Klein, aber fein

Forschen in der Schweiz
Ralf Schreck, Laborjournal 09/2019


Editorial

Die Schweiz rockt: Spitzenpositionen in internationalen Universitäts- und Innovationsrankings sind an der Tagesordnung. Doch was bedeutet dies für den wissenschaftlichen Nachwuchs? Wie sind die Chancen auf eine erfolgreiche Forscherkarriere? Was können andere Länder von der Alpenrepublik lernen? Laborjournal zeigt, wie die Schweizer Uhren ticken.

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Fotos und Montage: LJ
Nicht nur Schmelzkäse und Birchermüesli

Löslicher Kaffee, Würfelzucker, Reiß- und Klettverschluss, E-Gitarre, PC-Maus, Alufolie, Pürierstab oder Sparschäler. Diese willkürliche Aufzählung dokumentiert nur beispielhaft den Erfindergeist und das Innovationspotential der Eidgenossen. Aber auch jenseits der praktischen Anwendung wurde mit Schweizer Beteiligung Bemerkenswertes geleistet – wie mit der Entdeckung der DNA durch Friedrich Miescher (1869) oder des Pesterregers durch Alexandre Yersin (1894), der Erstsynthese von LSD durch Albert Hofmann (1938) oder von Glyphosat durch Henri Martin (1950) sowie der Isolierung und Anwendung von Restriktionsenzymen in den Sechzigern durch Werner Arber.

Kaum verwunderlich daher, dass die Schweiz mit rund 950 Anmeldungen pro Million Einwohner die Statistik beim Europäischen Patentamt deutlich anführt. Zu den Spitzenanmeldern gehören Hoffmann-La Roche und Novartis (Pharma), Nestlé (Lebensmittel) und ABB (Energie, Automatisierung).

Editorial

Der wohl bekannteste Patentprüfer der Schweiz war Albert Einstein, der zwischen 1902 und 1909 im damaligen Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum in Bern eine erste feste Anstellung fand. Er schätzte das Amt als „weltliches Kloster, wo ich meine schönsten Gedanken ausgebrütet habe.“ In diese Zeit fallen auch seine Veröffentlichungen zur speziellen Relativitätstheorie oder zum photoelektrischen Effekt, für den er später den Nobelpreis erhielt.

Damit war Einstein einer von 28 Schweizern, denen diese Ehre bisher zuteilwurde: Darunter Mediziner wie Edmond Fischer (1992) oder Rolf Zinkernagel (1996), Chemiker wie Kurt Wüthrich (2002) oder Jacques ­Dubochet­­ (2017) sowie Physiker wie Heinrich Rohrer (1986) oder Karl Müller (1987). Mit nur 8,5 Millionen Einwohnern ist die Schweiz hinsichtlich der „Preisträgerdichte“ weltweit führend, wenn man Kleinststaaten mit nur einem Laureaten unterschlägt.

Alles tipptopp

Erfindungen und Nobelpreise wachsen jedoch auch in der Schweiz nicht auf Bäumen. Eine wichtige Basis hierfür ist das exzellente schweizerische Hochschulsystem, das im Kern aus zwölf Universitäten und zehn Fachhochschulen besteht. Hervorzuheben sind dabei die guten Platzierungen der beiden dominierenden Eidgenössischen Technischen Hochschulen ETHZ (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich) und EPFL (École polytechnique fédérale de Lausanne): Platz 6 für die ETHZ und Platz 18 für die EPFL im QS World University Ranking, Platz 11 für die ETHZ im Times World University Ranking sowie 14. und 16. Plätze für ETHZ beziehungsweise EPFL in der Kategorie Top-10-Publikationen im CWTS Leiden Ranking.

