als klassische Operationsmethoden. Molekularbiologen können die Funktion von Biomolekülen meist nur verstehen, wenn sie die räumliche Orientierung der molekularen Strukturen tatsächlich sehen. Dies funktioniert am Besten mit Stereobrillen und einer entsprechenden interaktiven Darstellung der Moleküle. Auf diese Weise suchen Wirkstoff-Forscher zum Beispiel nach Molekülgruppen, die das reaktive Zentrum eines Proteins mit großer Wahrscheinlichkeit hemmen oder daran binden.

Mit speziellen Programmen können Sie chemische Moleküle darstellen, miteinander in Beziehung setzen, dreidimensional darstellen und drucken. Dazu benötigen Sie zunächst Molekülbeschreibungsdateien. Das sind Textdateien, die für jedes Atom die Lage in x-, y- und z-Richtung eines Koordinatensystems definieren. Die Dateien haben unterschiedliche Formate und sind zunehmend im Internet erhältlich. Ein Beispiel dafür ist das PDB-Format der Protein Datenbank Brookhaven (www.pdb.org), die ein riesiges 3D-Daten-Depot für Proteine und Nukleinsäuren unterhält. Programme, mit denen Sie selbst solche Beschreibungsdateien generieren können, sind ChemSketch von ACD (englische Benutzerführung, siehe unten) oder Chemsite von Cornelsen (deutsche Benutzerführung).

Molekülbeschreibungsdateien können Sie mit passenden Programmen visualisieren. Für Dateien aus dem Internet bietet sich dazu das Browser-Plugin CHIME oder die Programme Rasmol oder RasTop, an. Letzteres ist die grafische Oberfläche zu Rasmol 2.7. Mit diesen Programmen lassen sich auch statische Bilder für die Ausgabe generieren, jedoch nur in Bildschirmauflösung. Für druckfähige Veröffentlichungen benötigen Sie die Hilfsprogramme Ghostview und Ghostscript, die Bilder in höherer Auflösung liefern. Rasmol und CHIME arbeiten mit dem sogenannten MIME-Standard (Multipurpose Internet Mail Extension). Ein drittes Bildbetrachtungs-Programm, der SWISS PDB-Viewer, nutzt zwar ebenfalls den MIME-Standard, kann darüber hinaus aber auch Dateien ausgeben, die das 3D-Grafikprogramm Povray lesen kann (siehe unten).

Interaktive Molekülmodelle kann man auch mit der Virtual Reality Modelling Language betrachten, die weiter unten beschrieben sind. Dazu brauchen Sie lediglich die entsprechenden Browser-Plugins von Blaxxun Contact oder von Cosmoplayer. Diese Plugins stellen aber keine Codierung der verschiedenen Molekülmodelle wie Draht-, Kugel-, Stab- oder Kalottenmodell zur Verfügung (jede Modellart benötigt eine separate Beschreibungsdatei). Darüber hinaus sind sie extrem Ressourcen fressend. Auf Java basierende Programme wie Chemsymphony sind die dritte Möglichkeit, Moleküle im Browser darzustellen. Die Nutzer dieser Programme müssen jedoch ausführbare Dateien vom Server auf ihren Rechner laden und gehen dadurch ein hohes Sicherheitsrisiko ein. Außerdem sind diese Programme zurzeit noch recht langsam. Um auf Ihrem Rechner statische, zweidimensionale Bilder und Molekülbeschreibungsdateien zu erzeugen, können Sie beispielsweise mit dem bereits oben erwähnten ChemSketch arbeiten. Mit ChemSketch lassen sich auch kompliziertere Moleküle mit Mehrfachbindungen zeichnen. Zudem stellt es viele Vorlagen zur Verfügung.

Antikörper



Die 3D-Computer-Grafikprogramme Povray und Povchem sind geeignet um aus Molekülbeschreibungsdateien dreidimensionale Molekülmodelle zu erstellen. Für Stab- und Kugelmodelle muss die Beschreibungsdatei Informationen zu den Bindungstypen enthalten, für Kalottenmodelle ist das nicht nötig. Povchem erzeugt ein Dateiformat, das Povray lesen kann. Mit diesem können Sie dann druckbare Bilddateien in hoher Qualität generieren.
Schädelknochen
Schädelknochen modelliert mit dem Programm
Cinema 4D

Scannen oder Modellieren

Wenn Sie keine Moleküle sondern nur Gegenstände darstellen wollen, haben Sie für die Erzeugung der 3D-Daten zwei Möglichkeiten: Entweder Sie scannen Ihr Objekt mit einem 3D-Scanner ein und bearbeiten die Daten weiter oder Sie modellieren mit Grafikprogrammen ein neues Objekt. Einen relativ günstigen 3D-Scanner bietet die Firma NextEngine an. Um damit Objekte dreidimensional ein zu scannen, positioniert man dieses bei normalem Licht auf einem Drehteller und schaltet die Laserstrahlen ein. Das Gerät legt im Makromodus ein extrem engmaschiges Netz mit 200 dpi über das Objekt. Während des Scannens fotografiert es außerdem die Oberfläche, um die entsprechenden Farben zu registrieren. Der Hersteller verspricht sehr saubere Daten, die nicht nachbearbeitet werden müssen, wie dies bei anderen Scannern der Fall ist. Zudem sind der Objektgröße, je nach Ausstattung, kaum Grenzen gesetzt.

Virtuelle Objekte können Sie mit professionellen Grafikprogrammen wie Cinema 4D oder 3D Studio Max beziehungsweise der kostenlosen OpenSource-Konkurrenz Blender (www.blender.org) modellieren. Diese Tools bieten einige vorgefertigte Objekte sowie verschiedene Beleuchtungsmöglichkeiten, Oberflächentexturen und Animationen. Alle drei Programme erfordern jedoch eine intensive Einarbeitung, da sie sehr umfangreich sind. Das Austausch-Datenformat zwischen vielen 3D-Modellierungs-Programmen nennt sich VRML (Virtual Reality Modeling Language) - eine Beschreibungssprache ähnlich HTML für 3D-Darstellungen im Web mit der Dateiendung ".wrl". VRML enthält Informationen zur Geometrie, Beleuchtung, Animation und Interaktionsmöglichkeit der dargestellten Objekte. Das Bild selbst generiert der Computer des Betrachters in Echtzeit aus den berechneten Daten.

Die Visualisierung komplexer Szenen stellt hohe Anforderungen an Hardware und Internet-Übertragungsraten. Wenn Sie aufwendige Computer-Berechnungen umgehen wollen, sollten Sie Dateiformate wie QuickTime (Dateiendung .mov) oder Audio Video Interleaved (Dateiendung .avi) generieren. Diese muss man zum Betrachten "nur" auf den eigenen Rechner herunter laden. Dabei spielt der Computer die Datei in der Regel bereits ab. Bei sehr langsamen Verbindungen kann es hierbei zu Stopps in der Präsentation kommen. Sobald die Datei jedoch vollständig im temporären Ordner des Rechners gelandet ist, können Sie sie durchgängig abspielen.


Letzte Änderungen: 09.02.2008