Editorial

„Aktuell fördert das wissenschaftliche System hauptsächlich sehr zielstrebige Karrieren“

Helmholtz-Forschungsgruppen
Interview: Ralf Schreck, Laborjournal 03/2019


Im Gespräch mit Johannes Freudenreich von der Strategieabteilung der Helmholtz-Gemeinschaft

Laborjournal: Momentan ist das Helmholtz-Nachwuchsgruppenprogramm zum 16. Mal ausgeschrieben. Gibt es Neuerungen?

Johannes Freudenreich » Unser Nachwuchsgruppenprogramm ist ein etabliertes Förderprogramm, bei dem die wissenschaftliche Exzellenz im Vordergrund steht. Es gibt immer wieder kleinere Anpassungen. So haben wir die Anzahl der Nominierungen, die die einzelnen Helmholtz-Zentren einreichen können, in den letzten Jahren reduziert. Das Programm wird zwischenzeitlich auch verstärkt als Rekrutierungsprogramm für Helmholtz genutzt, mit dem wir internationale wissenschaftliche Talente an unsere Einrichtungen holen. Durchschnittlich kommt pro Ausschreibungsrunde knapp die Hälfte der geförderten Gruppenleiterinnen und -leiter aus dem Ausland.

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Johannes Freudenreich
ist seit zwei Jahren Referent für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Strategieabteilung von Helmholtz. Nach Studium und Promotion der Politikwissenschaften an der Universität Potsdam war er zunächst Postdoc an der Ludwig-Maximilians-Universität München und anschließend bei der Alexander von Humboldt-Stiftung tätig.

Ist ein weiterer Ausbau der Nachwuchsgruppen vorgesehen?

Freudenreich » Ein weiterer Ausbau ist aktuell nicht vorgesehen. Die einzelnen Einrichtungen verfügen ja auch noch über eigene Programme. Wir fördern auch nicht jedes Jahr gleich viele Nachwuchsgruppen, je nach Nominierungslage. Manchmal sind es auch nur zehn wie im Jahr 2018. Bei der Begutachtung der Nominierungen legen wir hohe Maßstäbe an. In der Regel liegen drei externe schriftliche Gutachten vor, die in der Gutachtergruppe intensiv diskutiert werden. Diese wiederum setzt sich aus dem Präsidenten und einem weiteren Vorstandsmitglied sowie jeweils zwei externen Experten zu den sechs Helmholtz-Forschungsbereichen zusammen.

Wie hoch sind die Chancen auf eine Verstetigung der geförderten Helmholtz-Nachwuchsgruppen?

Freudenreich » Jede Gruppe wird im dritten oder vierten Jahr evaluiert, und die Erfolgschancen für eine Verstetigung stehen gut. Die Gruppenleiterinnen und -leiter wurden ja bereits nach sehr hohen internationalen Standards ausgewählt, so dass dies nicht überrascht. Entwicklungsfelder werden zu Beginn im Personalentwicklungskonzept berücksichtigt. Außerdem durchlaufen alle Gruppenleiter und -leiterinnen die Helmholtz-Akademie für Führungskräfte. Zusätzlich findet jedes Jahr ein Gespräch mit der jeweiligen Instituts- beziehungsweise Zentrumsleitung statt.

Wie wird der wissenschaftliche Nachwuchs bei Helmholtz noch gefördert?

Freudenreich » Im letzten Jahr haben wir Postdoc-Leitlinien verabschiedet, die hohe Standards in dieser entscheidenden Karrierephase festlegen. Zusätzlich bauen wir Career Center an den Helmholtz-Zentren auf. Unsere Schwerpunkte in der Promovierendenausbildung liegen auf einer exzellenten methodischen Ausbildung sowie internationaler Vernetzung der Promovierenden. Hierfür werden Research Schools mit nationalen und internationalen Partnern aufgebaut.

Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell in der Nachwuchsförderung?

Freudenreich » Unser professioneller Umgang mit Diversität ist noch stark ausbaufähig. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit beruht wissenschaftliche Innovation darauf, dass neue Perspektiven und Ideen in den Diskurs eingebracht werden. Dabei helfen unterschiedliche persönliche und berufliche Hintergründe und ein breiter Erfahrungsschatz. Internationale Mobilität ist hierfür ebenfalls entscheidend, aber auch unkonventionelle Lebensläufe. Aktuell fördert das wissenschaftliche System hauptsächlich sehr zielstrebige Karrieren.

Ihr Tipp für Nachwuchswissenschaftler?

Freudenreich » Seid mobil und kreativ! Probiert Dinge aus! Und überlegt Euch früh, auf was Ihr später Lust haben könntet – auch außerhalb der Wissenschaft.



Last Changed: 08.03.2019