Eine weitere Grundlage sind die relativ hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung mit mehr als 20 Milliarden Euro pro Jahr (Deutschland: 100 Milliarden Euro). Das entspricht rund 3,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts und hievt die Schweiz weltweit hinter Korea und Israel auf Rang drei. Ähnlich wie in Deutschland erbringt in der Schweiz die Wirtschaft zwei Drittel der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) . Hervorzuheben ist dabei die Pharmabranche, die rund ein Drittel davon beisteuert. Bund und Kantone zusammen tragen ein weiteres Viertel bei.

Die hohe Wirtschafts- und Innovationskraft der Schweiz wird bei internationalen Ländervergleichen sichtbar: Hier hatte Helvetia beispielsweise im European Innovation Scoreboard die Nase vorn und belegte jeweils vierte Plätze im IMD World Competitiveness Ranking und im Global Competitiveness Report. Auch wenn das Schweizer Bundesamt für Statistik kürzlich vor der Stagnation der FuE-Investitionen im Land warnte, so kann sich der Status quo sehen lassen. Hut ab!

Überschaubare Landschaft

Für einen Überblick über die Schweizer Forschungs- und Förderlandschaft muss man keinen der zahlreichen Viertausender besteigen. Auf einer Fläche vergleichbar mit Baden-Württemberg sind die Zuständigkeiten für Bildung und Forschung sowohl auf den Bund als auch die 26 Kantone verteilt. Die zentrale Bundesbehörde für Bildung, Forschung und Innovation ist das Staatssekretariat SBFI mit einem Jahresetat von vier Milliarden Euro. Dessen Aufgaben beinhalten Koordination, Gesamtstrategie und Zielvereinbarungen, internationale Vernetzung sowie Sicherstellung hochqualitativer Forschung und Lehre an den Hochschulen.

Ebenso direkt dem SBFI unterstellt sind die Weltraumforschung sowie mit einem Jahresbudget von knapp zehn Millionen Euro die Bundes-Exzellenz-Stipendien für ausländische Forschende (Promovierende und Postdocs, nächste Frist: 15. November 2019). Nachgelagerte Organe der Forschungsförderung sind der Schweizerische Nationalfonds (SNF, oder englisch abgekürzt SNSF) zur Förderung der Grundlagenforschung, Inno­suisse, die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung mit den Schwerpunkten Start-ups, Transfer und Wissenschafts-Wirtschaftskooperationen sowie die Akademien der Wissenschaften Schweiz mit Aufgaben in Politikberatung und Wissenschaftsdialog.

Dominanz der ETH

Die beiden herausragenden Bundesuniversitäten ETHZ und EPFL werden mit ihren angegliederten Forschungsinstituten wie dem Paul-Scherrer-Institut (PSI) oder der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa hauptsächlich über den Bund finanziert. Zehn weitere kantonale Universitäten erhalten sogenannte Kredite der Kantone und subsidiär leistungsabhängige Grundbeträge des Bundes. Diese „Regional-Unis“ erbringen teilweise herausragende Leistungen in einzelnen Fachdisziplinen beziehungsweise beschäftigen sehr renommierte Wissenschaftler, tauchen aber in allgemeinen Rankings mangels Masse sowie hoher Spezialisierung häufig nicht im Vorderfeld auf.

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Foto: Victorinox, Montage: LJ

Rund dreißig Schweizer Forschungsinfrastrukturen und außeruniversitäre Forschungsinstitutionen von nationaler Bedeutung, darunter beispielsweise das dezentrale Swiss Institute for Bioinformatics oder das Institut für Allergie- und Asthmaforschung in Davos, werden ebenso direkt durch den Bund gefördert. Weitere größere multidisziplinär ausgerichtete, außeruniversitäre Forschungsorganisationen, analog etwa der deutschen Max-Planck-Gesellschaft, gibt es hier nicht.

Forschungszentren in der Wirtschaft werden aktuell unter anderem durch die Pharmariesen Hoffmann-La Roche und Novartis massiv ausgebaut. Beispiele für Institutionen mit hohem Forschungs-Impact sind zum einen IBM Research Zurich mit rund 350 Mitarbeitern, das gemeinsam mit der ETHZ auch das Binnig und Rohrer Nanotechnologie Zentrum (BRNC) betreibt. Zum anderen führt seit fast fünfzig Jahren das Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research (FMI) als privates Forschungsinstitut in Basel mit rund zwanzig Arbeitsgruppen inklusive achtzig Promovierenden molekularbiologische Grundlagenforschung zu Zellwachstum, Epigenetik und Neurobiologie durch. Das FMI ist mit der Uni Basel und den Novartis Institutes for Biomedical Research verbandelt. Das weltberühmte Institut für Immunologie Basel, das Roche mit zweistelligen Millionenbeträgen pro Jahr förderte, wurde hingegen 2001 nach rund dreißig Jahren aufgelöst.

„Bisch du vo do?“

Diese Frage auf Schwyzerdütsch hat seine Berechtigung: Ein Viertel aller Schweizer Einwohner hat einen ausländischen Pass. Im akademischen Umfeld liegt der Anteil nochmals höher. An Schweizer Unis sind die Hälfte der Professoren und Forschenden sowie ein Drittel der Studierenden aus dem Ausland. Nicht unerwartet sind die Deutschen hier Spitzenreiter und stellen einen von sieben Wissenschaftlern oder besetzen eine von fünf Professuren. An der ETH Zürich ist der Ausländeranteil am höchsten: So sind sogar knapp drei Viertel der 4.200 Promovierenden und 6.200 wissenschaftlichen Mitarbeiter aus dem Ausland. Unter den 500 Professuren macht dieser Anteil 80 Prozent bei Assistenz- und 64 Prozent bei Voll-Professuren aus.

Eine Ursache hierfür sind auch die hohen Gehälter. So werden Promovierende an der ETHZ in fünf Gehaltsstufen eingeteilt und mit 43.000 bis zu 74.000 Euro entlohnt, Postdocs erhalten 81.000 bis 89.000 Euro. Auch die Schweizer Professorenschaft muss nicht darben. Das Anfangsjahresgehalt eines ordentlichen ETHZ-Professors beträgt zwischen 200.000 und 260.000 Euro und kann durch Funktions-, Leistungs- und sonstige Zulagen im Laufe der Zeit deutlich weiter steigen.

Bei einem so hohen Ausländeranteil ergibt es logischerweise wenig Sinn, Forschungsförderung an die Schweizer Nationalität zu knüpfen. Gemäß Förderleitlinien des SNF sind „zur Gesuchstellung berechtigt, sprich antragsberechtigt, Personen, die eine wissenschaftliche Forschungstätigkeit in der Schweiz oder mit einem engen Bezug zur Schweiz ausüben. Diese liegt vor, wenn die gesuchstellende Person für die Dauer des beantragten Forschungsvorhabens angestellt ist oder eine solche Anstellung schriftlich zugesichert ist“. Zudem werden internationale Kooperationen intensiv gefördert und schlagen sich in einer Vielzahl bilateraler Abkommen und Beteiligungen an internationalen Initiativen, Infrastrukturen oder Organisationen wie CERN, ESA, EMBL oder dem Human Frontier Science Program nieder.

Best Practice international

Internationale Kooperation und Mobilität werden in der Schweiz weitgehend in bestehende Förderformate integriert. So können in laufenden SNF-geförderten Projekten als Ergänzung Mobilitätsbeiträge für Promovierende beantragt werden. Diese ermöglichen einen bis zu zwölfmonatigen Auslandsaufenthalt und sind mit maximal 18.200 Euro plus Zuschlägen von bis zu 4.550 Euro pro Familienmitglied zusätzlich zum regulären Salär dotiert. Doktorandinnen und Postdoktorandinnen können Gleichstellungsbeiträge von bis zu 910 Euro für jedes Jahr der Anstellung im SNF-Projekt beantragen, etwa um ihre Mentoren oder Konferenzen im Ausland zu besuchen.

Hinzu kommt das „Money-follows-Researcher“-Verfahren, das sich an Forschende richtet, die ins Ausland übersiedeln. Dabei können Mittel aus SNF-Projekten nach Umzug weitergenutzt werden, um das Projekt entweder vom Ausland aus zu betreuen oder es nach Mittelüberweisung am neuen Wirkungsort weiterzuführen.

Das International Co-Investigator Scheme des SNF (früher: Money follows Cooperation, Einreichung zum 1. Oktober oder 1. April) ermöglicht die Finanzierung von länderübergreifenden Projekten. Der SNF evaluiert und finanziert dabei neben dem Schweizer Anteil auch das ausländische Teilprojekt. Hierzu bestehen unter anderem Abkommen mit Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden oder Österreich. Bezüge der Forschungspartner als auch Overhead-Kosten im Ausland sind allerdings von der Förderung ausgeschlossen.

Die Integration eines renommierten Wissenschaftlers aus dem Ausland ist auch über das SNF-Programm „Sinergia“ möglich. Sinergia mit Einreichungsterminen am 1. Juni und 1. Dezember eines jeden Jahres fördert interdisziplinäre, institutionsübergreifende Forschung mit Breakthrough-Potenzial in Teams von bis zu vier Principal Investigators mit maximal 2,95 Millionen Euro über bis zu vier Jahre. Hier war in der letzten Runde jeder fünfte Antrag erfolgreich. Seit Februar 2019 werden mit dem neuen SNF-Programm „SPIRIT“ ebenfalls internationale Teams gefördert – wobei der Schwerpunkt auf Kooperation mit Ländern liegt, die Entwicklungshilfe erhalten.

Breites SNF-Förderportfolio

Der SNF ist in der Programmförderung auch zuständig für die Nationalen Forschungsprogramme (NFP), die einen Beitrag zur Bewältigung wichtiger Gegenwartsprobleme lösen und mit bis zu 18 Millionen Euro über maximal fünf Jahre gefördert werden – ebenso wie für die Nationalen Forschungsschwerpunkte (NFS), die sich an etablierte Forschende in der Schweiz richten, die darüber strategische Forschungsvorhaben von maximal zwölf Jahren Dauer angehen können.

Ansonsten bietet der SNF Fördermöglichkeiten für alle Karrierestufen mit akzeptablen Erfolgsaussichten und großzügigen Fördersummen. Die Förderdatenbank P3 (Projekte, Personen, Publikationen) bietet hier umfassende Infos zu rund 70.000 SNF-Projekten und gibt dabei auch Auskunft über die Fränkli, die in die einzelnen Projekte fließen.

Speziell an den Nachwuchs richten sich die Programme „Doc.Mobility“ und „Postdoc.Mobility“, mit denen der SNF den Antragstellern Auslandsaufenthalte ermöglicht. Die Erfolgsaussichten liegen aktuell in beiden Programmen mit zwei Einreichungsfristen pro Jahr bei über 50 Prozent. Im Jahr 2018 wurden jeweils rund 150 Gesuche gefördert.

Auf der nächsten Karrierestufe fördert der SNF mit dem Programm „Ambizione“ (nächste Frist: 1. November 2019) junge promovierte Forschende, auch aus dem akademischen Mittelbau oder dem Ausland, die selbstständig ein bis zu vierjähriges Projekt an einer Schweizer Hochschule durchführen möchten. Hier gibt es zwei Förderschienen: Der Ambizione-Beitrag umfasst dabei die eigenen Personalkosten plus Projektmittel von bis zu 92.100 Euro pro Jahr, während der Ambizione-Projektbeitrag nur Projektmittel in gleicher Höhe umfasst. 2018 wurde jedes dritte der 288 eingereichten Gesuche gefördert.

Auf dem Weg zur Professur

Für die Zielgruppe „Überflieger“ unter den angehenden Professoren gibt es die Förderlinie „Eccelenza“ (nächste Eingabe: 1. Februar 2020). SNSF Eccellenza Professorial Fellowships richten sich an herausragende promovierte Forschende aller Disziplinen, die noch keine Assistenzprofessur erhalten haben. Hierbei können auf Niveau einer lokalen Assistenzprofessur Mittel für die eigene Stelle sowie Sachmittel von insgesamt bis zu 920.000 Euro über fünf Jahre beantragt werden.

SNSF Eccellenza Grants richten sich hingegen an Forschende aller Disziplinen, die seit Kurzem eine Assistenzprofessur mit Tenure Track an einer Schweizer Hochschule innehaben. Sie können Projektmittel von bis zu insgesamt 1,38 Millionen Euro über fünf Jahre beantragen. In der ersten Ausschreibungsrunde wurden 51 der 239 eingegangenen Gesuche gefördert.

Nochmals deutlich geringer sind mit einer Quote von 12 Prozent die Chancen im 2018 etablierten Programm „PRIMA“, das sich ausschließlich an Forscherinnen mit hohem Potenzial auf eine Professur richtet (nächste Frist: 1.November 2019). Das ist nicht verwunderlich, umfasst PRIMA doch eine fünfjährige Förderung für Salär samt flexibel einsetzbaren Projektmitteln von bis zu 140.000 Euro pro Jahr. Und es kommt noch besser: Nach einer Berufung im Förderzeitraum können die Restmittel weiter genutzt werden.

Horizon Europe – zuschauen oder mitmachen?

Zugang zu den EU-Forschungsprogrammen setzt voraus, das zentrale EU-Rechte wie Arbeitnehmerfreizügigkeit gewährleistet sind. Die populistische Schweizer Volkspartei SVP möchte diese einschränken, sodass der Ausgang der nächsten Parlamentswahlen im Oktober 2019 entscheidend sein wird für das zukünftige Verhältnis der Schweiz zur EU – und damit auch für deren Beteiligung am kommenden EU-Förderprogramm Horizon Europe (2021-27).

Bereits vor fünf Jahren stimmten die Schweizer via Volksinitiative „Gegen Massen­einwanderung“ für eine begrenzte jährliche Zuwanderung von Ausländern. Dies hatte unter anderem zur Konsequenz, dass die Schweiz zunächst ein halbes Jahr komplett aus dem aktuellen EU-Förderprogramm Horizon 2020 ausgeschlossen wurde und nachfolgend als teilassoziiertes Land nur an einzelnen Fördermaßnahmen wie den Grants des European Research Council (ERC) teilnehmen durfte. Die volle Assoziierung erfolgte erst nach Aufhebung der Einwanderungsbeschränkung im Jahr 2017. Mittels eigenfinanzierter Übergangsmaßnahmen versuchte die Schweiz damals, die Auswirkungen des Ausschlusses gering zu halten. So förderte der SNF 2014 insgesamt 27 SNF Junior Grants und 21 SNF Consolidator Grants mit 84 Millionen Euro Eigenmitteln.

Ansonsten ist die Schweiz gerade bei den ERC-Grants sehr erfolgreich. Mit sieben Prozent der bisher geförderten 10.000 ERC-Grants liegt sie auf Platz 5, unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl sogar an der Spitze der Nationenwertung. Auffallend, dass rund zwei Drittel aller Grantees im Jahr 2018 an den beiden ETHs und der Uni Zürich angesiedelt waren sowie dass die grenzüberschreitende Mobilität, sprich Gewinnung neuer ausländischer Forschender oder Umzug von Schweizern ins Ausland, hierbei sehr gering war.

Noch mehr Schweizer Fränkli

Die Schweizer Agentur für Innovationsförderung Innosuisse fördert seit 2018 mit jährlich rund 175 Millionen Euro angewandte Forschung, Transfer zwischen Hochschulen und Wirtschaft sowie Ausgründungen aus der Wissenschaft. Sie wird als Vorbild für eine potenzielle Deutsche Transfergesellschaft (DTG) gesehen, die insbesondere anwendungsorientierte Forschung fördern soll. Zu erwähnen ist hier das mit dem SNF durchgeführte Pilotprogramm „BRIDGE“, das die Verwertung von Ergebnissen der Grundlagenforschung beschleunigen will.

Die Schweizer Akademien hingegen verfügen nicht über Mittel für größere Förderprogramme. So kofinanziert beispielsweise die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften ein MD/PhD-Programm (Abgabetermin: 15. Dezember 2019) sowie das Programm „Young Talents in Clinical Research“. Überdies unterstützen die Akademien den Nachwuchs mit Reisestipendien.

In der Krebsforschung stellt die Stiftung Krebsforschung mehr als 21, die Krebsliga Schweiz mehr als 4 Millionen Euro pro Jahr für Forschung zur Verfügung. Helvetien ist generell auch die Heimat finanzstarker Stiftungen. Weitere Informationen hierzu gibt es etwa beim Verband der Schweizer Förderstiftungen SwissFoundations. Zusätzliche Fördermöglichkeiten durch Stiftungen bestehen auf Ebene der Kantone beziehungsweise lokal auf Ebene der Hochschulen.

Auch die Schweizer Unternehmen haben erkannt, dass es für sie durchaus vorteilhaft sein kann, wenn sie die Umsetzung unkonventioneller Ideen unterstützen. So fördert Novartis seit 2017 mit dem Programm „FreeNovation“ Projekte, die in anderen Programmen chancenlos wären. Bisher liefen thematische Ausschreibungen zu Drug Design and Delivery sowie Tissue Engineering/Biomaterials (2017), Künstlicher Intelligenz (2018) oder Systemmedizin (2019). In den ersten Runden wurden dabei 12 beziehungsweise 14 Projekte mit jeweils bis zu 168.000 Euro gefördert.

Rein statistisch müsste auch hier wieder das eine oder andere Schweizer Patent herauskommen.




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Der Schweizer Nationalfonds (SNF) – Bits and Pieces

Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) wurde 1952 als privatrechtliche Stiftung mit Sitz in Bern gegründet. Als wichtigste Schweizer Förderorganisation fördert der SNF im Auftrag des Bundes disziplinunabhängige Forschung. Ziele sind laut Statuten die Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, der Vernetzung und der Problemlösungskapazität. Besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Im letzten Jahr bewilligte der SNF Förderbeträge im Umfang von knapp einer Milliarde Euro für rund 3.000 Gesuche. Damit hat sich das Fördervolumen seit 2004 in etwa verdreifacht. Die Hälfte der Mittel ging in die Projektförderung. Hierbei lag die Erfolgsquote eingereichter Anträge bei immerhin 47 Prozent – zum Vergleich: die Quote bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) beträgt 35 Prozent. Auf die Förderbereiche „Karriere“ und „Programme“ entfielen ferner 29 beziehungsweise 19 Prozent des Fördervolumens.

Die zehn kantonalen Universitäten erhielten zwei Drittel, ETH-Forscher ein Viertel der Beträge. Zentrale Strukturen des SNF sind Stiftungsrat, Nationaler Forschungsrat und lokale Forschungskommissionen. Im Stiftungsrat als obersten SNF-Organ sind die wichtigsten Organisationen der Forschungslandschaft sowie vom Bundesrat ernannte Mitglieder aus Politik und Wirtschaft vertreten.

Der Nationale Forschungsrat aus rund hundert Mitgliedern evaluiert jährlich mehrere tausend Gesuche und wird dabei durch neunzig Gremien mit über 700 Mitgliedern unterstützt. Die Forschungskommissionen der Hochschulen agieren als Bindeglied zum SNF.

Der SNF legt seine Aktivitäten und Ziele in Mehrjahresprogrammen (aktuell 2017-2020) offen, die die Basis für Zielvereinbarungen mit dem Bund und die Budgetzuteilung durch das Schweizer Parlament darstellen.



Last Changed: 10.09.2019